Ein Großteil der kleinen und mittelständischen Unternehmen ist im Laufe der Firmengeschichte primär organisch, manchmal auch durch selektive, meist lokale Akquisitionen äußerst erfolgreich gewachsen, wobei die Erfolgsquote bei der Integration der Zukäufe häufig gemischt ist. Um auch international Fuß zu fassen und weiteres Wachstum zu generieren, sind strategische Zukäufe im Ausland meist unabdingbar: Selten können allein durch Vertriebspartner vor Ort oder kleinere, lokale Repräsentanzen substanzielle Marktanteile gewonnen werden. Allerdings sind grenzüberschreitende Akquisitionen mit deutlich größeren Herausforderungen verbunden. Unterschiede in der Rechtsprechung, bei den Steuergesetzen, der Rechnungslegung und lokaler Regulierung erhöhen die Komplexität. Hinzu kommen kulturelle Unterschiede und − nicht zu vergessen − Sprachbarrieren, die insbesondere bei der späteren Integration berücksichtigt werden müssen.
Ehrliche „Standortbestimmung“
Bevor man sich diesen Themen widmet, muss zunächst intern geprüft werden, ob im Unternehmen selbst die Voraussetzungen gegeben sind, um eine grenzüberschreitende Akquisition professionell zu integrieren und Synergien wie auch Potenziale zu nutzen. Sind beispielsweise Prozesse oder Systeme nicht skalierbar, ist das Managementteam wenig international, fehlt die eigentliche Grundlage für weiteres Wachstum. Eine ehrliche Analyse, auch im Hinblick auf eigene Kapazitäten, Know-how und Ressourcen, die in einem M&A-Prozess und bei einer erfolgreichen Integration gefordert sind, kann Risiken eingrenzen. Fehlende Erfahrung oder Kapazität muss frühzeitig aufgebaut werden.
Strategie muss klaren Zielen folgen
Meistens sind die enormen Wachstumschancen, die sich Unternehmen bei der Erschließung neuer Märkte bieten, ein wesentlicher Treiber für eine Auslandsexpansion. Hinzu kommen sich stark verändernde Kundenanforderungen nach dem „Lieferanten in allen relevanten Regionen“ und ein zunehmender Wettbewerbsdruck. Vom Status quo ausgehend müssen klare Ziele und eine längerfristige Strategie formuliert werden. Hierauf fußt das Sourcing, die Identifizierung von Zielunternehmen. M&A kann nur eine Ergänzung der Unternehmensstrategie sein, diese aber nicht ersetzen. Man sollte sich kritisch mit den eigenen Fähigkeiten auseinandersetzen und damit, welche man durch Zukäufe erwerben will. Sollen Marktanteile und Vertrieb deutlich gesteigert und eine kritische Größe im Zielmarkt erreicht werden oder geht es darum, das Produktportfolio selektiv durch weitere Bausteine sinnvoll zu ergänzen? Die Strategie muss immer den Zielen folgen und bei sämtlichen Transaktionen muss die industrielle Logik im Vordergrund stehen, aber auch der kulturelle Teil passen.
Integration als kritischer Faktor
Ist der passende Partner gefunden und die Akquisition – zumindest formaljuristisch – abgeschlossen, beginnt eine entscheidende Phase: die Integration. Die Erfahrung zeigt, dass die Integration trotz detaillierter Planung des gesamten M&A-Prozesses oft vernachlässigt wird. Häufig wird unterschätzt, dass dieser „langweilige“ Teil eines Akquisitionsprozesses für Erfolg oder Misserfolg der Transaktion entscheidend ist. Integrationsprozesse können langwierig sein und erfordern reichlich Planung sowie Aufmerksamkeit des Managementteams. Im Idealfall werden sie durch ein Change-Management-Projekt professionell begleitet, das die eingangs erwähnten kulturellen, sprachlichen und organisatorischen Barrieren hinreichend berücksichtigt.
