Der Trend geht vom Schaltschrank in die Cloud

Mit der Zech-Group hat die Quintec Automation GmbH einen neuen Investor gefunden, mit dem sie wieder in die Erfolgsspur kommen wollen.
© ipopba - stock.adobe.com

Mit der Zech-Group hat die Quintec Automation GmbH einen neuen strategischen Investor gefunden. Mit ihm wollen Gründer und Mitarbeiter wieder in die Erfolgsspur kommen.

Foto: Quintec Automation GmbH

In den letzten zweieinhalb Jahrzehnten ging es für Stefan Vömel stetig bergauf. Gemeinsam mit zwei Mitstreitern entwickelte er die Quintec Automation GmbH zu einem wichtigen Player für die industrielle Automatisierung von Maschinen, Anlagen und Gebäudetechnik für die Branchen Umwelt- und Verfahrenstechnik, Gebäudeleittechnik, Fördertechnik und Sondermaschinenbau. Bis zu 40 Mitarbeiter waren vor allem für Kunden im süddeutschen Raum tätig. Doch Finanzierungen im Bereich der Planung und Projektierung von Anlagen benötigen einen langen Atem und einen guten Kapitalstock. Als dann ein Projekt zu knapp kalkuliert wurde und es infolge der Corona-pandemie zur Verschiebung weiterer Aufträge kam, musste die Quintec ausgerechnet im 25. Jahr ihres Bestehens Insolvenz anmelden, obwohl mit einem Ladesäulensystem für E-Fahrzeuge im gewerblich genutzten Fuhrpark noch ein neues Produkt entwickelt wurde.

Es kam zu einer Insolvenz in Eigenregie. Gemeinsam mit einem Sachwalter konnten so die Gründer das Unternehmen erst einmal weiterführen. „Wir brauchten einen strategischen Investor, der unser Geschäftsmodell versteht und das nötige Working Capital mitbringen konnte“, sagt Stefan Vömel. „Wir hatten festgestellt, dass unsere Hausbanken Schwierigkeiten hatten, sich in unser Geschäftsmodell hinein zu denken. Und da schien uns ein reiner Finanzinvestor, der im Regelfall renditegetrieben ist, auch nicht passend.“

Ende gut, alles gut. Am Ende fand sich mit Unterstützung der Wintergerst Societät für Unternehmer-Beratung mit der Bremer Zech Group ein Käufer, der Quintec als eigenständige Marke weiterführen und den Standort Pleidelsheim strategisch ausbauen will.

Die erste Fernheizung für den Papst gelegt

Für die Integration der Quintec in die Zech-Group zeichnet nunmehr Jürgen Sautter verantwortlich. Er ist einer der  Geschäftsführer der Zech-Tochtergesellschaft Rudolf Otto Meyer  (ROM)- Technik GmbH & Co KG und der jetzt neu firmierenden Quintec Smart Technology GmbH und hat in seinem Berufsleben selbst eine Menge Umfirmierungen erlebt. Er weiß, wie es ist, wenn eine erfolgreiche Marke wie ROM vom Markt verschwindet und dann wiederbelebt wird. 1858 wurde das Unternehmen von Rudolf Otto Meyer gegründet, der sich mit der nach dem Vorbild englischer Gewächshäuser mit der Warmwasserversorgung von Wohn- und Geschäftsräumen beschäftigte. Er entwickelte das Prinzip der Fernheizung weiter, ging 1882 an die Börse und erhielt 1932 in seinen Auftragsbüchern den Segen vom Papst: in diesem Jahr erhielt das Unternehmen den Auftrag, die erste Fernheizungsanlage im Vatikan zu bauen.

Jürgen Sautter hat dann allerdings etliche Jahrzehnte später erlebt, dass Tradition nicht ewig hält. Seit 35 Jahren bei ROM, erlebte er zu Beginn des neuen Jahrtausends, das ROM internationaler werden wollte und den holländischen Konzern Imtech als Hauptgesellschafter aufnahm. Die Traditionsmarke firmierte fortan unter Imtech. Das Konstrukt ging schon nach 14 Jahren pleite und mit Hilfe des Bremer Unternehmers Kurt Zech gelang es, die Marke 2015 wiederzubeleben, die seither als eigenständige Techniksparte in der Zech-Group fungiert. „Hier wollen wir mit dem Kauf der Quintec ansetzen. Quintec schließt eine Lücke im Bereich der Gebäudeautomatisierung, die wir zunehmend selber bedienen und uns damit unabhängig von Konzernen wie Siemens und Honeywell machen wollen. Mit diesen Möglichkeiten können wir unsere Wertschöpfung im Segment der Gebäudeautomatisierungen um 40 Prozent steigern“, schildert Sautter den Mehrwert der Übernahme.

