Bei der Planung des nächsten Wachstumsschritts bieten sich Unternehmen verschiedene Möglichkeiten. Banken als mögliche Finanzierer schauen sich neben dem Geschäftsmodell auch die Eigenkapitalquote des Unternehmens an. Durch eine stille Beteiligung können MBGen als „Partner auf Zeit“ die Zugangsvoraussetzungen für Kredite deutlich verbessern und auf diese Weise die Entwicklung der Unternehmen beschleunigen. Wir schildern Ihnen einige positive Beispiele für erfolgreiche Kooperationen.
Fath wächst weltweit mit starkem Partner
„Wir wollen jedes Jahr die Märkte von zwei Ländern erobern“, lautet das angriffslustige Motto von Wido Fath, Geschäftsführer der Fath GmbH. Dass es seine Firma, die für Maschinenbaukomponenten und Lean Production steht, ernst damit meint, hat sie seit 1997 eindrucksvoll bewiesen. Inzwischen kann das Unternehmen aus dem mittelfränkischen Spalt auf 350 Mitarbeitende und zahlreiche Standorte in Mexiko, Brasilien, China, den USA, Ungarn, Großbritannien und den Niederlanden verweisen. Dabei verfolgt Fath möglichst die Strategie, vor Ort „Experience Factories“ zu schaffen, bei denen sich Kunden quasi live über die Vorteile der Produkte für Fertigungsoptimierung und Automatisierung informieren können. „Sie können einem Lean-Unternehmen keinen Mehrwert bieten, wenn Sie das selbst nicht leben und produzieren“, so Fath.
Produktion in „Lean 4.0“
Für den nächsten größeren Wachstumsschritt suchte Fath vor einigen Jahren einen Finanzierungspartner und fand schnell Kontakt mit der Bayerischen Beteiligungsgesellschaft (BayBG). „Die Gespräche verliefen sehr positiv und das Mezzanine-Kapital hat uns die Möglichkeit für eine weitere und nachhaltige Expansion gegeben“, erinnert sich der Geschäftsführer. Auch die BayBG war und ist vom Unternehmen überzeugt: „Die Gespräche liefen unkompliziert und Wido Fath und seine Mannschaft beeindruckten uns durch hohe Fachkompetenz und Engagement“, so Ruth Diringer, Senior-Investmentmanagerin bei der BayBG. „Wir waren uns sicher, dass das mit der Zusammenarbeit passt und dass wir gemeinsam eine echte Erfolgsgeschichte schreiben können.“
Und so kam es dann auch. Unter dem Motto „Lean 4.0“ wurden seitdem vielzählige neue Produkte entwickelt oder modernisiert. Am Firmensitz in Spalt hat Fath 2019 zudem ein neues Logistikzentrum gebaut und kräftig in neue Werkzeuge investiert. Ein weiteres Feld für die Produktentwicklung sieht er in der Vernetzung von Maschinen und Intralogistik: Durch eine Kombination von analogen und digitalen Produkten würden den Herstellern neue Möglichkeiten eröffnet.
Wachstum geht weiter
Fath ist mit seiner Entwicklung noch nicht fertig. Der nach eigenen Angaben Marktführer im Bereich von Aluminiumprofilsystemen hat neue Märkte und neue Kunden fest im Blick. Der Geschäftsführer plant eine kontinuierliche Expansion durch organisches Wachstum und Übernahmen. Für die Finanzierung dieser nächsten Schritte kann er sich auch eine weitere Zusammenarbeit mit der BayBG hervorragend vorstellen.
Aus der Not eine Tugend gemacht
Seit mehr als einem Jahr liegt die Messebranche praktisch am Boden. Die Coronapandemie hat die Messegesellschaften davon abgehalten, die üblichen Events durchzuführen. Diese außergewöhnliche Situation machte dann auch ungewöhnliche Maßnahmen notwendig. Das war die Chance für die rooom AG aus Jena in Thüringen. Das junge Unternehmen wollte mit einer selbstentwickelten 3D-Visualisierungslösung im vergangenen Jahr an den Markt gehen – aber die Coronapandemie machte Hans Elstner und seinem Team einen Strich durch die Rechnung. Kunden stornierten ihre Projekte; die geplanten Roadshows und Messen konnten nicht stattfinden.
