Unternehmensnachfolge und Private Equity

Wie man mit individuellen Lösungen zu langfristigem Wachstum gelangen kann

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Eigenkapitalbeteiligungen durch Private-Equity-Gesellschaften können zu einer erfolgreichen Unternehmensnachfolge beitragen. Drei Praxisbeispiele mit unterschiedlichen Ausgangssituationen. VON FELIX HOMANN

Private Equity (PE) ist im deutschen Mittelstand angekommen. Das belegt unter anderem die steigende Zahl an Transaktionen, an denen PE-Gesellschaften in den vergangenen Jahren beteiligt waren. Im Jahr 2021 strukturierten PE-Fonds beispielsweise 62 Management-Buy-outs im deutschen Mittelstand mit einem Gesamtvolumen von 6,6 Mrd. EUR – mehr als je zuvor. Im Mittelpunkt der Transaktionen stehen häufig Nachfolgeregelungen. Sie bringen in aller Regel große, ganz individuelle Herausforderungen mit sich – für Private-Equity-Gesellschaften wie auch Zielunternehmen. Einige der wichtigsten illustrieren die folgenden drei Beispiele aus der Novum-Praxis.

Geordnete Übergabe – aber an wen?

Der Inhaber und Geschäftsführer eines Traditionsunternehmens aus der Lebensmittelbranche wollte sich mit 60 Jahren aus dem Geschäft zurückziehen. Weil er keine Kinder hat, war eine familieninterne Regelung unmöglich. Daher entschloss er sich zum Verkauf des Unternehmens. Dieses war mit mehreren Hundert Mitarbeitern und einem Jahresumsatz fast im dreistelligen Millionenbereich sehr profitabel. Das Geschäftsmodell war etabliert und bot Wachstumspotenzial. Aus Käufersicht waren die Ausgangsbedingungen also gut.

Die zentrale Herausforderung bei dieser Akquisition war für Novum Capital eine passende Nachfolgeregelung im operativen Geschäft. Der geschäftsführende Inhaber spielte im Alltag, wie das für Familienunternehmen typisch ist, die zentrale Rolle. Vereinbart war deshalb beim Verkauf ein Zeitraum für eine geordnete Übergabe. Aber an wen? Im Unternehmen gab es niemanden, der die Managementverantwortung hätte übernehmen können. Mit dem Rückzug des Inhabers aus dem Geschäft stände das Unternehmen ohne Management da. Nun galt es, ein neues Management zu finden.

Die Suche war anspruchsvoll, schließlich brauchten die operativen Nachfolger des verkaufswilligen Firmeneigentümers umfangreiche Branchenexpertise, Ideen für die erfolgreiche Weiterentwicklung und einen „Cultural Fit“ – die passende Einstellung, um den erfolgreichen Kern des Traditionsunternehmens zu bewahren. Novum Capital gelang es, gemeinsam mit dem Verkäufer, in relativ kurzer Zeit die Führungsebene – CEO, CFO und COO – mit drei erfahrenen externen Managern anstelle des Inhabers neu zu besetzen.

Solche Manager braucht es, wenn es Unternehmen nicht (rechtzeitig) gelingt, einen Nachfolger aufzubauen. Bedenken sollten beide Seiten, Verkäufer und Käufer, dass geeignete Manager in der Regel schwer zu finden sind. Die Suche kann sich als langwierig erweisen. Gelingen kann sie, wenn das Private-Equity-Unternehmen in der Lage und bereit ist, sich mit dem Marktumfeld, dem operativen Geschäft und vor allem auch der Unternehmenskultur detailliert auseinanderzusetzen – und auch gewisse Risiken nicht scheut: Denn ein Käufer erwirbt stets gewissermaßen die Zukunft eines Unternehmens, und die ist ohne zukünftiges Management, das hinter dem Businessplan steht, unsicherer.

Der gordische Knoten – endlich entwirrt

In einem anderen Unternehmen aus dem Novum-Portfolio waren die Mitglieder der Inhaberfamilie, allesamt Gesellschafter, uneins über die strategische Ausrichtung. Beteiligt waren vier Personen, die zwei – auf den ersten Blick – unvereinbare Positionen vertraten. Novum Capital fand eine über Jahre gewachsene Pattsituation vor, die das Unternehmen mehr und mehr beeinträchtigte – der Gesellschafterkreis beschäftigte sich mehr mit sich selbst als mit den Belangen des Unternehmens. Dies gefährdete die starke Position des Unternehmens in seiner Marktnische.

