Frühjahrsgutachten: Aufschwung kommt – aber später

Frühjahrsgutachten
(c) imageteam

Die fünf führenden Wirtschaftsforschungsinstitute erwarten in ihrem gemeinsamen Frühjahrsgutachten einen Aufschwung in der deutschen Wirtschaft – aber später als ursprünglich erwartet. In ihrer heutigen Pressekonferenz begründeten die Experten dies damit, dass der erneute Shutdown die wirtschaftliche Erholung verzögert. Erwartet wird ein Anstieg des Bruttoinlandsproduktes (BIP) um 3,7 Prozent im laufenden Jahr und um 3,9 Prozent im Jahr 2022. Mit dieser Prognose beginnen wir unsere Übersicht der aktuellen Wirtschaftsprognosen.

In ihrem gemeinsamen Gutachten gehen die Institute davon aus, dass der derzeitige Shutdown fortgesetzt wird und erneute Lockerungsschritte erst ab Mitte des zweiten Quartals erfolgen. Dieser neue Shutdown verursache im ersten Quartal 2021 ein Absinken der Wirtschaftsleistung um 1,8%. „Im Zuge der Lockerungen erwarten wir für das Sommerhalbjahr eine kräftige Ausweitung der Wirtschaftsaktivität, vor allem bei den von der Pandemie besonders betroffenen Dienstleistungsbereichen“, so Torsten Schmidt, Konjunkturchef des RWI – Leibniz-Instituts für Wirtschaftsforschung. Etwa zu Beginn des kommenden Jahres dürfte die Wirtschaft nach Einschätzung des Gutachtens zur Normalauslastung zurückkehren.

Entspannung auf dem Arbeitsmarkt

In der Pressekonferenz erklärte Schmidt zudem, dass nach seiner Ansicht keine zusätzlichen Konjunkturprogramme durch die Bundesregierung erforderlich sind. Es sei aber erforderlich, dass diese Mittel gezielter eingesetzt werden. Die Institute erwarten angesichts der zu erwartenden Lockerungen eine Erholung der Erwerbstätigkeit im Sommerhalbjahr sowie ab Mai 2021 einen Rückgang der Zahl der Arbeitslosen. Die Corona-Pandemie hinterlässt nach dem Frühjahrsgutachten auch Spuren beim Produktionspotenzial in Deutschland. Nach der aktuellen Schätzung dürfte es in den Jahren 2020 bis 2024 durchschnittlich rund 1,1 Prozent unter dem Niveau liegen, das vor der Coronakrise geschätzt wurde.

Insolvenzen werden zunehmen

Die bisher niedrigen Zahlen bei den Unternehmensinsolvenzen führt das Gutachten auf die staatlichen Unterstützungsmaßnahmen und das Aussetzen der Anmeldepflicht für Insolvenzen zurück. Die Erfahrungen aus der Finanzkrise hätten aber gezeigt, dass die Insolvenzanmeldungen erst mit einiger Verzögerung auf den Einbruch der Wirtschaftsaktivität erfolgen. Weil ein Teil der Anzeigen diesmal durch die wirtschaftspolitischen Maßnahmen verhindert wurde, werde es vorübergehend zu einem deutlichen Anstieg der Insolvenzen kommen. Die Gemeinschaftsdiagnose wird zweimal im Jahr im Auftrag des Bundesminis­teriums für Wirtschaft und Energie erstellt. Am sogenannten Frühjahrsgutachten 2021 wirken das Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung (DIW Berlin), ifo Institut – Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung an der Universität München e. V. in Kooperation mit der Konjunkturforschungsstelle der ETH Zürich (KOF), Institut für Weltwirtschaft Kiel (IfW Kiel), Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung Halle (IWH) und das RWI – Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung in Kooperation mit dem Institut für Höhere Studien Wien mit.

Kräftiger Anstieg der Produktion

Aufgrund einer wachsenden Nachfrage hat der Verband Deutscher Maschinen- und Anlagenbau (VDMA) anlässlich der Hannover-Messe seine Prognose angehoben. Allein im Februar stieg der Auftragseingang im Vergleich zum Vorjahr um zwölf Prozent. „Deswegen hat sich der VDMA entschlossen, die Produktionsprognose 2021 um rund drei Prozentpunkte auf real sieben Prozent zu erhöhen“, sagte Karl Haeusgen, der Präsident des Branchenverbandes. In dieser schwierigen Phase der Corona-Pandemie habe sich gezeigt, dass der Maschinenbau widerstandsfähig sei und vor allem von seiner globalen Aufstellung profitiere. Insbesondere machten das China-Geschäft und auch die Exporte in andere asiatische Länder Mut. Auch die USA und dessen Konjunkturprogramm würden eine bessere Entwicklung und ein starkes 2021 versprechen.

ifo Produktion Ähnlich äußert sich dazu auch das Münchener ifo-Institut: Die Auftragsbücher füllen sich, und es gibt immer noch einen Nachholbedarf nach dem Krisenjahr“, sagt ifo-Experte Klaus Wohlrabe. „Insbesondere die Auto- und die Elektroindustrie wollen ihre Produktion stark ausweiten“, ergänzt Wohlrabe. Der Indikator für die Produktionserwartungen stieg nach einer aktuellen Konjunkturumfrage im März auf 30,4 Punkte, nach 21,5 im Februar. Dies sei  der höchste Stand seit 1991. Die Steigerung der Prognose zieht sich nach Angaben des ifo-Instituts durch alle Branchen. Das ifo Institut befragt im Rahmen ihrer monatlichen Konjunkturumfrage ca. 2.000 Unternehmen aus dem Verarbeitenden Gewerbe nach Ihren Produktionsplänen und Erwartungen für die nächsten drei Monate.

Konjunkturoptimismus wird größer

Die ZEW-Konjunkturerwartungen für Deutschland steigen in der aktuellen Märzumfrage 2021 erneut an und liegen mit 76,6 Punkten um 5,4 Punkte höher als im Februar. Insgesamt rechnen 80,4% der Befragten laut ZEW mit einer Verbesserung der konjunkturellen Situation bis September. Der Ausblick auf die nächsten sechs Monate habe sich noch einmal deutlich gegenüber dem Vormonat verbessert.

Kurzarbeit gesunken

Die Zahl der Kurzarbeiter ist im März gesunken. Nach Schätzungen des ifo Instituts waren 2,7 Millionen Menschen in Kurzarbeit, nach 2,9 Millionen im Februar. „Der Rückgang fand in fast allen Wirtschaftszweigen statt, insbesondere in der Industrie. Die leichten Lockerungen haben auch im Handel und im Gastgewerbe zu einem Rückgang geführt. Allerdings ist der Anteil an Kurzarbeitern im Gastgewerbe mit 50,8 Prozent weiter sehr, sehr hoch“, sagt ifo-Arbeitsmarktexperte Sebastian Link.

Autorenprofil

Als Redakteur der Unternehmeredition berichtet Alexander Görbing regelmäßig über Unternehmen und das Wirtschaftsgeschehen. Zu seinen Schwerpunkten gehören dabei Restrukturierungen, M&A-Prozesse, Finanzierungen sowie Tech-Startups.

Vorheriger ArtikelBVK kontert Coronapandemie mit einer Bus-Roadshow
Nächster ArtikelNeuer Leiter Global After Sales bei Weber Maschinenbau