200.000 Besucher aus dem Stand
In dieser misslichen Lage – kurz vor dem Start des eigenen Business – war guter Rat teuer. Aus dieser ungewöhnlichen Situation heraus entstand die Idee, mithilfe der eigenen 3D-Technologie selbst eine virtuelle Messe anzubieten. „Das war am Anfang eine verrückte Idee, aber wir haben sehr schnell zahlreiche Anfragen erhalten“, erinnert sich CEO Elstner. Schließlich entwickelte sich das neue Business so gut, dass im Herbst die digitale Internationale Funkausstellung (IFA) der Messegesellschaft Berlin durchgeführt werden konnte. Aus dem Stand wohnten 200.000 Besucher diesem vollkommen neuen Konzept bei. Inzwischen steht das Telefon bei Hans Elstner nicht mehr still, denn mit der virtuellen IFA hat die rooom AG Maßstäbe gesetzt.
Expansion in die USA
Parallel läuft das ursprüngliche Geschäft mit einfach zu handhabenden 3D-Visualisierungen für Unternehmen weiter. Diese Technologie, die auf einem normalen Webbrowser und auch ohne eigene Software läuft, wurde zwischen 2012 und 2016 entwickelt. Für die Finanzierung dieser Entwicklung und des weiteren Wachstums wurde 2019 eine Seed-Runde mit einem Volumen von 1,9 Mio. EUR aufgesetzt. Beteiligt war unter anderem die MBG Thüringen. Die zweite Finanzierungsrunde (Series A) mit einem Volumen von 4 Mio. EUR stellte die Weichen für den nächsten Wachstumsschritt und eine Expansion in die USA. Auch die Zahl der Mitarbeitenden geht steil nach oben – allein 2021 um 35 auf knapp 80 Digitalfachleute. Die Erfolgsstory kann also weitergehen.
Ordnerweise Dokumente schnell erfasst
Automatische Texterkennung von Dokumenten existiert schon seit über 20 Jahren. Die Technik hat sich verfeinert und die Fehlerquote nimmt immer weiter ab. Aber was soll nun das Besondere an einem Tech-Start-up sein, das sich mit einer Dokumenterkennung auseinandersetzt? Ist das nicht ein alter Hut? Weit gefehlt – denn noch immer kann eine erhebliche Anzahl aller physischen und digitalen Dokumente nicht korrekt und sinnerhaltend ausgelesen werden. Die Digitalisierung von Prozessketten in Unternehmen und Behörden wird dadurch behindert. Eine Lösung bietet die Rostocker Aible GmbH: Sie entwickelt intelligente und maßgeschneiderte Produkte für die Erkennung, Prüfung und Verarbeitung von Dokumenten. Durch den Einsatz dieser Technologie in Aibles Lösungen können Dokumente pixelgenau analysiert werden. Der Vorteil: Selbst komplexe Dokumente mit vielen Informationen und Abhängigkeiten werden mit Erkennungsraten bis 99% ausgelesen. „Einmal antrainiert, weiß unsere Engine, was sie machen soll, und entwickelt sich im Betrieb immer weiter“, erklärt CEO Dr. Richard Bredow.
Betrug wird sofort erkannt
Als Goodie gibt es auf Wunsch noch eine automatisierte Betrugserkennung. „Durch die Digitalisierung hat die Zahl der Tools zur Dokumentenfälschung enorm zugenommen. Effiziente Lösungen zur Betrugserkennung steckten bisher jedoch noch in den Kinderschuhen. Genau da setzen wir mit unserer Fraud Detection an“, sagt Dr. Bredow. Der wesentliche Vorteil der Software liegt in ihrer Geschwindigkeit und geringen Fehlerquote. Bisher mussten mehrere Hundert Seiten Kontoauszüge bei einem Kreditantrag händisch überprüft werden – das ist dank Aible nun vorbei. Genutzt wird das System von Versicherungen, Banken und inzwischen auch Behörden.
