Die Baustelle wird digital

B plus L, Full-Service-Anbieter von Baustelleneinrichtung und Baulogistik, hat ein Digitalisierungsprojekt mit der DPE gestartet

B plus L hat sich als Anbieter auf dem Gebiet der Baustelleneinrichtung und Baulogistik etabliert. Dafür hat es sich die DPE an Bord geholt.
Die neue Zentrale von B plus L in Limbach-Oberfrohna während der Bautätigkeiten: Inzwischen ist sie fertig und wird seit Juni bezogen. Foto: B plus L

B plus L hat sich als einer der führenden Anbieter auf dem Gebiet der Baustelleneinrichtung und Baulogistik etabliert. Mit einem komplexen und umfangreichen Leistungsportfolio betreut das Unternehmen derzeit mehr als 1.000 Bauprojekte in unterschiedlicher Größe im gesamten Bundesgebiet. Um die Erweiterung des Kerngeschäfts und die Expansion in neue Geschäftsfelder sowie das damit einhergehende geplante Wachstum von mehr als 25% pro Jahr zu unterstützen, stand das Unternehmen vor der Herausforderung, alle seine Kernprozesse zu digitalisieren. Dafür hat es sich im letzten Jahr den Wachstumsinvestor Deutsche Private Equity (DPE) an Bord geholt. VON EVA RATHGEBER

Daniel Wiechmann, DPE

Die Ausgangssituation gleicht der in zahlreichen mittelständischen Unternehmen. Die über Jahre ­gewachsenen Strukturen haben B plus L bis zur heutigen Größe getragen. Dabei wurde immer klarer, dass die nächste Phase der Entwicklung nicht ohne eine Professionalisierung der Abläufe und Systeme auskommt: Ein veraltetes ERP muss erneuert, undokumentierte manuelle Prozesse digitalisiert, ein bunter Strauß an Excel-Listen durch eine inte­grierte Datenlösung ersetzt werden. Handgestrickte Softwarelösungen müssen durch skalierbare Standardsoftware ersetzt und interne IT-Kapazitäten sowie Digitalisierungs-Know-how aufgebaut wer­den. „Ein solcher Transformationsprozess muss gut orchestriert und durch eine intensive begleitende Kommunikation gerade auch in Richtung der Mitarbeitenden unterstützt werden“, weiß Daniel Wiechmann, Vice President Digital Operations bei der DPE.

Zum Start: Abbildung manueller Prozesse in digitalen Workflows

Im ersten Schritt hat B plus L die wesent­lichen Ziele definiert. „Wir brauchen ­digitalisierte Prozesse, um das geplante Wachstum abbilden zu können“, erklärt Geschäftsführer Gunnar Förster. So sollen vor allem bisher manuelle Prozesse mit vielen Schnittstellen und Medienbrüchen künftig in digitalen Workflows abgebildet werden, um unnötige Doppel­arbeit, Suchaufwand und Fehlerquellen zu minimieren. Damit einher gehen eine deutliche Verbesserung der Transparenz und Steuerbarkeit der betrieblichen Abläufe, sodass das Unternehmen einerseits das geplante starke Wachstum besser umsetzen und andererseits dank einer deutlich gesteigerten Agilität schneller als die Wettbewerber auf sich ändernde Rahmenbedingungen reagieren kann.

Zweiter Schritt: Analyse der Handlungsfelder für B plus L

Die neue Produktions- und Lagerhalle von B plus L während der Bauphase. Foto: B plus L

Im zweiten Schritt wurden die Prozesse,­ die Organisation und das Produktangebot von B plus L über ein standardisiertes Digital Maturity Assessment genauer beleuchtet. Der jeweilige Ist-Zustand und die Ambition des Unternehmens in den Bereichen Digitalstrategie, Automation, neue Geschäftsmodelle und digitale Fähigkeiten wurden abgeglichen und daraus die entsprechenden Handlungsfelder abgeleitet und priorisiert. „Es zeichnete sich schnell ab, dass ­zunächst eine ‚digitale Basis‘ für das geplante Wachstum des Unternehmens geschaffen werden muss“, so Wiechmann. Primär bedeute dies eine Modernisierung und Erweiterung der ERP-Umgebung und damit verbunden die Optimierung, Digitalisierung und Automatisierung der Kernprozesse rund um die Baustelle – eine erhebliche Investition, die den Aufbau einer professionellen IT-Organisation bedingt. Wiechmann ist sich sicher, dass sich diese Kraftanstrengung für B plus L lohnen wird: „Im Ergebnis wird dadurch ein ­effizienteres und bereichsübergreifendes Zusammen­arbeiten aller Mitarbeitenden ermöglicht und die Planung und Steuerung der Geschäftsaktivitäten deutlich verbessert“, so der Digitalisierungsexperte. Neben der Modernisierung des ERP wurden beispielsweise die Um­stellung der bisher papier­basierten Zeit­erfassung von 200 mobilen Mitarbeitenden auf über 1.000 ­Baustellen auf ein einfach bedienbares digitales System und die Einführung ­einer digitalen Bauakte als weitere ­große Werthebel identifiziert.

