Gezieltes Innovationsmanagement sichert ein Überleben in gesättigten Märkten

„Das haben wir bei uns schon immer so gemacht“: Führungskräfte in Familienunternehmen, die noch immer neue Ideen und notwendige Veränderungsprozesse mit diesem Totschlagargument von der Tagesordnung fegen, werden über kurz oder lang zum Umdenken gezwungen – oder sie verschwinden von der Bildfläche. Modern geführte Familienunternehmen haben längst begriffen, dass gut gemanagte Prozesse von der Invention zur Innovation langfristig ein signifikanter Hebel für organisches Wachstum sind. Wie aber implementiert man solche Prozesse ziel- und ergebnisorientiert? Zunächst einmal sollte man wissen, wonach man sucht – und zwar auf der Führungsebene, denn dort liegt die Steuerhoheit. Im Kern geht es darum, sich über kontrollierte Denk- und Entwicklungsprozesse mit immer wieder optimierten Produkten und Dienstleistungen vom Wettbewerb zu differenzieren. Denn am Ende kauft ein aufgeklärter kritischer Kunde keine Produkte, sondern den Nutzen, der aus ihrer jeweiligen Funktion und Anwendung entsteht. Wer also dermaßen erkennbaren Nutzen stiftet und damit nicht ohne weiteres austauschbar ist, steigert auch den eigenen Unternehmenswert.

„Not macht erfinderisch“

Innovationsdruck entsteht meistens aus sich abzeichnenden oder bereits bestehenden Markttrends und konkreten Problemkonstellationen. Zunächst gilt es, viele gute Ideen zu entwickeln, die besten nach klar definierten Kriterien auszuwählen und diese anschließend zu realisieren. Dazu gehört eine konstruktive, motivierende Unternehmenskultur, in der alle Ideen und Vorschläge willkommen sind, auch solche, die von außen in das Unternehmen getragen werden. Wer dem sogenannten „not-invented-here“-Syndrom unterliegt, schmort im eigenen Saft und verhindert neue Sichtweisen. Auch autoritäre Strukturen stören bei kreativen Prozessen und müssen überwunden werden. Visionäres Denken kann nur gedeihen in einem Klima von Offenheit, Transparenz und gegenseitiger Akzeptanz, Wertschätzung und nicht zuletzt auch Dankbarkeit. Sind alle über die unterschiedlichsten Kanäle eingeflossenen und gespeicherten Ideen dokumentiert, so gilt es, diese zu strukturieren und ihre Verwertbarkeit auf Basis der Kompatibilität mit den strategischen Unternehmenszielen zu prüfen. Das funktioniert nur, wenn die Unternehmensführung vorher sowohl den Innovationsbedarf als auch die damit verbundenen Chancen kenntlich gemacht hat. Im Idealfall werden also bereits Trends mit ihren künftigen Potenzialen identifiziert, Kundenbedürfnisse analysiert und Zukunftsszenarien erarbeitet. Die dafür notwendigen Tools sind Technologiebeobachtung, Wettbewerbsanalysen, Innovationsworkshops mit Kunden und Lieferanten, Kundeninterviews und Megatrendanalysen. Benchmarks und Best Practices können weitere wertvolle Impulsgeber sein.

Breiter Trichter für neue Ideen

Wachsende Bedeutung erhält die Open Innovation. Dabei werden außer Kunden- und Lieferantenplattformen auch unterschiedliche Communities on- und offline genutzt. Anregungen können auch von wissenschaftlichen oder technischen Symposien und aus Branchen- oder globalen Wissensnetzwerken kommen. Die Nutzung externer Communities befeuert die Innovationsdiskussion und weitet den Blick über den eigenen Tellerrand hinaus. Einen „proof of concept“ mit Nachahmungsempfehlung kann man bei vielen international operierenden Unternehmen finden. Ein Beispiel ist der weltweit operierende System-Gastronom, der seine Kunden an der Produktentwicklung aktiv beteiligt. Auch im B2B-Bereich gibt es Vorbilder – etwa wenn Zulieferer mit ihren Kunden Innovationspartnerschaften bilden, um dann wirklich maßgeschneiderte Lösungen zu produzieren. Mit einer derart pragmatischen Vorgehensweise vermeidet man, dass man dem Markt unter veränderten Rahmenbedingungen „hinterherhecheln“ muss, um wieder Anschluss zu finden. Stattdessen antizipiert man Veränderungsprozesse und kann im Sinne neuer Konsumentenwünsche und Kundenanforderungen vorausschauend auf diese reagieren. Gut gemanagte Innovationsprozesse lassen sich durchaus mit einer Lokomotive vergleichen: Mit einem klaren Ziel vor Augen wird bei richtiger Weichenstellung eine definierte Wegstrecke in einem vorgegebenen Zeitraum dynamisch bewältigt.

Autorenprofil

Prof. Dr. Arnold Weissman ist Gründer und Hauptgesellschafter der Strategieberatung Weissman & Cie. (www.weissmann.de) sowie der Weiterbildungsplattform Weissman Institut der Weissman Gruppe. Marcel Megerle ist Mitglied der Geschäftsleitung der Weissman Gruppe und verantwortet interne wie ausgewählte externe Strategieprojekte.

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