Das ändert sich zum Jahreswechsel im Steuerrecht

Kurz vor Ende der Legislaturperiode wurden noch zahlreiche Steuerrechtsänderungen verabschiedet, die zum 1. Januar 2022 in Kraft treten.
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Die Steuerpläne der neuen Regierungskoalition liegen vor, umgesetzt werden diese frühestens 2022 − entsprechend wurden in diesem Herbst bisher keine neuen steuerrechtlichen Gesetzgebungsverfahren angestoßen. Doch wer meint, dass sich deshalb zum Jahreswechsel nichts ändert, der irrt: Kurz vor Ende der letzten Legislaturperiode wurden noch zahlreiche Steuerrechtsänderungen verabschiedet, die zum 1. Januar 2022 in Kraft treten.

Option zur Körperschaftsbesteuerung für Personengesellschaften

Ab 2022 kann eine Personenhandelsgesellschaft die Option nutzen, ertragsteuerlich wie eine Kapitalgesellschaft behandelt zu werden. Sie unterliegt in diesem Fall der Körperschaftsteuer. Die Gesellschafter haben dann nur an sie ausgeschüttete Gewinne zu versteuern. Wer optieren möchte, hat beim Finanzamt einen unwiderruflichen Antrag zu stellen, dem alle Gesellschafter zustimmen müssen. Der Antrag muss spätestens einen Monat vor Beginn des Wirtschaftsjahres gestellt werden, ab dem die Besteuerung wie eine Kapitalgesellschaft gelten soll, bei kalenderjahrgleichem Wirtschaftsjahr somit bis Ende November.

Vor Ausübung der Option sollte geprüft werden, welche steuerlichen Folgen dies im Einzelfall hätte: Denn es wird ein Formwechsel in eine Kapitalgesellschaft fingiert, was unter anderem zur Aufdeckung stiller Reserven oder zur Nachversteuerung von bislang mit dem Thesaurierungssteuersatz besteuerten Gewinnen der Personengesellschaft führen könnte.

Außerhalb der Ertragsteuern ändert sich jedoch für die optierende Gesellschaft nichts. So ergeben sich zum Beispiel keine Änderungen in umsatzsteuerlicher Hinsicht. Auch hat dies keine grunderwerbsteuerlichen oder erbschaftsteuerlichen Folgen.

Währungskursverluste bei Gesellschafterdarlehen

Gewinnminderungen im Zusammenhang mit Darlehensforderungen eines zu mehr als 25% beteiligten Anteilseigners, der selbst eine Kapitalgesellschaft ist, bleiben bei der Ermittlung des Einkommens unberücksichtigt. Dazu zählen bisher auch Währungskursverluste. Dagegen werden Währungskursgewinne eines Anteilseigners, die dieser aus der Rückzahlung eines Fremdwährungsdarlehens realisiert, als steuerpflichtig behandelt. Für Gewinnminderungen nach dem 31. Dezember 2021 wurde nun geregelt, dass Währungskursverluste den steuerpflichtigen Gewinn mindern.

Ersatz für organschaftliche Ausgleichsposten durch Einlagelösung

Die bisherige Regelung zur steuerlichen Behandlung von Mehr- und Minderabführungen in organschaftlicher Zeit durch Bildung steuerlicher Ausgleichsposten wird zum Jahreswechsel durch eine einfachere Einlagelösung ersetzt.

Danach gelten Minderabführungen der Organgesellschaft, die ihre Ursache in organschaftlicher Zeit haben, in voller Höhe als Einlage durch den Organträger in die Organgesellschaft. Mehrabführungen der Organgesellschaft dagegen sind in voller Höhe als Einlagenrückgewähr der Organgesellschaft an den Organträger zu behandeln.

Nochmalige Verlängerung der Investitionsfristen

Die coronabedingt bereits verlängerten Investitionsfristen in § 6b und § 7g EStG wurden nochmals verlängert: Sofern eine Reinvestitionsrücklage nach § 6b EStG am Schluss des nach dem 28. Februar 2020 und vor dem 1. Januar 2021 endenden Wirtschaftsjahres noch vorhanden ist und aufzulösen wäre, endet die Reinvestitionsfrist nicht am Schluss des ersten, sondern erst am Schluss des zweiten darauffolgenden Wirtschaftsjahres.

Investitionsabzugsbeträge nach § 7g EStG sind grundsätzlich bis zum Ende des dritten auf das Wirtschaftsjahr des jeweiligen Abzugs folgenden Wirtschaftsjahres für begünstigte Investitionen zu verwenden, ansonsten müssen sie rückgängig gemacht werden. Coronabedingt wurde die Frist für 2017 abgezogene Beträge bereits um ein Jahr auf vier Jahre verlängert, sodass etwaige begünstigte Investitionen noch 2021 hätten getätigt werden können. Da aufgrund anhaltender Coronaeinschränkungen häufig unklar war, ob Investitionen 2021 umgesetzt werden können, wurde diese Frist um ein weiteres Jahr verlängert und auch für 2018 gebildete Investitionsabzugsbeträge eine einjährige Verlängerung gewährt.

Wegfall von Corona-Steuerentlastungen

Die Finanzverwaltung hatte zur Abmilderung der Folgen der Coronapandemie zahlreiche temporäre steuerliche Maßnahmen getroffen. Viele davon werden nach derzeitigem Stand ab 2022 nicht mehr gewährt. So entfallen die Steuererleichterungen bei Einkommen-, Körperschaft- und Gewerbesteuer, etwa bei Stundungen, Vollstreckungen und Herabsetzungen der Vorauszahlungen.

