Zwischen Konzern und Tradition

Stihl hat sich vom Stuttgarter Ingenieursbüro zur weltweit bekanntesten Motorsägenmarke entwickelt. Im internationalen Vergleich kann das Unternehmen mit zweierlei punkten: Mit den Werten eines Familienunternehmens und der Macht eines Konzerns.

Doch als deutsches Familienunternehmen hat Stihl einen besonderen, einen ideellen Qualitätsanspruch. „Spitzenqualität, Kundenorientierung und Innovation“ lautet das Markenversprechen. Um sicherzustellen, dass es auch im Ausland bei jedem Mitarbeiter ankommt, greift das Unternehmen zu unterschiedlichen Strategien. „Wir haben an jedem Standort eine Firmenkultur entwickelt, um unsere Strategien, Ziele und Werte zu verwirklichen“, sagt Kandziora. In China etwa sei die Personalfluktuation sehr hoch. Nach Chinese New Year könne schon mal ein Fünftel der Belegschaft fehlen. Die müssen neu eingestellt und geschult werden. Damit die Qualität nicht leidet, haben die Schwaben verlässliche Systeme hinterlegt, ähnlich wie bei den Lieferanten.

Firmenkultur bei Stihl ist entscheidend

Und sie stärken die Firmenzugehörigkeit der Mitarbeiter. Mitarbeiterzeitschriften spielen eine wichtige Rolle, auch an den Auslandsstandorten China, Brasilien und USA. Dort kommen nicht nur Unternehmensneuigkeiten zur Sprache, sondern auch Persönliches wie Hochzeiten, der Nachwuchs der Mitarbeiter und die alljährlichen Betriebsfeiern. Auch Ausbildung nach deutschem System komme an allen Standorten sehr gut an. Und die Jubiläen der Mitarbeiter spielen eine wichtige Rolle. Jedes 25-, 40- und 50-jährige Jubiläum wird gefeiert, auch wenn es sich nur um einen einzelnen Mitarbeiter handelt. Vor Kurzem gab es eine Feier für eine Jubilarin aus der Fabrik für Vergaser bei Hongkong. Die fand auf einer Motoryacht statt, die gesamte Belegschaft umrundete die Hong Kong Bay – Kandziora eingeschlossen. Bei den Mitarbeitern in Brasilien steht die Dauer der Betriebszugehörigkeit auf den Firmenausweisen.

Starke Familie: Der Gründer Andreas Stihl mit seinen Kindern Eva Mayr-Stihl und Hans Peter Stihl. Sie leiteten das Unternehmen bis 2002 und wechselten dann in den Beirat (© Stihl Holding AG & Co. KG)
Starke Familie: Der Gründer Andreas Stihl mit seinen Kindern Eva Mayr-Stihl und Hans Peter Stihl. Sie leiteten das Unternehmen bis 2002 und wechselten dann in den Beirat. (© Stihl Holding AG & Co. KG)

Auch die Fachhändler müssen Philosophie und Anspruch des schwäbischen Unternehmens verinnerlichen. „Sie bilden den ersten Kontakt zum Kunden. Da darf nichts schieflaufen“, so Kandziora. Damit das nicht passiert, suchen die Stihler ihre Fachhändler genau aus. Und sie sparen nicht an Schulungen. Klassisch sind Service und Reparatur, doch es können auch betriebswirtschaftliche Themen oder Verkaufsgespräche sein. Kontrolliert wird per Stichprobe – ein aufwendiges und teures System. „Wir hatten auch schon Fachhändler, die wieder ausgestiegen sind, weil ihnen die Anforderungen zu hoch waren“, erzählt Kandziora. Und es gibt auch diejenigen, die sie einfach missachten. Stihl-Geräte sind vereinzelt über Amazon zu erhalten – ein No-Go in der Welt des traditionsbewussten Qualitätsherstellers. Und explizit in den Fachhandelsverträgen ausgeschlossen. Stihl kauft die so verbreiteten Produkte dann selbst auf und überprüft per Seriennummer, welcher Fachhändler an den Internetriesen verkauft hat.

Der Vertrieb über die Fachhändler ist bestimmt der längere und teurere Weg. Aber es ist auch der nachhaltigere. In Brasilien hatte Stihl lange Jahre hohe Wachstumsraten, jeden Tag kam ein neuer Fachhändler dazu. Zwar hat sich die Rate jetzt abgeschwächt, aber von einer Rezession spürt das Unternehmen nichts. „Die Krise, die Brasilien momentan hat, haben wir mit unseren Verkäufen dort nicht.“

Kurzprofil Stihl Holding AG & Co. KG

 Gründungsjahr 1926
 Branche Elektrogeräte zur Garten- und Landschaftspflege
 Unternehmenssitz  Waiblingen (b. Stuttgart)
Umsatz 2015 3,25 Mrd. Euro
 Mitarbeiterzahl ca. 14.200 (weltweit)

www.stihl.de

Autorenprofil

Verena Wenzelis war bis Juli 2016 Redakteurin bei der Unternehmeredition.

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