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Berlin Calling

Bei internationalen Investoren ist Berlin so beliebt wie keine andere deutsche Stadt. Der Bauboom nimmt historische Ausmaße an. Doch der Immobilienmarkt muss sich fit halten, um die Nachfrage zu bedienen. 

Laut einer Studie von Ernst & Young-Studie stieg die Zahl der internationalen Investitionsprojekte in Deutschland 2012 um 5% auf den Rekordwert von 624. Hinter London und Paris gilt die deutsche Hauptstadt als Topdestination in Europa. Zu den Vorteilen von Berlin gehören unter anderem die hohe Lebensqualität, vergleichsweise niedrige Lebenshaltungskosten und Mietpreise, die Regierungsnähe, der niedrigste Gewerbesteuerhebesatz der 20 größten Städte Deutschlands. Aber auch ein großes Potenzial an qualifizierten Fach- und Führungskräften sowie erstklassige Ausbildungs- und Forschungsmöglichkeiten werden geschätzt. Viele Mittelständler und Unternehmensgründer haben deshalb die Frage, ob sie sich an der Spree niederlassen wollen, mit „ja“ beantwortet.

Zukünftige Gründermetropole Europas

Wie die Ergebnisse einer Studie von McKinsey zeigen, kommen auf eine Betriebsgründung in München 2,8 in Berlin. Die Stadt hat demnach die besten Voraussetzungen, sich weiter zur führenden Gründermetropole in Europa zu entwickeln. Im Zuge dessen könnten bis 2020 über 100.000 neue Arbeitsplätze durch Start-ups entstehen.

Besonders groß ist die Nachfrage seitens der Unternehmensgründer derzeit nach Büroflächen in Berlin-Mitte, Kreuzberg und Friedrichshain. Gerade bei Kreativen besteht ein zunehmendes Interesse an revitalisierten Gewerbehöfen aus dem vergangenen Jahrhundert, die mit ihrer denkmalgeschützten Außenfassade und den großen lichtdurchfluteten Räumen eine perfekte Kombination darstellen.

Doch nicht nur kleine und mittlere, auch namhafte große Unternehmen haben sich in der jüngeren Vergangenheit vermehrt zum Standort Berlin bekannt und Niederlassungen oder Zentralen eröffnet. Zwei Beispiele sind die Mercedes-Benz Vertriebszentrale in der Holzmarktstraße und die Deutschlandzentrale des Energieunternehmens Total in der Europacity. In der Planung beziehungsweise im Bau sind derzeit die Projekte von PWC am Humboldthafen und von Zalando an der O2-World.

Bauboom und Grundstücksknappheit

Angesichts dieser Gemengelage verwundert es nicht, dass Berlin seinen Ruf als einer der gefragtesten Immobilienmärkte in den vergangenen Jahren immer wieder bestätigt hat. Die hohe Nachfrage nach Büro- und Wohnraum sowie Einzelhandelsflächen lässt sich auch an der immensen Bautätigkeit ablesen. Derzeit gibt es in der Stadt kaum einen Arbeitsplatz, von dessen Fenster aus nicht mindestens ein Baukran zu sehen ist. Abgesehen von der Nachwendeeuphorie ist dieser momentane Bau- und Sanierungsboom beispiellos. Entsprechend schwer sind Grundstücke für Neuentwicklungen in zentralen Lagen zu bekommen. Gerade für klassische gewerbliche Nutzungen wurden in den letzten Jahren die Entwicklungsmöglichkeiten deutlich eingeschränkt. Dies liegt unter anderem an der wachsenden Konkurrenz durch Hotelprojekte und Projektentwicklungen im hochwertigen Wohnungsbereich, die für eine zusätzliche Verknappung von potenziellen Bürogrundstücken sorgen. Das scheinbar unerschöpfliche Flächenpotenzial in Toplagen, für das die Hauptstadt lange Zeit stand, ist somit beinahe Geschichte.Nicht nur potenzielle Eigennutzer haben somit große Schwierigkeiten, die gewünschten Grundstücke zu finden. Auch Büromieter sehen sich mit einer zunehmenden Büroflächenverknappung in zentraler Lage konfrontiert. Der Mangel an großen zusammenhängenden Flächen wird unter anderem auch durch die geringe Anzahl von Mietabschlüssen in der City über 5.000 m² in 2013 belegt. Die Bereitschaft, auf die dezentralen Standorte auszuweichen, ist allerdings seitens vieler Unternehmen gering. An diesem Zustand wird sich auf absehbare Zeit nichts ändern, da eine optimale öffentliche Verkehrsanbindung und Infrastruktur nach wie vor entscheidende Kriterien bei der Bürosuche in der Hauptstadt sind.

