„Unsere Vision ist, den Umsatz innerhalb der nächsten zehn Jahre zu verdoppeln“

Friedrich Schleich hat das Unternehmen 1935 gegründet. Der Mythos „Schleich Figuren“ wurde in den 50er-Jahren begründet, mit Comicfiguren wie den Schlümpfen, Biene Maja oder Snoopy. Ab den 1980er-Jahren kamen selbst entwickelte Tierfiguren als Produkte hinzu, die möglichst naturgetreu hergestellt werden. Heute zählt Schleich zu den größten Spielwarenherstellern in Deutschland. Im Interview spricht Paul Kraut, geschäftsführender Gesellschafter der Schleich GmbH, über die Zusammenarbeit mit dem Finanzinvestor HgCapital im Zuge einer Nachfolgelösung und seine Zukunftsvision.

Unternehmeredition: Herr Kraut, worin sehen Sie die wesentlichen Erfolgsfaktoren Ihres Unternehmens?

Kraut:
Ich bin seit 2004 Geschäftsführer der Schleich GmbH. Der Jahresumsatz hat sich seitdem annähernd verdreifacht und beträgt heute deutlich über 100 Mio. EUR. Das Ergebnis hat sich auch gut entwickelt, als Markenhersteller müssen wir eine ansprechende Marge haben. Unser Erfolg basiert vor allem auf Nachhaltigkeit, herausragender Produktqualität und dem beständigen Willen zur Innovation. Wir haben drei große Bereiche: Nature (Farmlife, Wildlife), History (z.B. Dinosaurier, Ritter) und Fantasy (z.B. Elfenwelt). Traditionell ist Nature der größte Bereich, seit 2007 sind wir extrem stark im Bereich Fantasy gewachsen, sodass beide Segmente heute etwa gleich groß sind, History ist der kleinste Bereich. Wir schaffen es, jedes Jahr etwa 25% unserer Produkte zu erneuern. Aktuell haben wir 540 Figuren im Portfolio, 2013 werden 100 bis 125 neue Produkte hinzukommen, etwa 150 werden wir auslisten. Wir sind über die Jahre hinweg stetig mit Augenmaß gewachsen und versuchen, im Kernsortiment frisch zu bleiben. Dieses Jahr haben wir besonders auf Fantasy und Dinosaurier gesetzt, nächstes Jahr kommen wieder neue Ritter hinzu. Im Gegensatz zu den meisten Wettbewerbern setzen wir noch stark auf den Standort Deutschland. Wir haben den Werkzeugbau und vor allem unsere Forschung und Entwicklung komplett in Deutschland, auch die Qualitätssicherung ist hier. Darüber hinaus verfügen wir über Fertigungsstätten in Deutschland, Portugal, Tunesien, Moldawien und in China und haben langjährige Beziehungen zu unseren Kooperationspartnern. Außerdem forschen wir an alternativen Materialien, die uns langfristig unabhängig von erdölbasierten Rohstoffen machen sollen, wie etwa Flüssigholz oder milchsäurebasierten Kunststoffen.
Unternehmeredition: Mehrheitseigner von Schleich ist seit Dezember 2006 die Private-Equity-Gesellschaft HgCapital. Weiterer Gesellschafter ist neben Ihnen Ihr Geschäftsführerkollege Erich Schefold. Was waren die Motive dahinter?

Kraut: Der Auslöser war eine Nachfolgeregelung. Nachdem Friedrich Schleich das 1935 gegründete Unternehmen relativ spät 1976 an Hermann Schneider verkauft hatte, musste die Firma nach einer Wachstumsphase infolge von Schwierigkeiten im Lizenzgeschäft 1986 Konkurs anmelden. Schließlich stellte sich auch für die neuen drei Gesellschafter Paul Kraut, Franz-Ulrich Köster und Klaus Schwarz die Nachfolgefrage. Ich arbeite seit 1999 bei Schleich und habe 2004 die Geschäftsführung von Köster sowie einen Teil der Anteile meines Vaters Paul Kraut übernommen. Da es für mich finanziell nicht möglich war, wie vorgeschlagen die restlichen Firmenanteile zu übernehmen, kam es 2006 zur Idee, eine Private-Equity-Gesellschaft mit einzubinden. Seitdem halte ich 20% am Unternehmen, mein Geschäftsführer-Partner Erich Schefold, der als ehemaliger CFO von Gardena über einen Management Buy-in hinzukam, 3%, der Rest liegt bei HgCapital.
Unternehmeredition: Wie ist die bisherige Zusammenarbeit mit dem Investor? Welche Exit-Strategie ist geplant?

