Das von KfW Research geschätzte Neugeschäft deutscher Banken mit Unternehmen und Selbstständigen ist im ersten Quartal 2025 gegenüber dem Vorjahreszeitraum um 2,9% gewachsen. Die positive konjunkturelle Entwicklung, ausgelöst durch Vorzieheffekte im Handel mit den USA sowie sinkende Kreditzinsen, konnte die verhaltene Kreditnachfrage nur leicht anheben. Kurzfristige Kredite mit Laufzeiten unter einem Jahr profitierten besonders von den günstigen Zinskonditionen. Dennoch blieb das Gesamtvolumen angesichts der Inflationsrate auf einem schwachen Niveau. Unternehmen zögerten weiterhin, neue Kredite aufzunehmen. Nach Einschätzung von KfW Research bleibt die Entwicklung des Kreditmarkts aufgrund der konjunkturellen Unsicherheiten, insbesondere durch die US-Zollpolitik, schwer vorhersehbar.
Zollpolitik dämpft Investitionsneigung
Der im April 2025 deutlich gestiegene protektionistische Kurs der USA hat die Investitionspläne vieler Unternehmen negativ beeinflusst. Laut KfW Research wirkt die handelspolitische Unsicherheit als erheblicher Hemmschuh. Zwar wurde Ende Juli ein neues Zollabkommen zwischen der EU und den USA geschlossen, dieses schafft jedoch nur begrenzt Vertrauen. Der Basiszollsatz von 15% für die meisten Güter bleibt bestehen und beeinträchtigt weiterhin die Planungssicherheit. Die Investitionsbereitschaft der Unternehmen könnte sich weiter abschwächen, sollte sich der wirtschaftliche Effekt des Zollschocks verstärken.
Positiv auf das Kreditneugeschäft wirken hingegen verschiedene politische Maßnahmen. Die seit Juli 2025 gültigen verbesserten Abschreibungsmöglichkeiten sollen Investitionen fördern. Auch die Initiative „Made for Germany“ sowie die Investitionspläne in sicherheitsrelevanten Branchen, wie der Verteidigungs- oder Bauindustrie, könnten die Nachfrage nach Finanzierungsmitteln erhöhen. KfW Research erwartet deshalb für das laufende Jahr ein moderates Wachstum der nominalen Investitionsausgaben um rund 3% im Vergleich zum Vorjahr. Diese Entwicklung dürfte sich auch stabilisierend auf das Kreditneugeschäft auswirken.
Steigender Finanzierungsbedarf bei Unternehmen
Die Nachfrage nach Unternehmenskrediten zeigt laut Bank Lending Survey im zweiten Quartal einen deutlichen Anstieg. Auch die KfW-ifo-Kredithürde signalisiere, dass insbesondere große Unternehmen vermehrt Kreditgespräche führen. Für kleine und mittlere Unternehmen bleiben die Zugangsbedingungen jedoch schwierig. Der gestiegene Finanzierungsbedarf ergibt sich unter anderem aus der Absicherung gegen handelspolitische Risiken sowie dem Aufbau von Lagerbeständen. Zudem wird erwartet, dass das angekündigte Fiskalpaket den Mittelbedarf für Investitionen weiter ansteigen lässt.
Die Entwicklung der Kreditzinsen bleibt weiterhin ein relevanter Faktor für das Neugeschäft. Im April und Mai sanken insbesondere die kurzfristigen Zinsen erneut leicht. Banken profitieren von einer weiterhin günstigen Refinanzierung und verfügen dadurch über Spielraum für weitere Zinssenkungen, vor allem bei kürzeren Laufzeiten. Bei langfristigen Krediten ist das Potenzial hingegen weitgehend ausgeschöpft, da die erwarteten Leitzinssenkungen bereits eingepreist wurden.
Restriktive Vergabepraxis der Banken bleibt bestehen
Trotz der gestiegenen Nachfrage agieren Banken bei der Kreditvergabe weiterhin zurückhaltend. Die potenziellen negativen Effekte der US-Zollpolitik auf Kreditqualität und Bankbilanzen sind schwer abschätzbar. Besonders kleine und mittlere Unternehmen sind laut KfW-ifo-Kredithürde betroffen. Eine Lockerung der Kreditstandards wird erst erwartet, wenn sich das konjunkturelle Umfeld spürbar stabilisiert. Ausnahmen bilden Unternehmen der Rüstungsindustrie, für die sich der Kreditzugang bereits verbessert hat. Mehrere deutsche Banken haben angekündigt, ihre Richtlinien in diesem Bereich anzupassen, um verteidigungsbezogene Investitionen zu unterstützen.
Insgesamt bleibt das Wachstum des Kreditneugeschäfts hinter den Erwartungen zurück. Die Auswirkungen der internationalen Handelspolitik wirken weiterhin bremsend. Dennoch sieht KfW Research für das laufende Quartal Anzeichen einer leichten Belebung. Voraussetzung für eine nachhaltige Verbesserung sind jedoch stabilere Rahmenbedingungen und eine klarere wirtschaftliche Perspektive. Nur dann werden Unternehmen wieder stärker bereit sein, sich langfristig zu binden, und Banken von ihrer vorsichtigen Haltung abweichen.
Als Redakteur der Unternehmeredition berichtet Alexander Görbing regelmäßig über Unternehmen und das Wirtschaftsgeschehen. Zu seinen Schwerpunkten gehören Restrukturierungen, M&A-Prozesse, Finanzierungen und Tech-Start-ups.