Vorinsolvenzliches Sanierungsverfahren und Kreditrestrukturierung

Aufgrund einer geplanten neuen EU-Richtlinie wird in Deutschland voraussichtlich ein weiteres neues Sanierungsverfahren eingeführt werden. Eines der zukünftigen Hauptanwendungsfelder könnte in der Restrukturierung von Darlehensverbindlichkeiten liegen.

Wesentliche Eckpfeiler des Verfahrens

Die Richtlinie zum vorinsolvenzlichen Sanierungsverfahren befindet sich auf EU-Ebene noch in der Abstimmung, sodass es noch zu Änderungen des vorliegenden Entwurfs kommen kann. Folgende Kernelemente sind nach heutigem Stand aber zu erwarten:

• Die Einleitung des Verfahrens erfordert eine drohende Insolvenz des Schuldners.
• Der Schuldner behält die Kontrolle über das Unternehmen und sein Vermögen.
• Für die Verhandlung eines Restrukturierungsplans kann die Durchsetzung von Gläubigerforde-rungen für vier Monate ausgesetzt werden. Dieses Moratorium kann für einzelne oder alle Gläubiger gelten und ist unter bestimmten Voraussetzungen im längsten Fall auf zwölf Monate verlängerbar.
• Während des Moratoriums ist der Schuldner grundsätzlich nicht zur Stellung eines Insol-venzantrags verpflichtet und Gläubiger sind an einer Beantragung gehindert.
• Ein Restrukturierungsplan kann eine Umschuldung, einen Schuldenerlass, einen Debt Equity-Swap oder auch neue Finanzierungen beinhalten.
• Für die Abstimmung über den Restrukturierungsplan werden die Gläubiger in Gruppen eingeteilt. Ein Plan kann mit einer Mehrheit von 75 Prozent der Forderungen je Gläubigergruppe an-genommen werden. Trotz fehlender Zustimmung einer Abstimmungsgruppe kann der Plan unter bestimmten Voraussetzungen auch mit Wirkung für die ablehnende Abstimmungsgruppe bestätigt werden (klassenübergreifender Cram-down).
• Ein Restrukturierungsverwalter kann nur in den Fällen eines Moratoriums und eines klassen-übergreifenden Cram-downs bestellt werden.
• Im Rahmen eines Restrukturierungsplans beschlossene neue Finanzierungen und sonstige Transaktionen genießen umfassenden Anfechtungsschutz.

Finanzwirtschaftliche Restrukturierung

Das vorinsolvenzliche Sanierungsverfahren ist zwar nicht auf die Restrukturierung von Darlehensver-bindlichkeiten begrenzt. Gleichwohl wird dies in der Praxis einen wesentlichen Anwendungsfall bilden. Bei richtiger Anwendung und der Begleitung durch ein geeignetes operatives Sanierungskonzept kann das vorinsolvenzliche Sanierungsverfahren ein Weg für Unternehmen und Kreditgeber sein, präventiv Finanzverbindlichkeiten zu restrukturieren, um eine akute Krise zu vermeiden und damit Vermögenswerte für alle Beteiligten zu erhalten. Es kann dazu beitragen, einzelne Gläubiger zu dis-ziplinieren, sich einer von der Mehrheit angestrebten Lösung zum Erhalt des Unternehmens nicht zu verschließen. In der Praxis begegnet man regelmäßig Bankenkonsortien, denen Finanzierer mit kleiner Beteiligung angehören. Sie stehen Sanierungslösungen oftmals im Wege beziehungsweise lassen sich ihre Mitwirkung daran abkaufen. Eine solche Praxis könnte mithilfe eines Restrukturierungsplans künftig vermieden werden.

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