Kraut:
Die Zusammenarbeit zwischen HgCapital und uns funktioniert gut. Der Finanzinvestor glaubt an unseren Businessplan, fungiert als Sparringspartner, mischt sich aber ansonsten nicht in die Geschäftsführung ein. Ich könnte mir auch nicht vorstellen, mit einer Private-Equity-Gesellschaft zusammenzuarbeiten, die aktiv in die Geschäftsführung eingreift. Ich halte es nicht für durchführbar, ein Unternehmen rein auf der Basis von Finanzkennzahlen zu führen. Das Thema Exit steht seit dem ersten Tag auf der Tagesordnung, wir sprechen regelmäßig darüber, aber es gibt noch keinen konkreten Exit-Plan. Wir haben alles vorbereitet, z.B. die Bilanzierung auf IFRS umgestellt. Die meisten PE-Gesellschaften sagen, sie bleiben sechs bis sieben Jahre und gehen dann meist nach zwei bis drei Jahren, da rechnerisch der IRR durch eine kurze Haltezeit besser wird. HgCapital glaubt an uns und will die weitere Wertentwicklung abwarten, um einen guten Exit zu erzielen. Sie betreiben ein gutes Portfoliomanagement und stehen nicht unter Verkaufsdruck, der Fonds läuft zehn Jahre. Es gibt grundsätzlich drei Exit-Möglichkeiten: Verkauf an einen Finanzinvestor, an einen Strategen oder ein Börsengang. Alle Optionen sind offen.
Unternehmeredition: Wie schätzen Sie die weiteren Zukunftsaussichten Ihres Unternehmens ein? Was ist Ihre Vision?

Kraut:
Wir sehen noch ausreichend Wachstumspotenzial in unseren Stammmärkten. Wir sind aktuell in 60 Ländern vertreten. Unsere wichtigsten Märkte sind USA, Japan, England, Frankreich, Deutschland, Spanien, in diesen Ländern besitzen wir auch eigene Vertriebsgesellschaften. Natürlich stehen auch die BRIC-Staaten auf unserer Agenda. Wir folgen keinen kurzfristigen Trends und wollen auch nicht um jeden Preis expandieren, sondern vernünftig und nachhaltig wachsen. Nachhaltigkeit ist insbesondere in der Spielwarenbranche ein wesentlicher Erfolgsfaktor, um sich gegenüber den unzähligen Spielwarenanbietern auch international als langfristiger und verlässlicher Partner des Handels zu etablieren. Unsere Vision ist, den Umsatz innerhalb der nächsten zehn Jahre zu verdoppeln.

Unternehmeredition: Was sind aus Ihrer Sicht die wichtigsten Erfolgsfaktoren und Herausforderungen für Unternehmer im Umgang mit Private Equity?

Kraut:
Wichtig ist von beiden Seiten eine schonungslose Ehrlichkeit und Offenheit im Umgang miteinander. Gleichzeit muss man akzeptieren, dass Finanzinvestoren und Unternehmer nun einmal vollkommen verschieden sind. Man muss sich die Unterschiede sehr genau bewusst machen und diese akzeptieren, dann kann man gut zusammenarbeiten. Schließlich ist es nur eine Partnerschaft auf Zeit. Man darf sich nicht verbiegen und sollte sich selbst treu bleiben.
Unternehmeredition: Herr Kraut, vielen Dank für das Gespräch!

Das Interview führte Markus Hofelich.
markus.hofelich@unternehmeredition.de

Zur Person: Paul Kraut
Paul Kraut ist geschäftsführender Gesellschafter der Schleich GmbH (www.schleich-s.com). Das Unternehmen mit Hauptsitz in Schwäbisch Gmünd ist in 60 Ländern vertreten und zählt mit einem Jahresumsatz von über 100 Mio. EUR zu den größten Spielwarenherstellern in Deutschland.

Autorenprofil

Martin Bellof ist Gastautor.

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