Die Übergabe aus Sicht der Nachfolger

Unternehmensübergaben im Mittelstand sind in der Regel gut vorbereitet – dies geht aus einer im Dezember 2010 veröffentlichten Studie des Zentrums für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) und des Instituts für Mittelstandsforschung (ifm) Mannheim hervor. In Auftrag gegeben wurde die Untersuchung von der Baden-Württembergischen Bank. Demnach bleiben die Alteigentümer häufig weiter im Unternehmen aktiv.

Familien- oder unternehmensexterne Nachfolger gibt es eher in weniger rentablen Unternehmen. Allerdings bringen die neuen Manager die Firmen meist schnell wieder auf Erfolgskurs. In den Jahren von 2002 bis 2008 wurden in Deutschland rund 8.600 mittelständische Familienunternehmen an neue geschäftsführende Inhaber übergeben. Das sind etwa 23% der insgesamt 38.000 deutschen Mittelständler (mit mindestens 40 und höchstens 5.000 Mitarbeitern). Aus dieser Gruppe wurden für die Studie 1.100 zufällig ausgewählt und deren neue Eigentümer telefonisch befragt.

Interne oder externe Lösungen
Der Übergabeprozess in der Firmenleitung verläuft in den Unternehmen sehr unterschiedlich. Er ist abhängig von verschiedenen Faktoren, wie z.B. vom Vorhandensein eines geeigneten Nachfolgers in der Familie oder im Unternehmen sowie der potenziellen Notwendigkeit, einen Käufer zu finden. Eine Reihe von Gründen spricht für eine familien- oder unternehmensinterne Nachfolgelösung. Vielen Unternehmern ist es ein Anliegen, den Besitz in den Händen der Familie zu belassen. Dadurch erhofft man sich ein hohes Engagement der Nachfolger. Allerdings kann dies zu Problemen führen, sobald Familien- und Unternehmensinteressen kollidieren. Für eine externe Regelung spricht zudem die größere Auswahl an potenziell besseren Kandidaten von außen. Hier ist die Wahrscheinlichkeit größer, eine Persönlichkeit mit mehr Fachkenntnissen und Erfahrung in der Geschäftsführung zu finden als bei einer auf die Familie beschränkten Suche. Lediglich ein Fünftel der übernommenen Familienunternehmen hat jedoch externe Nachfolger, fast drei Fünftel dieser Unternehmen verbleiben in Familienhand. Die übrigen 20% rekrutierten ihren Nachfolger aus den eigenen Mitarbeitern.

Qualifikation externer Nachfolger meist besser
Beim Vergleich der beruflichen Qualifikation zeigt sich, dass externe Nachfolger im Durchschnitt einen höheren Berufsabschluss haben als familieninterne. Zudem verfügen letztere meist nur über geringe Branchenerfahrung sowie in der Leitung von Unternehmen. Nun stellt sich die Frage, ob sich die höhere berufliche Qualifikation externer Nachfolger auch für deren Unternehmen auszahlt. Im Jahr der Übernahme können gemessen an Umsatz und Beschäftigten keine signifikanten Unterschiede festgestellt werden. Allerdings ist die Umsatzrendite der Unternehmen, die von externen Nachfolgern übernommen wurden, deutlich geringer bei der familien- oder unternehmensinternen Nachfolge. In den Jahren nach der Übernahme weisen alle Unternehmen im Durchschnitt ein positives Wachstum auf. Am stärksten wachsen hier Unternehmen mit externen Nachfolgern. Auch steigern sie die Umsatzrendite stärker als andere übernommene Unternehmen. Bereits wenige Jahre nach der Übernahme haben sie dadurch den Renditerückstand, den ihre Unternehmen zum Übernahmezeitpunkt gegenüber anderen Nachfolgeunternehmen aufweisen, aufgeholt.

Stabwechsel meist gut vorbereite
Die Unternehmensnachfolge wird von einem Großteil der Nachfolger der Unternehmen als gut vorbereitet eingestuft (fast 80%). Fast drei Fünftel bescheinigen dem bisherigen Eigentümer, vor der Unternehmensübergabe ausreichend investiert zu haben, sodass der Geschäftsbetrieb nach dem Geschäftsführungswechsel nicht gefährdet war (siehe Abbildung). Externe Nachfolger beurteilten allerdings die Vorbereitung des bisherigen Eigentümers im Durchschnitt etwas schlechter als interne. Die Bewertung des Übergabeprozesses fällt aber insgesamt sehr positiv aus. Allerdings berichtete gut ein Zehntel der Befragten von einem unerwarteten Finanzierungsbedarf nach der Übernahme. Der Anteil ist bei externer Nachfolge am höchsten (20%). Der frühere Eigentümer ist noch in fast zwei Dritteln der Unternehmen aktiv tätig. Bei der Hälfte der Unternehmen nimmt er sogar eine Führungsfunktion wahr, auch bei externer Nachfolge ist das in immerhin 40% der Unternehmen der Fall. Daran zeigt sich, dass es sich bei der Übergabe in der Regel um einen längerfristigen Prozess handelt, der mit dem Eintritt des Nachfolgers in die Geschäftsführung oft noch nicht beendet ist. Je weiter die Übergabe der Geschäftsleitung zurückliegt, desto geringer ist der Einfluss des früheren Eigentümers. Die Zusammenarbeit mit dem ehemaligen Unternehmer verläuft im Großteil der Betriebe gut. Externe Nachfolger sehen dies etwas kritischer als interne, aber auch von ihnen bewertet deutlich mehr als die Hälfte die Zusammenarbeit als sehr gut.

Fazit
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass externe Nachfolger zwar oftmals weniger rentable Betriebe übernehmen als familien- und unternehmensinterne. Diese Unternehmen verfügen meist jedoch über Entwicklungspotenzial, das von den externen Nachfolgern erfolgreich genutzt wird. Dabei kommen ihnen ihre größere berufliche Erfahrung und ihre höhere Bereitschaft für strukturelle Veränderungen im Unternehmen zugute.


Zur Person
Gottschalk-SandraDr. Sandra Gottschalk ist wissenschaftliche Mitarbeiterin am Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) Mannheim im Forschungsbereich Industrieökonomik und internationale Unternehmensführung. Die Studie “Generationswechsel im Mittelstand – Herausforderungen und Erfolgsfaktoren aus der Perspektive der Nachfolger” steht kostenlos zum Download zur Verfügung. www.zew.de

Autorenprofil

Dr. Sandra Gottschalk ist wissenschaftliche Mitarbeiterin am Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) Mannheim im Forschungsbereich Industrieökonomik und internationale Unternehmensführung. Die Studie "Generationswechsel im Mittelstand - Herausforderungen und Erfolgsfaktoren aus der Perspektive der Nachfolger" steht kostenlos zum Download zur Verfügung.

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