„Die Qualität der Bewerbungen hat deutlich zugenommen“

Seit 2006 veranstaltet die Stiftung Familienunternehmen gemeinsam mit dem Entrepreneurs Club einen Karrieretag. Dabei können sich zwei Mal im Jahr junge Fachkräfte für Schlüsselpositionen bei Familienunternehmen wie Sixt, Festo oder Beiselen bewerben. Deshalb weiß die Stiftung ganz genau, auf was es Bewerbern und Unternehmen ankommt. Geschäftsführer Stefan Heidbreder über aktuelle Entwicklungen und wodurch Familienunternehmen punkten können. 

Unternehmeredition: Durch den Karrieretag Familienunternehmen sitzen Sie direkt an den Bewerbern und können das Interesse an und die Stellung von Familienunternehmen einschätzen. Welchen Trend erkennen Sie zur Zeit? 

Heidbreder: Wir erkennen einen eindeutigen Trend in Richtung Familienunternehmen. Früher waren diese gar nicht so sehr auf dem Radar junger Führungskräfte. Das hat sich geändert. Wir sehen das auch an den Bewerberzahlen: In den letzten fünf Jahren hat sich die Anzahl pro Veranstaltung verdoppelt, auf mittlerweile über 2.500 Bewerber. Teilnehmen dürfen dann 400 bis 600. Das hätten wir nicht erwartet, vor allem weil wir in Deutschland mittlerweile fast Vollbeschäftigung haben. Die Interessenten kommen also zu fast 100 Prozent aus bestehenden Beschäftigungsverhältnissen und müssten sich gar nicht bewerben. Das ist ein eindeutiger Trend. Angesichts des grassierenden Fachkräftemangels reicht er aber noch nicht aus.

Stefan Heidbreder ist seit 2005 Geschäftsführer der Stiftung Familienunternehmen.
Stefan Heidbreder ist seit 2005 Geschäftsführer der Stiftung Familienunternehmen.

Wie viele Kandidaten finden dann auch einen Job bei einem der Familienunternehmen?

Das ist sehr unterschiedlich. Doch die Firmen, die seit Jahren immer wieder vertreten sind, berichten, dass sie sehr zufrieden sind. Sie stellen bis zu fünf Führungskräfte im Zuge eines Karrieretages ein.

Dann schätzen die Firmen den Karrieretag selbst als Recruiting-Instrument?

Ja, bei so vielen Wiederholungstätern kann man das nicht anders sagen (lacht). Der Aufwand ist ja auch für die Unternehmen nicht zu unterschätzen. Sie müssen den ganzen Tag vor Ort sein, am besten mit dem Inhaber, zumindest aber mit Vertretern der oberen Führungsebene. Das ist ja auch das Besondere an der Arbeit in einem Familienunternehmen: Man kommt mit dem Inhaber selbst in Kontakt, meistens schon recht früh. Viele Führungskräfte sind dem Inhaber auch direkt als Stabstelle unterstellt. Deshalb möchte der schon wissen, wer zu ihm passt und kommt selbst zum Karrieretag.

Worauf führen Sie den starken Zulauf zu Familienunternehmen zurück?

Durch die Finanzkrise haben Familienunternehmen nochmal stark an Attraktivität gewonnen. Viele Menschen haben ja erst damals gemerkt, was für große Unterschiede es bei Unternehmen gibt. Zumindest die großen Familienunternehmen haben selbst im Umfeld dieser schwierigen Phase ihre Mitarbeiterzahl gehalten oder sogar erhöht. Das können wir statistisch eindeutig nachweisen. Die großen DAX-Konzerne haben Mitarbeiter in Deutschland kontinuierlich abgebaut. Dies führte viele Menschen zur Erkenntnis, dass Familienunternehmen ein Hort der Stabilität sind und es auch dort attraktive Karrieremöglichkeiten gibt.

Hat denn auch die Qualität der Bewerbungen zugenommen?

Ja, die Qualität ist deutlich besser geworden. Die Bewerbungen sind auch wesentlich zielgerichteter. Die Leute bereiten sich sehr gut vor und wissen auch deutlich mehr über Familienunternehmen als früher. Es gibt aber nach wie vor Lücken, zum Beispiel in den Ingenieursberufen.

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