Serie Unternehmerdynastien: Gerhard D. Wempe KG
Auf eigenen Wegen zurück ins Familienunternehmen
Den Pelzmantel gab sie zurück. Nein, so ein Abiturgeschenk wollte Kim-Eva Wempe nicht. Längst schon war die Juwelierkette Wempe einer der größten Schmuck- und Uhrenhändler Deutschlands. Doch mit einem goldenen Löffel im Mund aufzuwachsen, das war der Hamburger Abiturientin zuwider. Sie wollte sich nicht ins gemachte Nest setzen und lieber Balletttänzerin werden. Aber Primaballerina werden nur die wenigsten, auch eine Kim-Eva Wempe nicht unbedingt. Und so heuerte sie nach dem Besuch einer Fremdsprachenschule bei einer Gärtnerei an. Ein halbes Jahr pflanzte sie Salat an – in einem Familienunternehmen. Dort wurde ihr bewusst, wie erfüllend es sein kann, selbst Verantwortung für ein Familienunternehmen zu tragen. Doch dem Vater gestand sie das nicht ein – noch nicht. Sie suchte sich Praktika bei Schmuckfabrikanten und Uhrenmanufakturen in der Schweiz, Italien, den USA und Asien, saugte dort Wissen in sich auf. Sie war 21, als sie ihrem Vater im Flug nach New York sagte: “Ich möchte bei dir in der Firma eine Ausbildung machen.” Der reagierte zwar nach außen eher nüchtern, aber innerlich jubelte er. Langsam führte er die Tochter an ihre Aufgabe für die Firmennachfolge in vierter Generation heran.
Grundsteinlegung für das Familienimperium vor 130 Jahren
Der erste Unternehmer der Familie Wempe war der gelernte Uhrmacher Gerhard Diedrich Wilhelm Wempe, der die Firma am 5. Mai 1878 gründete. Mit 21 Jahren und einem Startkapital von 80 Mark machte sich der Firmengründer selbstständig. Noch “ahnt niemand, dass damit der Grundstein für ein international operierendes Familienunternehmen gelegt wird”, heißt es in der Firmenhistorie. In wenigen Jahren baute der Juwelier sein Geschäft aus. Noch vor dem Ersten Weltkrieg eröffnete er in Hamburg fünf Filialen. Der Firmengründer starb 1921, doch die Nachkommen führten das Geschäft fort. Unter der Ägide von Hellmut Wempe, dem Vater von Kim-Eva Wempe, expandierte die Firma stark. 1984 startete Kim-Eva ein Betriebswirtschaftsstudium an der Hamburger Wirtschaftsakademie, das sie 1987 abschloss. Parallel arbeitete sie sich in die Aufgabenbereiche des Unternehmens ein: Einkauf, Disposition, Personal und Marketing. Mit dem Diplom wurde sie Gesellschafterin des Unternehmens. Doch noch 16 Jahre sollte es dauern, bis sie ganz übernehmen durfte. Zu sehr hing ihr Vater noch am Geschäft.
Einzige Tochter tritt die Nachfolge an
“Unternehmerin des Jahres”
Blick auf die Zukunft
Die Wempe-Chefin ist mit dem Lederdesigner Fritz Ahrens verheiratet. Täglich fährt sie ihre Kinder Scott und Chiara in die Schule; nur wenn sie auf Auslandsbesuch in einer der Filialen weilt, übernimmt der Ehemann. Und wie hält es die Tochter mit dem Generationswechsel? Sie will es so machen wie ihr Vater. “Bis zum 32. Lebensjahr lasse ich meinen Kindern Zeit, sich zu entscheiden.” Sollten Tochter und Sohn andere Pläne haben, hat sie vorgesorgt. “Dann übertrage ich das Firmenvermögen auf eine Stiftung.” So hatte es der Vater auch geplant – für den Fall, die Tochter hätte nicht gewollt.
Thomas Grether
redaktion@unternehmeredition.de
Kurzprofil: Gerhard D. Wempe KG
Gründungsjahr: 1878
Branche: Uhrenhersteller und Luxusuhren- und Schmuckhändler
Unternehmenssitz: Hamburg
Mitarbeiter: 520
Umsatz 2009: 180 Mio. EUR
Internet: www.wempe.de