Drittens: der heilige Gral – die erfolgreiche Umsetzung

Die dritte Kernfrage bestand in der koordinierten Umsetzung und im Ausrollen beziehungsweise in der Nutzung der ­digitalen Werkzeuge in der Organisa­tion. „Für die Umsetzung der Digitali­sierungsprojekte greift B plus L auf ­spezialisierte externe Beratungen und Implementierungsdienstleister aus dem DPE-Digitalnetzwerk zu, die sowohl regionalen ­Bezug als auch Branchen­expertise und Erfahrung mit mittel­stän­dischen Strukturen besitzen“, erklärt Wiechmann. B plus L steuert in die­sem Prozess in ­jedem angestoßenen Projekt einen Projektleiter sowie ein Projektteam aus Key-Usern bei, die ­diese Rolle neben ihrem Tagesge­schäft ausfüllen. Da die Doppelbelastung dem Management bewusst ist, wurde die Umsetzungsgeschwindigkeit der Digitalprojekte angepasst, um eine Überlastung zu vermeiden.

Lessons Learned

B plus L ist auf Basis der Ergebnisse des Digital Maturity Assessment mit einem klaren Bewusstsein in die Digitalisie­rung gestartet, dass das Unternehmen entsprechende Fähigkeiten erst aufbauen muss. Folglich hatte das Management zwar großen Respekt vor der Aufgabe, hat die digitale Agenda aber explizit an diese Ausgangslage angepasst. „Tages­ge­schäft, Wachstum und Digitalisierung unter einen Hut zu bekommen ist eine Herausforderung für jeden Einzelnen. Die Belegschaft zu motivieren und Verantwortung zu übertragen hat zu sichtbaren Erfolgen geführt“, resümiert Förster. Der Transfor­mationsprozess ist bei B plus L nunmehr seit knapp zwölf Monaten in vollem Gange und hat – im positiven ­Sinne­ – Spuren hinterlassen: Zwei Projekte sind bereits umgesetzt, bei acht weiteren hat die Umsetzung begonnen.


„Die digitale Transformation ist immer noch ein ungelöstes Problem für den Mittelstand“

Interview mit Dr. Benjamin Kleidt, Operations Partner, DPE

Unternehmeredition: Was waren die ­besonderen Herausforderungen, vor ­denen B plus L zu Projektbeginn stand?

Benjamin Kleidt, DPE

Dr. Benjamin Kleidt: B plus L war in den vorausgehenden Jahren sehr schnell ­gewachsen, verfügte aber nach wie vor nur über geringe Standards und Strukturen im digitalen Bereich. Wir standen vor der Frage, wie man aus dieser Situation heraus weiteres Wachstum ermöglichen konnte. Allen Beteiligten war sofort klar, dass es einer grundlegenden digitalen Transformation aller Bereiche mit dem Ziel bedurfte, künftig transparenter, datengetriebener und proaktiver arbeiten zu können.

Wie ist das Projekt bislang gelaufen und was steht noch an?

Nach einer umfangreichen Analyse haben wir uns zunächst darauf konzentriert, erste Maßnahmen für einige besonders wichtige Bereiche durchzuführen, die möglichst schnell greifen sollten, um sogenannte Quick Wins zu erzielen. In den nächsten zwölf bis 18 Monaten werden wir uns auch alle anderen Bereiche vornehmen und das ERP-Projekt insgesamt abschließen.

Welche Bedeutung haben Digitalisierungsthemen für die DPE und wie schätzen Sie den entsprechenden Markt ein?

Wir sehen die Digitalisierung als Wert­hebel für Unternehmen, um deutlich schneller zu wachsen und die Profitabilität zu erhöhen. Außerdem ist es unser Ziel, Unternehmen zukunftsfest zu machen und ihnen Tools und Technologien als Rüstzeug an die Hand zu geben, um in ihren ­jeweiligen Märkten führend zu werden. Für mittelständische Unternehmen ist die ­Digitalisierung häufig noch ein ungelöstes Problem und das Potenzial dementsprechend hoch, gerade auch für ambitionierte,­ wachstumsstarke Firmen. Dabei geht es beispielsweise um die Verbesserung interner Prozesse und Systeme oder um Möglichkeiten, Daten zu generieren und systematisch als Entscheidungsgrundlage auszuwerten. Viel Potenzial besteht auch rund um die Frage, wie man mit seinen Kunden über digitale Kanäle interagieren oder ­Geschäftsmodelle durch digitale Services erweitern und neue digitale Geschäfts­modelle ins Leben rufen kann.


Kurzprofil B plus L Infra Log GmbH

Gründungsjahr: 2009
Branche: Baunebengewerbe
Unternehmenssitz: Limbach-Oberfrohna (Sachsen)
Umsatz 2020: 45 Mio. EUR
Mitarbeiterzahl: 270
www.bplusl.de

Dieser Beitrag erscheint in der Unternehmeredition 2/2021.

Autorenprofil

Als Chefredakteurin der Unternehmeredition berichtet Eva Rathgeber regelmäßig über Unternehmen und das Wirtschaftsgeschehen. Sie verfügt über langjährige Erfahrung im Wirtschaftsjournalismus und in der PR.

Vorheriger ArtikelEquistone verkauft Fertighaushersteller
Nächster ArtikelMusterdepot: 20% Rendite und 20% Cashquote nach einem Jahr