Auch der steuerliche Verlustrücktrag wurde befristet für 2020 und 2021 auf maximal 10 Mio. beziehungsweise 20 Mio. EUR bei Zusammenveranlagung erhöht. Ab 2022 ist er wieder nur bis maximal 1 Mio. beziehungsweise 2 Mio. EUR bei Zusammenveranlagung möglich. Allerdings plant hier die Ampelkoalition eine Verlängerung der erweiterten Verlustverrechnungsmöglichkeit.

Die befristete Billigkeitsregelung für die Umsatzsteuerfreiheit von Sachspenden von Einzelhändlern an steuerbegünstigte Organisationen läuft ebenfalls zum 31. Dezember 2021 aus. Die Ampelkoalition will hier gegebenenfalls eine Verlängerung gewähren. Dagegen gilt der befristete ermäßigte Mehrwertsteuersatz von 7% für Speisen in der Gastronomie bis 31. Dezember 2022 fort.

Steuererklärungsfristen

Der Abgabetermin für die Steuererklärungen 2020 wurde für beratene Steuerpflichtige von Ende Februar 2022 auf 31. Mai 2022 verlängert.

Arbeitnehmerbesteuerung: Anhebung der Sachbezugsfreigrenze

Gewährt der Arbeitgeber seinen Arbeitnehmern Sachbezüge, bleiben diese steuerfrei, sofern sie die monatliche Freigrenze von bisher 44 EUR nicht übersteigen. Ab dem 1. Januar 2022 erhöht sich diese Freigrenze auf 50 EUR monatlich.

Coronabonus

Der Zahlungszeitraum für den Coronabonus wurde zunächst bis zum 30. Juni 2021 und nun nochmals bis 31. März 2022 verlängert. Der steuerfreie Gesamtbetrag von insgesamt 1.500 EUR kann in mehreren Teilraten ausgezahlt werden. Er erhöht sich damit aber nicht.

Immobilienbesteuerung − Umsetzung der Grundsteuerreform

Zum 1. Januar 2022 sind alle Grundstücke in Deutschland neu zu bewerten. Diese neuen Grundsteuerwerte sind ab 2025 Maßstab für die Grundsteuer. Ab Mitte 2022 sollte die Abgabe von Erklärungen zur Feststellung des Grundsteuerwerts möglich sein. Die Bewertung orientiert sich dabei stärker am tatsächlichen Grundstückswert. Zur besseren Handhabbarkeit werden in dem bundeseinheitlichen Modell zahlreiche gesetzlich vorgegebene Pauschalwerte herangezogen. Allerdings weichen einige Bundesländer vom Bundesmodell ab und sehen eigene Vorgaben vor.

Internationales Steuerrecht

Im internationalen Steuerrecht tut sich zum Jahresende viel − hierbei handelt es sich um komplexe Regelungen, unter anderem etwa die Anpassung der sogenannten Hinzurechnungsbesteuerung sowie Detailänderungen bei der Wegzugsbesteuerung natürlicher Personen. Der bei Verrechnungspreisen geltende Fremdvergleichsgrundsatz wurde konkretisiert und die Vorgaben für Preisanpassungsklauseln modifiziert. Auch wurden weitere Maßnahmen ergriffen, durch die Geschäftsbeziehungen zu Personen in Steueroasen steuerlich schlechter gestellt werden.

Mögliche weitere Entwicklungen

Was steuerlich in den kommenden vier Jahren auf uns zukommt, kann aus dem am 24. November 2021 vorgelegten Koalitionsvertrag der neuen Regierungskoalition entnommen werden. Die gute Nachricht vorab: Nach den Sondierungsgesprächen zwischen SPD, FDP und Grünen wird die von SPD und Grünen vorgesehene Vermögensteuer dabei nicht weiter verfolgt. Auch eine Erhöhung der Erbschaftsteuer scheint damit vom Tisch.

Vorgesehen sind „Superabschreibungen“ für Investitionen in Klimaschutz und Digita­lisierung. Steuerbürokratie soll spürbar verringert werden. Zusätzliche Haushaltsspielräume sollen dadurch gewonnen werden, dass auf überflüssige, unwirksame sowie umwelt- und klimaschädliche Subventionen und Ausgaben verzichtet wird. Namentlich genannt wird etwa die Dienstwagenbesteuerung bei Hybridfahrzeugen, die angepasst werden soll.

Einige Steuerfreibeträge und Pauschalabzüge sollen angehoben werden. Zudem sollen die Länder die Grunderwerbsteuer flexi­bler gestalten können, um den Erwerb selbst genutzten Wohneigentums zu erleichtern. Zur Gegenfinanzierung soll das Schließen von steuerlichen Schlupflöchern beim Immobiliener­werb von Konzernen (Share Deals) genutzt werden.


ZU DEN AUTOREN

 

Dr. Ulrike Höreth ist Rechtsanwältin und Fachanwältin für Steuerrecht.

 

 

 

Brigitte Stelzer ist Rechtsanwältin und Steuerberaterin.

 

 

Beide verantworten das Knowledge Management und die fachliche Kommunikation bei Ebner Stolz. Ein Schwerpunkt ihrer Tätigkeit liegt in der Begleitung aller aktuellen steuerlichen Entwicklungen für Mandanten und Mitarbeiter. Darüber hinaus befassen sie sich mit der Identifikation und Aufbereitung von für mittelständische Unternehmen relevanten steuer- und wirtschaftsrechtlichen Themen im engen Austausch mit den operativ tätigen Experten bei Ebner Stolz aus den Disziplinen Steuer- und Rechtsberatung, Wirtschaftsprüfung und Unternehmensberatung.

www.ebnerstolz.de

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