Die Häufigkeit der Google-Suchanfragen zeigt, dass Übergeber in Nachfolgeprozessen immer wieder die Frage umtreibt, wie lange es eigentlich dauert, bis eine Firma an den Mann oder die Frau gebracht ist.
Wer in die Fußstapfen eines Unternehmers tritt, kann aus den eigenen Reihen stammen oder von außen. Kommt er oder sie aus dem Umfeld des Inhabers, handelt es sich entweder um ein Familienmitglied, was statistisch nur mehr weniger als die Hälfte der Nachfolgen ausmacht, oder um einen leitenden Angestellten. Der Verkauf des Lebenswerks an einen vertrauten Mitarbeiter ist naheliegend, spielt jedoch nur bei circa jeder fünften Übergabe eine Rolle. Findet der Übergeber weder in der Familie noch im Unternehmen einen passenden Kandidaten, muss er sich extern umsehen. Entsprechende Käufergruppen sind andere Unternehmen, die anorganisch wachsen wollen, Finanzinvestoren oder Einzelinteressenten, sogenannte Management Buy-ins. Die Dauer einer klassischen familieninternen Nachfolge ist nicht wirklich prognostizierbar. Beim Unternehmensverkauf ist dies schon eher der Fall, wobei der Verkauf an einen Mitarbeiter üblicherweise deutlich schneller vonstattengeht als bei externen Käufern. Letzteres Szenario macht statistisch gut ein Drittel der Übergaben aus – Grund genug, den Prozess einmal genauer zu beleuchten.
Vier Phasen im klassischen Unternehmensverkauf
Nachdem die Entscheidung zum Verkauf getroffen ist, folgen erfahrungsgemäß diese vier Phasen bis zum erfolgreichen Vertragsabschluss:
Phase eins – Vorbereitung:
Neben der Zusammenstellung der Unterlagen ist es bereits an dieser Stelle sinnvoll, eine aussagefähige Unternehmensbewertung zu erstellen. Dieser Wert repräsentiert zwar noch nicht den tatsächlich erreichbaren und/oder vereinbarten Kaufpreis, gibt aber bereits eine gute Richtschnur für die späteren Verhandlungen. Darüber hinaus wird eine repräsentative Darstellung des Unternehmens und des Geschäftsmodells in Form eines Exposés (in Papierform und elektronisch) für den weiteren Verkaufsprozess erstellt. Dies ermöglicht einem engeren Interessentenkreis, Einblick in das Unternehmen zu erlangen.
Dauer: ein bis vier Monate
Diese Zeit ist wohl investiert, da sich die gute Vorbereitung spätestens bei den ersten Verhandlungen mit den potenziellen Kaufinteressenten zeitlich und inhaltlich rechnet. Berücksichtigt werden müssen hierbei auch weitere Partner, wie zum Beispiel Steuerberater, die in der Vorbereitung Zulieferfunktion haben (etwa durch die Jahresabschlüsse).
Phase zwei – Käufersuche:
Hierbei hat sich gezeigt, dass der Satz „One size fits all“ speziell beim Verkauf von Unternehmen nicht zutreffend ist. Kleinere und mittlere Unternehmensverkäufe werden über andere öffentliche Börsen angeboten als größere. Neben den Börsen spielen oftmals auch Direktansprachen (von Mitwettbewerbern, Investoren und weiteren) sowie verdeckte Suchen eine immer größere Rolle.
Dauer: ein bis vier Monate
Phase drei – Verhandlung:
Über das persönliche Kennenlernen hinaus geht es bei den Verhandlungen um zwei Kernaspekte: die menschliche und die sachlich/fachliche Passung – sowohl für den Verkäufer als auch für den potenziellen Käufer. Es geht um die Vorstellung beider Parteien zu Inhalt und Ergebnis der Transaktion, zu möglichen Vertragsgestaltungen sowie schlussendlich natürlich auch zum Preis, der für beide Seiten akzeptabel ist.
Dauer: zwei bis vier Monate
Hier trennt sich üblicherweise die Spreu vom Weizen und Kandidaten springen bei genauerem Überlegen ab. Je früher dies erfolgt, umso weniger Energie, Zeit und Kosten wurden investiert. Paralleles Handeln ist hier von unschätzbarem Wert – insbesondere hinsichtlich der Dauer des gesamten Kaufprozesses.
