„Wir überprüfen unsere Investmenthypothese persönlich“

Familienunternehmen sind langfristig ausgerichtet, nicht von einer kurzfristigen Quartalsdenke getrieben und entwickeln sich langfristig besser als der Markt. So konnte der von Bellevue Asset Management 2009 aufgelegte Fonds BB Entrepreneur Europe mit dem Fokus auf europäische Familienunternehmen bisher eine Performance von knapp 80% erzielen und damit Benchmarks wie den Eurostoxx 50 oder den DAX deutlich schlagen. Im Interview spricht der Produkt Spezialist Jean-Pierre Gerber über die Auswahlkriterien und warum Familienunternehmen an der Börse erfolgreicher sind als andere.

Unternehmeredition: Herr Gerber, welche Motivation stand hinter der Auflage des Fonds BB Entrepreneur Europe?

Gerber: Bellevue Asset Management ist selbst ein eigentümergeführtes Unternehmen. Die damit verbundenen Besonderheiten wie etwa ein langfristiger Investitionshorizont, eine starke Eigenkapitalbasis oder das unternehmerische Engagement eines jeden einzelnen Mitarbeiters, erfahren wir im eigenen Geschäftsalltag. Gestützt auf unsere Erfahrung sowie auf Forschungserkenntnisse im Bereich von Familienunternehmen entwickelten unsere Spezialisten 2006 die Idee zu einem Anlageansatz, der fokussiert in schweizerische Familienunternehmen investiert. Aufgrund der positiven Erfahrung mit dem Schweizer Entrepreneur-Fonds lag der Schluss nahe, den Anlageansatz auf das europäische Aktienuniversum auszuweiten. Im April 2009 haben wir folglich den BB Entrepreneur Europe (Lux) Fonds lanciert.

Unternehmeredition: Nach welchen Kriterien wählen Sie die Werte aus und was sind die größten Unternehmen dieses Fonds?

Gerber: Wir wenden einen klassischen fundamentalen Bottom-up-Ansatz an. Wir besuchen Firmen persönlich, um in Gesprächen mit dem Management und dem Eigentümer unsere Investmenthypothese zu prüfen. Anhand von Modellen bestimmen wir einen Fair Value der Aktie. Zusätzlich unterziehen wir die eigentümergeführten Unternehmen auch einer „Entrepreneurial Due Diligence“, um qualitativen Kriterien wie etwa Rolle und Stellung des Entrepreneurs im Unternehmen Rechnung zu tragen. Zu den Top-5-Holdings des Fonds gehören derzeit Pirelli, SAP, Andritz, Gerry Weber sowie Sika.

Unternehmeredition: Wie ist die bisherige Performance im Vergleich zur Benchmark sowie im Vergleich zum Eurostoxx 50, dem DAX und dem GEX?

Gerber: Der BB Entrepreneur Europe hat seit Auflegung im April 2009 eine Performance von 79,2% per 31. Oktober 2012 erzielt und damit die breiten Marktindizes Stoxx Europe 600 (+50,3%), Eurostoxx 50 (+40,9%), DAX (+52,2%) als auch den DAX Plus Family 30 Index (+43,1%) deutlich geschlagen. Die Performance ist dabei stark Stock-Picking-getrieben. So zählten etwa der Zellstoffmaschinen- und Wasserkraftwerksbauer Andritz, der Biotech-Wert Novo Nordisk oder der Reifenhersteller Pirelli zu den Gewinnern.

Unternehmeredition: Was macht Ihrer Meinung nach Familienunternehmen an der Börse erfolgreicher als andere?

Gerber: Sie werden oft effizient gemanagt. Entscheidungswege sind kurz, die Unternehmenskultur ist stark ausgeprägt und es herrschen weniger Interessenkonflikte zwischen Manager und Eigentümer. Sie können antizyklisch handeln, in schwierigen Zeiten Ruhe bewahren und von kurzsichtigen Sparmaßnahmen absehen. Hohe Eigenkapitalpolster erlauben einer Firma, auch in einer Krise innovativ zu bleiben Letztlich beabsichtigt ein Investor, der den Hauptteil seines Familienvermögens im eigenen Betrieb investiert hat, auf lange Sicht Resultate zu erzielen und nicht den Gewinn von Quartal zu Quartal zu maximieren.


Zur Person
Jean-Pierre Gerber ist Senior Produkt Spezialist bei Bellevue Asset Management, die den Fonds BB Entrepreneur Europe verwaltet. Bellevue Asset Management ist eine unabhängige und hochspezialisierte Asset-Management-Boutique mit Fokus auf die Verwaltung von Aktienportfolios für ausgewählte Sektor- und Regionenstrategien sowie institutionelle Vermögen. www.bellevue.ch

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