Mutares ist eine auf Restrukturierungen spezialisierte börsennotierte Private-Equity-Firma. Der Fokus des international aufgestellten Geschäfts liegt auf Konzernausgliederungen. Wir sprachen mit Johannes Laumann, Chief Investment Officer.
Unternehmeredition: Wie läuft das Geschäft in dieser von Unsicherheit geprägten Zeit für Mutares?
Johannes Laumann: Es läuft ausgezeichnet. Für uns ist eine Situation der Unsicherheit und Zurückhaltung immer vorteilhaft. Wir eröffnen ein Büro in China, wenn andere das Land verlassen. Wir eröffnen ein Büro in den USA, wenn die versuchen, sich abzuschotten. Wenn andere vorsichtig sind, marschieren wir los. In Boomphasen, in denen es Unternehmen gut geht, ist es für uns schwieriger, Assets zu finden. Wir suchen ja Unternehmen oder Konzerntöchter, die Probleme haben, sei es, weil sie Verluste schreiben oder dass sie nicht die Profitabilität zeigen, die die Eigentümer sehen möchten. Das kommt in einer Phase wie der aktuellen häufiger vor als in guten Zeiten.
Nach welchen Kriterien suchen Sie die Unternehmen aus, die Sie kaufen?
Wir haben Grundprinzipien, die alle erfüllen müssen, damit wir sie uns ansehen. Erstens muss es eine Firma sein, in der wir operatives Verbesserungspotenzial erkennen. Zweitens braucht diese Firma eine Wertschöpfungskette. Diese ist Voraussetzung dafür, dass man operativ etwas verändern kann. Dann sollte die Firma in eines unserer vier Segmente passen: Automobilzulieferung, Anlagenbau, Service sowie Retail und Food. Wir interessieren uns für Firmen mit einer Umsatzgröße zwischen 100 Mio. und 1 Mrd. EUR. Auch sollte sich die Firma in einem Land befinden, in dem wir uns auskennen, in dem wir ein Büro haben. Schließlich braucht man auch ein gutes Bauchgefühl.
Was ist das Schwierigste bei der Restrukturierung eines Unternehmens?
Das Schwierigste ist es, einen Wandel in der Kultur einer Firma durchzusetzen. Wir kaufen in der Regel Einheiten von Konzernen wie Siemens, der Deutschen Bahn, der niederländischen Post oder dem portugiesischen Staat, sogenannte Carve-outs. Die Mitarbeiter sind dort Teil eines großen Konzerns, teilweise seit Jahrzehnten. Sie denken in den Strukturen des Konzerns. Wenn wir Unternehmen kaufen und erfolgreich für den Markt aufbauen, sind sie aber Mittelständler. Im Mittelstand gibt es andere Aufgaben, weniger Hierarchien, schnellere Entscheidungen, man muss in allem agiler sein. Ein Beispiel: Nach der Übernahme eines Konzernunternehmens in Frankreich musste ich im Aufsichtsrat einen Investantrag für den Kauf einer Maschine gutheißen. Dieser Investantrag für eine einzige Maschine umfasste 86 Seiten. Ich habe ihn abgelehnt und darum gebeten, den Antrag auf einer Seite einzureichen. In einem mittelständischen Unternehmen könnte es der Chef niemals erlauben, dass sein Mitarbeiter sich die Zeit nimmt, für den Kauf einer einzigen Maschinen 86 Seiten auszuarbeiten. Dieser Kulturwandel, dieser Wandel im Denken, ist die größte Herausforderung.
Wie sieht es in einer Zeit wie der aktuellen auf der Exitseite aus?
Da sieht es in diesem Jahr wieder sehr gut aus. Wie bekommen zwar nicht mehr die Masse an Angeboten, wenn wir etwas verkaufen wollen, aber dafür steigt die Qualität der Angebote deutlich. Außerdem kommt uns auch bei Exits zugute, dass wir international aufgestellt sind: Denn dadurch haben wir immer auch Märkte, die auf der Kauf-, aber speziell auch auf der Exitseite interessiert sind. Um noch ein Beispiel zu geben: Wenn man in Deutschland oder Frankreich über das Thema Automobilzulieferer spricht, dann schlagen alle die Hände über dem Kopf zusammen, denn dieser Branche geht es in diesen Ländern nicht gut. Für andere Märkte trifft das aber so nicht zu. In Nordafrika, in Indien, in Südamerika und sogar in China sieht die Situation ganz anders aus. Da gibt es durchaus noch viele Exitgelegenheiten. In Summe kann man sagen: Wir profitieren durch unsere internationale Ausrichtung davon, dass sich viele Märkte quasi ausbalancieren. Wir haben uns bei Mutares für dieses Jahr zehn Exits vorgenommen. Zwei haben wir bereits abgeschlossen – jetzt haben wir noch acht Monate Zeit für die restlichen acht. Ich bin sicher, dass wir das schaffen.
Lieber Herr Laumann, wir danken Ihnen für das Gespräch!
Das Interview führte Bärbel Brockmann.
👉 Dieses Interview erscheint auch in unserem Spezial “Investoren im Mittelstand” (Erscheinungstermin: 16. Mai 2025)
ZUM INTERVIEWPARTNER
Johannes Laumann,
Chief Investment Officer,
Mutares SE & Co. KGaA