Die Entwirrung dieses „gordischen Knotens“ war im Übernahmeprozess die Hauptaufgabe für Novum Capital. Es gelang schließlich zur Zufriedenheit aller Beteiligten – nicht mit einem Schwertstreich, sondern mit einem attraktiven Ausstiegsszenario für drei der vier Parteien. Vorteilhaft war, dass diese Nachfolgeoption im Grundsatz aus dem Kreis der Beteiligten selbst kam. Im Ergebnis war das Unternehmen wieder handlungsfähig – und steigerte Umsatz und Beschäftigtenzahl im Beteiligungszeitraum um rund 50%.

Stehen sich die Parteien in einem komplexen Gesellschaftergeflecht auf der Verkäuferseite unversöhnlich gegenüber, sollte eine Private-Equity-Gesellschaft äußerst sensibel auf die unterschiedlichen Interessen eingehen. Private Equity wird dann gewissermaßen zum Mediator, der neue Lösungswege aufzeigen und blockierte Unternehmen wieder handlungsfähig machen muss.

Überkomplexe Strukturen – wieder vereinfacht

Immer wieder wechselnde Geschäftsführungen, unternehmerische Fehlentscheidungen, steigende Bankschulden und eine finanzielle Krise: Diese Stichworte skizzieren einen weiteren Fall aus der Praxis von Novum Capital. Hinzu kam ein komplexes Stiftungsgeflecht als Gesellschafter. Nicht nur, aber auch wegen dieses Geflechts kam das operative Geschäft im Unternehmen zu kurz – es war faktisch eines ohne Unternehmer. Intransparent waren auch die operative Organisation, die mehr als 30 einzelne Einheiten umfasste, sowie die finanzielle Situation.

Was zunächst wie ein aussichtsloser Fall aussah, entpuppte sich bei genauerem Hinsehen als enorme Chance. Diese schlummerte, wie so oft, im Kerngeschäft. Novum Capital übernahm die Einzelgesellschaften, setzte ein neues Management ein und machte sich daran, Ordnung und Transparenz zu schaffen – auf allen Unternehmensebenen. Auch mit zielgenauen Millioneninvestitionen in moderne Technologien gelang es, das Unternehmen vom Sinkflug wieder auf Wachstumskurs zu bringen.

Überkomplexe, über viele Jahre gewachsene Strukturen können den Blick aufs Wesentliche verstellen. Eine Private-Equity-Gesellschaft mit dem richtigen Lösungsansatz kann für Klarheit sorgen – solange sie sich intensiv mit den Organisationsstrukturen auseinandersetzt und das operative Geschäft außergewöhnlich gut versteht. Das kann Nachfolge im Mittelstand eben auch bedeuten: eine grundsätzliche Neuausrichtung.

Fazit

Mitunter heißt es, Unternehmen ließen sich für einen späteren Verkauf optimieren. Wir bei Novum Capital sehen das anders: Sie lassen sich nur als Unternehmen optimieren. Gesunde, gewinnträchtige Unternehmen sind in der Folge für spätere Käufer attraktiv. Dafür können Private-Equity-Akteure als „Unternehmer auf Zeit“ einen wertvollen Beitrag leisten – wenn sie diese Rolle mit Leben füllen.

Und das bedeutet: langfristige Wachstumsperspektiven entwickeln statt Umsätze lediglich kurzfristig steigern. Voraussetzungen dafür sind in der Praxis individuelle Nachfolgemodelle, die die wirtschaftliche Ausgangssituation berücksichtigen, zur Unternehmenskultur passen – und neue Perspektiven eröffnen.

Dieser Beitrag erscheint in der Unternehmeredition 1/2022.

Autorenprofil
Felix Homann

Felix Homann ist Partner bei der Frankfurter Private-Equity-Boutique Novum Capital und hat das Unternehmen seit 2012 maßgeblich mitgestaltet. Novum Capital unterstützt Unternehmer vorwiegend mittelständischer Unternehmen mit Mehr- oder Minderheitsbeteiligungen bei Nachfolgeregelungen, aber auch bei Carve-outs oder in Sondersituationen – und vor allem bei Wachstum und bestmöglicher Krisenresilienz.

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