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BB Biotech: „Historisch niedrige Bewertungen“

Foto: ©AdobeStock_dontree

Die BB Biotech AG ist ein Beteiligungsfonds, der als Aktiengesellschaft seit Ende der 1990er-Jahre börsennotiert ist. Langfristigkeit zahlte sich aus. Die Performance: herausragend. Doch ein Selbstläufer war Biotechnologie auch im dritten Coronajahr nicht. Wir sprachen unter anderem darüber mit Dr. Daniel Koller, Leiter des Investmentteams von BB Biotech bei der Bellevue Asset Management.

Unternehmeredition: Herr Koller, BB Biotech ist nunmehr auch seit einem Vierteljahrhundert an der Deutschen Börse notiert – genauso lange, wie es die GoingPublic Media AG gibt, zu der auch die Unternehmeredition gehört. Was verbinden Sie persönlich mit diesem Vierteljahrhundert am Kapitalmarkt im Hinblick auf BB Biotech?

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Dr. Daniel Koller: Als wir 1993 in der Schweiz und vier Jahre später 1997 in Deutschland an die Börse gingen, hat sich der Biotechsektor mit ein paar Playern wie Amgen, Genentech, Genzyme und wenigen mehr in einem absoluten Frühstadium befunden. Heute handelt es sich um eine reife, sehr dynamische Industrie mit Umsätzen im dreistelligen Milliardenbereich. Mittlerweile gibt es weltweit über 20.000 Biotechunternehmen; viele davon konzentrieren sich auf den bis heute ungedeckten medizinischen Bedarf. Mit unserem Portfolio haben wir seit Gründung an einer Vielzahl von medizinischen Innovationen partizipiert. Waren es vor der Jahrtausendwende Antikörper und Proteine, stehen wir heute beispielsweise mit unserer Kernposition Vertex Pharma aller Voraussicht nach vor dem ersten Zulassungsantrag für eine Arznei auf Basis des Gene Editing. Die Therapie, die zusammen mit Crispr Therapeutics, einer weiteren Portfoliofirma, entwickelt wird, soll zwei bislang kaum behandelbare genetische Bluterkrankungen heilen. Letztendlich geht es für uns immer darum, frühzeitig genau diejenigen Unternehmen zu identifizieren, die mit Innovationen vor dem klinischen Durchbruch stehen. Dass wir dabei oftmals richtig lagen, zeigt der Aktienkurs von BB Biotech: Seit der Gründung 1993 hat er eine annualisierte Rendite von 13,7% in US-Dollar erzielt.

Wenn man in Sachen Kapitalmarkt weniger bewandert und gegebenenfalls auch kein ausgewiesener Biotechnologiespezialist ist, was sollte ein neuer Interessent über diese als Aktiengesellschaft gehaltene, börsennotierte Investmentgesellschaft mindestens wissen?

Im Vergleich zu herkömmlichen Investmentgesellschaften können Anleger die Aktie von BB Biotech zum jeweils aktuellen Tageskurs kaufen oder verkaufen. Unser Beteiligungsportfolio ist mit maximal 35 Positionen sehr konzentriert – auch das ist ein Unterschied zu den meisten Fonds. Fünf bis acht Kernpositionen sind gut etablierte Unternehmungen mit Produkten bereits am Markt oder solche, die gerade dabei sind, ihre ersten Produkte zu kommerzialisieren. Zwei unserer Beteiligungen haben per 30. September 2022 eine Gewichtung im Portfolio von über 10% erreicht. Darüber hinaus schütten wir jeweils nach der Genehmigung an der Hauptversammlung im März eine Dividende in Höhe von 5% des durchschnittlichen Aktienkurses des Dezembers aus.

Woran lag es, dass der Biotechnologiesektor die vergangenen zwei Jahre hinter der allgemeinen Aktienmarktentwicklung zurückblieb, obwohl wir doch alle die Erfolgsmeldungen bei den Impfstoffen im Hinterkopf haben?

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Mit ihrer führenden Rolle bei der Entwicklung der COVID-19-Impfstoffe hat die Biotechbranche gezeigt, wie wichtig die wissenschaftliche Forschung für die Lösung von medizinischen Notsituationen ist. Nach der anfänglichen Börsen- euphorie bei den Aktien der Impfstoffhersteller haben Biotechaktien in der Breite seit dem Sommer 2021 über ein Jahr darunter gelitten, dass Anleger infolge der steigenden Zinsen ihre Portfolios umschichteten und vor allem Wachstumstitel wie Technologie- und Biotechaktien verkauften. Allerdings zeichnet sich in den letzten Monaten wieder eine Trendwende ab. Die Märkte honorieren wieder Erfolgsmeldungen aus der Biotechbranche.
Hat die Forschung an anderen lebensbedrohlichen Krankheiten – und gegebenenfalls auch die Förderung dieser aufwendigen Forschung – in drei bisherigen Coronajahren gelitten?
Bei den klinischen Studien für Medikamente gegen Krebs, seltene genetische Erkrankungen und Nervenerkrankungen – Indikationen also mit einem hohen Bedarf an medizinischen Lösungen – ist es kaum zu Verzögerungen gekommen. In diesen drei Krankheitsfeldern forschende Firmen sind auch in unserem Portfolio mit Abstand am höchsten gewichtet.

Viele gut bekannte Blockbustermedikamente verlieren noch in diesem Jahrzehnt ihren Patentschutz. Was bedeutet das für das Verhältnis von Big Pharma und Biotechunternehmen?

Biotechfirmen werden mit ihren Produkten nur geringfügig betroffen sein, was im Umkehrschluss bedeutet, dass die Pharmaindustrie ihre Entwicklungs- und Vermarktungskooperationen mit Biotechunternehmen weiter ausbauen werden. Eine weitere Option sind direkte Zukäufe, gerade vor dem Hintergrund der historisch niedrigen Bewertungen. Biotechfirmen mit ersten Produkten auf dem Markt oder kurz vor der Lancierung können dazu beitragen, die drohenden Umsatzeinbußen von Pharmakonzernen aufgrund ablaufender Patente zu kompensieren.
Werden wir doch noch technisch: Die mRNA-Forschung, auf deren Basis ja die prominentesten Coronaimpfstoffe entwickelt wurden, galt noch vor einem Jahrzehnt gewissermaßen als Sackgasse für die Karriere.

Was trauen Sie dieser Technologie künftig zu?

Großes Potenzial sehen wir in Impfstoffen gegen weitere Infektionskrankheiten, wie sie unsere Beteiligung Moderna gegen Grippe, RSV-Infektionen und das Zytomegalievirus entwickelt. Auch die Krebsforschung beschäftigt sich schon seit vielen Jahren mit der mRNA-Technik und machte im Bereich der Krebsimmuntherapie in den vergangenen Jahren durchaus Fortschritte. Die Technik soll dabei helfen, die bösartigen Zellen zu erkennen und zu zerstören. Bei dem Kampf gegen Krebs ist die Herausforderung jedoch wesentlich größer als bei der Impfung gegen ein Virus. Bis sich hier klinische Erfolge wie bei den Infektionskrankheiten zeigen, wird es sicher noch einige Jahre dauern, aber ich bin optimistisch, dass wir auch hier erste Erfolge erleben werden.

Herr Dr. Koller, ganz herzlichen Dank für Ihre Zeit und Ihre Expertise!


ZUR PERSON

Dr. Daniel Koller ist Leiter des Investmentteams von BB Biotech bei Bellevue Asset Management. Er ist seit 2004 bei Bellevue Asset Management tätig und leitet seit 2010 das Management der BB Biotech AG.

 

 

ssc@bellevue.ch

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