Erfolgreiche Internationalisierung am Fallbeispiel NORRES
Ein Beispiel aus dem Portfolio des Triton Mittelstandsfonds zeigt, wie grenzüberschreitende Zukäufe das internationale Wachstum erfolgreich beschleunigen können. Im Oktober 2018 erwarb Triton im Rahmen einer Nachfolgelösung eine Mehrheitsbeteiligung an NORRES, einem 1889 gegründeten, führenden Hersteller von Industrieschläuchen mit Sitz in Gelsenkirchen. Die Gruppe war seinerzeit mit Produktionsstandorten primär in Deutschland sowie mit kleineren Standorten in China und zuletzt in den USA vertreten und unterhielt Vertriebs- und Lagerstandorte in Tschechien, Polen, Frankreich, England wie auch Taiwan. Klares Ziel war die Marktführerschaft für industrielle Schlauchanwendungen mit dem breitesten Produktportfolio in Europa und folglich die weitere internationale Expansion. Das internationale Wachstum war bis dahin organisch getrieben, ohne Akquisitionen.
In einem ersten Schritt wurden die Prozesse optimiert und die Grundlage für strategische Zukäufe geschaffen. In enger Zusammenarbeit mit dem Management und Triton wurde eine Akquisitionsstrategie erarbeitet, die einen starken Fokus auf Integration gelegt hat. Triton stellte Kapital und Know-how bei der Umsetzung zur Verfügung und unterstützte unter anderem das Sourcing sowie den Erwerb potenzieller Zielunternehmen. Zunächst akquirierte man zwei kleinere Unternehmen, die primär als Vertriebsplattformen in Märkten agieren, in denen NORRES keine ausgeprägte Vertriebskompetenz hatte.
Fokus war jedoch, einen großen Schritt zu machen: Im Juli 2021 erwarb NORRES die niederländische Baggerman Gruppe, einen Hersteller und Distributor von industriellen Schläuchen, Kupplungen und Zubehör. Das Unternehmen verfügt über ein vergleichbares Geschäftsmodell und Niederlassungen in den Niederlanden, Italien, der Schweiz, Ungarn und Rumänien. Sowohl Produktions- als auch Vertriebsschwerpunkte sind in großen Teilen synergistisch. Ein großer Fokus lag von Anfang an auf der Integration, bei der das Leitbild „best of both worlds“ im Vordergrund stand, zum Beispiel durch Baggerman-Mitarbeiter in der Gruppenführung. Sowohl durch organisches Wachstum als auch durch strategische Zukäufe konnte der Umsatz seit Beginn der Partnerschaft mit Triton weit mehr als verdoppelt und sowohl Profitabilität als auch Kundenzufriedenheit weiter gesteigert werden.
FAZIT
Internationalisierung bietet Unternehmen enorme Wachstumschancen. Grenzüberschreitende Zukäufe können das Wachstum beschleunigen – allerdings sind die Herausforderungen größer als bei nationalen und sie bergen Risiken. Oft fehlen Kapital, Erfahrung und eine Strategie, die klaren Zielen folgt – oder skalierbare Prozesse als Grundlage für Integrationen. Ein international etablierter Finanzinvestor als starker Partner schafft die Voraussetzungen im Unternehmen und ist mit der Komplexität bei internationalen Transaktionen bestens vertraut.

Andi Klein
Andi Klein ist Managing Partner bei Triton und verantwortet die Smaller-Mid-Cap-Strategie der 1997 gegründeten Beteiligungsgesellschaft. Bevor er 2009 zu Triton kam, hatte er elf Jahre lang verschiedene Führungspositionen bei Procter&Gamble in Deutschland, der Schweiz, Belgien und den USA inne. Die Triton Mittelstandsfonds investieren in mittelständische Unternehmen der Sektoren Dienstleistungen, Gesundheitswesen, Industrie und Konsumgüter.