Phase vier – Vorvertrag, Vertrag und Abschluss:
Mit Kaufinteressenten, die in diese Phase vorrücken, ist sich der Verkäufer einig. Die „Chemie“ passt und auch bei den sachlichen Fragestellungen bestehen keine Differenzen mehr, was mit einer Absichtserklärung beziehungsweise mit einem Letter of Intent (LOI) hergestellt wird. Hierbei vereinbaren beide Seiten ein (nur) moralisch bindendes, jedoch konkretes Interesse an der Transaktion und halten es detailliert fest.
Nach Zeichnung des LOI übermittelt der Kaufinteressent eine Anforderungsliste für die Käuferprüfung, die sogenannte Due Diligence (DD). Aus deren Ergebnissen ergeben sich eventuell weitere Nachverhandlungen über Kaufpreis und Garantien, die im eigentlichen Kaufvertrag, dem Sales and Purchase Agreement (SPA), vereinbart werden. In dieser Phase ist es zwingend erforderlich, einen Rechtsanwalt mit Kenntnissen im Gesellschaftsrecht und M&A-Erfahrung hinzuzuziehen.
Dauer: zwei bis sechs Monate
Die gesamten vorvertraglichen Bemühungen münden nach circa ein bis fünf Monaten in der Erstellung des Kaufvertrags, der das Ergebnis sämtlicher Vorarbeiten ist. Hierfür können nochmals rund ein bis vier Wochen veranschlagt werden.
Ambitionierte können auf folgende Zeitfresser achten
In Summe dauert der Firmenverkauf vom Sammeln der Unterlagen bis zur abschließenden Übergabe an den Käufer zwischen sechs und 18 Monaten. Wer ambitioniert ist und einen schnellen Verkauf seines Lebenswerks realisieren möchte, kann sich an den folgenden Empfehlungen orientieren, um gewisse Zeitfresser zu umgehen:
Top One: Langwierige Aufbereitung der Unterlagen
Je schneller Sie alle Informationen bereitstellen, die Ihr Unternehmen repräsentieren, und je schneller Sie Rückmeldung bei der Erstellung des Exposés geben, desto schneller können Kaufinteressenten angesprochen werden.
Top Two: Falsche Vermarktungsstrategie
Stellen Sie Ihr Unternehmen der passenden Zielgruppe vor. Es ist nicht sinnvoll, einen Handwerksbetrieb mit 850.000 EUR Umsatz bei Finanzinvestoren zu platzieren, die nur Technologieunternehmen ab 2 Mio. EUR EBITDA suchen. Zudem sollten Sie die Pipeline immer mit mehreren Kandidaten gefüllt haben. Zu gerne lässt man sich vom Eindruck eines scheinbar optimalen Kandidaten blenden und stellt nach drei, vier oder fünf Monaten fest, dass die Passung doch nicht perfekt war. Sie fangen dann wieder von vorne an!
Top Three: Mangelhafte Vorbereitung
„What you see is what you get.“ Nichts sorgt für mehr Vertrauen, als wenn sich im Prozess das entpuppt, was Sie einem Kandidaten erzählt beziehungsweise in Form eines Exposés gezeigt haben. Jede spätere Hiobsbotschaft lässt den Kaufinteressenten vermuten, dass es da noch weitere Ungereimtheiten gibt.
Top Four: Direkte Kommunikation zwischen Verkäufer und Käufer
Auch wenn ein Unternehmenskauf dem ersten Anschein nach eine finanzielle Angelegenheit ist, verstecken sich dahinter eine Menge Emotionen. Diese wollen gut „gepuffert“ sein, damit es nicht zu unüberlegten Handlungen kommt. Schalten Sie deshalb − insbesondere für die kommerziellen Bestandteile des Prozesses − immer einen Mittler ein.
Top Five: Fehlender oder unvollständiger LOI
Ein Letter of Intent (LOI) schützt Sie davor, unterschiedliche Erwartungshaltungen erst kurz vor dem Notartermin zu erkennen. Schaffen Sie so früh wie möglich eine gemeinsame Transaktionsbasis und vermeiden Sie somit einen weiteren ungewollten Zeitfresser.
FAZIT
Ein Unternehmen zu veräußern ist nichts für schnelle Gemüter. Man sollte sich ausreichend Zeit im gesamten Verkaufsprozess nehmen, um alle Schritte klar zu durchdenken und auch emotional durchleben zu können. Es empfiehlt sich deshalb, sich während des gesamten Verkaufsprozesses weiter mit voller Kraft dem eigenen Lebenswerk zu widmen und den Verkaufsprozess einem Profi zu überlassen.
Dieser Beitrag erscheint in der nächsten Ausgabe der Unternehmeredition UE 1/2021.