Zweite Finanzierungsrunde
Der Kontakt zur MBG Mecklenburg-Vorpommern kam schnell nach der Gründung im Jahr 2017 durch einen Rostocker Steuerberater zustande, der sich mit den Unterstützungsmöglichkeiten für junge Unternehmen gut auskannte. Inzwischen wurden zwei Finanzierungsrunden absolviert und neben der MBG ist auch ein privatwirtschaftlicher Partner mit eingestiegen. Das Unternehmen ist bereits auf 16 Mitarbeitende gewachsen. Erfreulicherweise treffen immer wieder Bewerbungen von hoch qualifizierten Nachwuchskräften ein. „Wir haben uns in der Szene einen guten Ruf erarbeitet und die Leute, die sich bei uns bewerben, wollen hier in der Region bleiben“, so Dr. Bredow. Mario Mietsch, Teamleiter Markt Beteiligungen, Mittelständische Beteiligungsgesellschaft Mecklenburg-Vorpommern mbH (MBMV), zur guten Kooperation: „Insbesondere der bereits in der Gründungsphase weit fortgeschrittene Entwicklungsgrad der Technologie hat uns von Aibles nachhaltigem Wachstumspotenzial überzeugt.“
Lieferdienstkonzern setzt auf Umweltschutz
In der Coronapandemie gehörten Lieferservices zu den Krisengewinnern. Restaurants mussten schließen; die bunten Fahrradboten brachten die Gerichte zur Kundschaft. Ein Nachteil der To-go-Gerichte ist aber der erhebliche Müll durch die Verpackungen der Speisen. Dieses weltweite Problem von zunehmendem Verpackungsmüll erkannte Eduardo Gordillo schon früh und gründete schließlich im Jahr 2017 das Unternehmen Bio-Lutions. Die patentierte Technologie beruht darauf, aus Agrarfasern umweltfreundliche Verpackungsmaterialien zu erstellen. Grundmaterialien sind beispielsweise Tomatenstengel oder andere Teile von Pflanzen, die nicht zum Verzehr geeignet sind.
Erste Anlage in Indien errichtet
Besonders in den Ländern Asiens sind die Probleme von Plastikmüll weitaus gravierender und sichtbarer als hier in Europa. Folgerichtig wurde die erste Produktionsanlage in Indien errichtet. Inzwischen befindet sich dort ein kleiner Industriekomplex, der täglich drei Tonnen Verpackungsmaterial herstellen kann. 2018 erfolgte dann der Schritt nach Deutschland. Im brandenburgischen Schwedt/Oder an der polnischen Grenze fanden die Manager schließlich eine Fabrik für Eierkartons, die kurz zuvor geschlossen worden war. Zusammen mit den früheren Beschäftigten, die sich im Bereich Verpackungen bestens auskennen, wird nun ein erster Produktionsstandort in Deutschland aufgebaut.
Die Eröffnung der Produktion ist noch für dieses Jahr vorgesehen. Hergestellt werden Schalen für Fisch, Fleisch und Obst, die sonst aus Plastik produziert würden. Für die Finanzierung dieser Fabrik wandte sich Gordillo an die Mittelständische Beteiligungsgesellschaft Berlin-Brandenburg (MBG BB). „Bei einem Produktionsstandort wäre die Finanzierung ausschließlich mit Venture Capital beziehungsweise Eigenkapital viel zu teuer. Die stille Beteiligung war für uns die beste Lösung“, erklärt Gordillo. Die Zusammenarbeit mit der MBG BB funktioniert seitdem hervorragend und es wurden wichtige Netzwerkkontakte vermittelt.
Delivery Hero hat bei Bio-Lutions investiert
In einer ersten großen Finanzierungsrunde für das weitere Wachstum konnte Bio-Lutions unter anderem den weltweit agierenden Lieferdienst Delivery Hero gewinnen. Weiterer Investor ist die Deutsche Investitions- und Entwicklungsgesellschaft (DEG). Für die Zukunft hat sich Gordillo viel vorgenommen: „Wir wollen Produktionsanlagen in 40 Ländern errichten. Und mit unseren Investoren haben wir mögliche Kunden gleich mit an Bord.“
Lesen Sie hier auch das Interview zu diesem Beitrag in unserer Serie Corporate Finance nach Corona.
Dieser Beitrag erschien in der Unternehmeredition 2/2021.
Als Redakteur der Unternehmeredition berichtet Alexander Görbing regelmäßig über Unternehmen und das Wirtschaftsgeschehen. Zu seinen Schwerpunkten gehören dabei Restrukturierungen, M&A-Prozesse, Finanzierungen sowie Tech-Startups.