Vom Schaltschrank in die Cloud

Gebäude der Quintec Automation GmbH; Foto: Quintec Automation GmbH

Dabei geht es nicht nur um zukünftige Umsätze. „Der Trend geht vom Schaltschrank in die Cloud“, sagen Vömel und Sautter unisono. „Die Anlagen müssen intelligent miteinander kommunizieren, und deshalb ist es wichtig, dass wir auch die Mitarbeiter haben, die diese technischen Herausforderungen programmieren können und den direkten Kontakt zum Kunden haben. Wenn da ein Mitarbeiter oder die frühere Führungsmannschaft abspringen würde, wäre ein solcher Deal nicht mehr zukunftsfähig“, ergänzt Sautter. Ein Lager von rund 30 000 Ersatzteilen, das im Rahmen der Insolvenz bewertet werden musste und mit denen die neuen Zech Group – Mitarbeiter beim Kunden nicht nur im Notfall schnellen Service leisten könnten, ist im Rahmen eines Asset Deals aus der Insolvenz zwar eine Berechnungsgröße für den Kaufpreis. „Aber wichtiger sind die Mitarbeiter“, so Sautter. Und so wurde auch die frühere Führungsmannschaft der Quintec um Stefan Vömel im Rahmen einer Festanstellung übernommen, anstatt der sonst üblichen Beraterverträge für die Verkäufer.


Interview mit Volker Wintergerst, Wintergerst Societät für Unternehmer-Beratung GmbH & Co KG

Unternehmeredition: Herr Wintergerst, was war die Herausforderung bei der Umsetzung dieser Transaktion?

Volker Wintergerst

Wintergerst: Die spezielle Herausforderung war, dass das Unternehmen total innovativ aufgestellt war. Im Bereich von digitalen Lösungen zur Gebäudeautomatisation ist das Unternehmen sehr weit und hat ein gewisses Alleinstellungsmerkmal, das auch für größere Unternehmen, wie beispielsweise Konzerne, interessant war. Das bot deutliche Vorteile beim Verkauf.

Welche waren das?

Normalerweise müssen Verkäufe aus der Insolvenz immer sehr schnell erfolgen. In diesem Fall hatten wir für den Verkaufsprozess sechs Monate Zeit und konnten somit eine breite Ansprache an mögliche Käufer durchführen. Die Transaktionsstrategie lehnte sich insofern an einen Verkaufsprozess an, der üblicherweise auch für Unternehmen außerhalb einer Insolvenz gewählt wird. So kam eine zweistellige Zahl an Interessenten zusammen, darunter sowohl Finanzinvestoren als auch strategische Investoren. Am Ende konnten wir mit fünf Interessenten Verkaufsverhandlungen führen.

Wie fiel die Wahl dann auf die Zech-Group?

Zum einen war die Quintec für die Tochtergesellschaft ROM Technik schon jahrelang tätig. Man kannte sich, und jeder wusste, wie der andere tickte. Strategisch ist so etwas wichtig, wenn man ein kleines Unternehmen an ein erheblich größeres Unternehmen mit Konzernstrukturen verkaufen möchte. Da geht es nicht nur um Themen wie Reporting oder Controlling-Tools, die bei einem größeren Unternehmen ausgeprägter sind, sondern vor allem auch darum, die Mitarbeiter mitzunehmen. Das sind wichtige Skills. Wir haben dann einen Wettbewerb um das beste Konzept und den besten Kaufpreis zwischen den Interessenten initiiert. Die Zech-Group legte schließlich das attraktivste Angebot vor.


Kurzprofil Quintec Smart Technology GmbH

Gründungsjahr: 1996 (als Quintec Automation GmbH)

Branche: Gebäude- und Anlagentechnik

Firmensitz: Pleidelsheim

Umsatz:  3 Mio. EUR

Mitarbeiter: 34

www.quintecgmbh.com

Autorenprofil
Torsten Holler

Der Wirtschaftsjournalist Torsten Holler schreibt seit 1987 regelmäßig für renommierte Wirtschaftsmedien über verschiedenste Themen.

Vorheriger ArtikelSÜDVERS nimmt Wechsel im Aufsichtsrat vor
Nächster ArtikelWirtschaftsprognosen: Stimmung sinkt weiter