Revitalisierungskosten contra niedrige Mieten

Neubauprojekt in Berlin-Mitte: Vor allem zentrale Lagen sind gefragt.

In den innerstädtischen Lagen besteht zudem das Problem, dass viele der verfügbaren Bestandsflächen häufig nicht mehr den heutigen Anforderungen der Mieter entsprechen. Dies führt gleichzeitig dazu, dass immer mehr Unternehmen, die bereits über Büroräume im Zentrum der Stadt verfügen, auf einen geplanten Umzug verzichten und stattdessen lieber ihr bisheriges Mietverhältnis verlängern. Eine Revitalisierung der zum großen Teil aus den 1980er und 1990er Jahren stammenden innerstädtischen Gebäuden rechnet sich oftmals nicht, da die zu erzielenden Mietpreise gemessen an den Kosten zu niedrig sind. Eine unliebsame Folgeerscheinung des beschriebenen Mangels könnte zukünftig sein, dass Unternehmen, die planen, sich in Berlin niederzulassen, keine adäquaten Büroflächen finden, wesentlich höhere Mietpreise bezahlen oder eine schlechtere Lage in der Stadt wählen müssen.

Höhenflug auf dem Investmentmarkt hält an

Hinsichtlich des Investmentmarktes ist festzustellen, dass der Höhenflug weiter anhält. So betrug das gewerbliche Transaktionsvolumen für das Gesamtjahr 2013 stolze 3,6 Mrd. EUR. Auch 2014 werden Hauptstadtimmobilien, bedingt durch die unverändert günstigen Rahmenbedingungen und die guten Zinskonditionen, eine begehrte Anlage bleiben und weiter im Fokus nationaler und internationaler Investoren stehen. So zählt Berlin unter anderem zu den wichtigsten europäischen Transaktionsmärkten für Wohnimmobilien in Europa. Bevorzugte Assetklasse waren 2013, wie schon in den Vorjahren, jedoch Büroimmobilien. Aktivste Käufergruppen sind Offene Fonds sowie private Investoren und Family Offices. Am begehrtesten waren Büroimmobilien in der Innenstadt, Wohnungsbestände sowie Einzelhandelsobjekte. Spannend wird sein zu sehen, inwieweit das insgesamt gestiegene Preisniveau für Eigentümer einen Motivationsschub darstellt, einen zeitnahen Verkauf ihrer Immobilie in Erwägung zu ziehen. Aufgrund fehlender Investitionsalternativen wird sich die Mehrheit voraussichtlich jedoch dagegen entscheiden. Die Folge sind weiter steigende Kaufpreise.

Fazit

Berlin wird auch in den kommenden Jahren ein Magnet für Unternehmen bleiben. Nicht unterschätzt werden sollte allerdings die zunehmende Verknappung an benötigten Büroflächen und Grundstücken. Insgesamt bietet die Stadt aber den optimalen Nährboden für eine mittel- und langfristig florierende Wirtschaft und somit auch einen weiterhin sehr attraktiven Immobilienmarkt.


Zur Person

Heiko Silber ist Prokurist bei der Angermann Investment Advisory AG in Berlin. Außerdem ist er Member der Royal Institution of Chartered Surveyors (MRICS), eines weltweit tätigen Verbands, der für Professionalität in allen Bereichen der Immobilienwirtschaft steht und dabei vor allem hohe fachliche und berufsethische Standards anlegt. Die Angermann Gruppe deckt mit ihrer Immobiliensparte neben dem Investment auch die Bereiche M&A Real Estate, das Management von Büro- und Nutzimmobilien, Vermietung und Valuation ab. www.angermann.de

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