Stefan Lindig, Welger Maschinenfabrik GmbH: Mit offenem Visier und ohne Angst vor Veränderungen (Ausgabe 4/2008)

Wie der Turnaround gelingt

So individuell die einzelnen Situationen auch sind, drei Dinge sind für einen erfolgreichen Turnaround unerlässlich: eine offene Kommunikation den Mitarbeitern gegenüber, kurzfristig generierbares Kapital und ein funktionierendes Controlling.
So individuell die einzelnen Situationen auch sind, drei Dinge sind für einen erfolgreichen Turnaround unerlässlich: eine offene Kommunikation den Mitarbeitern gegenüber, kurzfristig generierbares Kapital und ein funktionierendes Controlling.

Ohne Controlling geht nichts
Unabhängig davon, in welchen Bereichen am dringlichsten Veränderungen vorgenommen werden müssen: Am Anfang eines jeden Turnarounds sollte ein funktionierendes Kennzahlen- bzw. Controlling- und Reportingsystem stehen. Dieses muss alle Prozesse im Unternehmen durchgängig und zu jeder Zeit abbilden können. Transparenz in allen Unternehmensbereichen ist enorm wichtig. Sollte dies bis zum Krisenzeitpunkt noch nicht implementiert sein, muss es schnellstmöglich nachgeholt werden, um falsche Entscheidungen, die die Situation zusätzlich verschlechtern können, unbedingt zu vermeiden. Alle weiteren Schritte basieren darauf – und auch wenn die Situation noch so drängt, ist dieser Schritt unerlässlich. Das Hauptaugenmerk sollte hier auf ein durchgängig integriertes EDV-System gerichtet sein, das Insellösungen vermeidet und kontinuierlich die ausschlaggebenden Kennzahlen für alle Abteilungen sichtbar liefern kann.

Schnelles Geld
Die zentrale Frage ist: Wo bekommt ein Unternehmen in der Krise möglichst schnell frisches Kapital her? Allgemein gibt es drei Möglichkeiten: 1. Der Verkauf an einen Wettbewerber. In diesem Fall besteht grundsätzlich die Gefahr, dass der Käufer Patente, Produkte und Fertigung abzieht und das gekaufte Unternehmen nicht weiterführt. 2. Der Gang an die Börse: Unternehmen in Turnaround-Situationen gelten als schwieriges Investment und eignen sich daher nicht für einen Börsengang. Zusätzlich erschwert wird ein solcher Schritt durch die vielen Auflagen. 3. Die Suche nach einem Investor: Mit einem erfahrenen Berater können hier kurzfristig Kontakte zu potenziellen Investoren hergestellt werden. Kann das Unternehmen Transparenz über alle rechtlichen, steuerlichen, betriebswirtschaftlichen sowie immer mehr in den Vordergrund rückenden Umweltaspekte bieten, ist eine Prüfung und Auswahl innerhalb kürzester Zeit machbar. Zu beachten ist in einem solchen Fall vor allem, dass ein Investor gefunden wird, dessen Ziele mit denen des Unternehmens in Einklang stehen. Selbstverständlich kann ein Unternehmen auch in eigener Regie auf die Suche gehen, aber in der Regel fehlt es ihm an dezidierter Kenntnis des Private Equity-Markts und vor allem an den nötigen Kontakten. Wird ein Investor gefunden, ist es häufig der Fall, dass er auf Wunsch des Zielunternehmens früher als geplant seine Anteile zurückgibt.

Harte Einschnitte
In einer Turnaround-Situation sollte sich das Management für den Anfang auf die wichtigsten Felder beschränken und weiterführende Veränderungen erst nach und nach angehen. Dazu wiederum ist die Kenntnis der wahren Krisenursachen überlebensnotwendig. Dabei wird das Management oftmals an harten Einschnitten in die Personalstruktur nicht vorbeikommen. Auch wenn es unangenehm ist – eine klare und offene Kommunikation und die Bereitschaft zur Konfrontation mit der Belegschaft sind für einen erfolgreichen Turnaround unerlässlich. Denn dieser muss letztendlich von den Arbeitnehmern getragen werden. Ein offener und fairer Umgang ist die einzige Möglichkeit, sich auch in dieser schweren Zeit die Kooperationsbereitschaft der Mitarbeiter zu sichern. Auf einer solchen Grundlage kann versucht werden, ohne betriebsbedingte Kündigungen auszukommen und den Personalabbau durch eine Transfergesellschaft, vorzeitigen Ruhestand, Altersteilzeit und das Streichen von frei gewordenen Stellen zu bewältigen. Die verbleibenden Mitarbeiter können mit Sondertarifverträgen, Verzicht auf Sonderleistungen und reduzierter Wochenarbeitszeit ihren Beitrag zur Kostensenkung leisten. Fester Bestandteil bei der personellen Umstrukturierung sollte ein mit der Belegschaftsvertretung ausgehandelter Sozialplan sein.

Zur Person: Stefan Lindig
Stefan Lindig (wmf@welger.com) kam Ende 1998 als Prokurist zur Welger Maschinenfabrik GmbH. Kurze Zeit später stieg er in die Geschäftsführung auf. Anfang 2004 vollzog Stefan Lindig zusammen mit drei leitenden Angestellten einen Management Buyout, um das Unternehmen nachhaltig zu sanieren und neu aufzustellen. Nach einem Umsatzwachstum von 25% erreichte das Unternehmen 2005 wieder die Gewinnschwelle. Zu diesem Zeitpunkt übernahm die Investorengruppe Andlinger & Company nach Vermittlung durch die Angermann M&A International GmbH die Mehrheit der Anteile. Nach einem weiteren positiven Geschäftsverlauf veräußerte Andlinger & Company bereits 15 Monate später die Anteile an zwei strategische Investoren, mit denen Welger bereits langjährige Geschäftsbeziehungen pflegte.
www.welger.com

Autorenprofil

Stefan Lindig (wmf@welger.com) kam Ende 1998 als Prokurist zur Welger Maschinenfabrik GmbH. Kurze Zeit später stieg er in die Geschäftsführung auf. Anfang 2004 vollzog Stefan Lindig zusammen mit drei leitenden Angestellten einen Management Buyout, um das Unternehmen nachhaltig zu sanieren und neu aufzustellen. Nach einem Umsatzwachstum von 25% erreichte das Unternehmen 2005 wieder die Gewinnschwelle. Zu diesem Zeitpunkt übernahm die Investorengruppe Andlinger & Company nach Vermittlung durch die Angermann M&A International GmbH die Mehrheit der Anteile. Nach einem weiteren positiven Geschäftsverlauf veräußerte Andlinger & Company bereits 15 Monate später die Anteile an zwei strategische Investoren, mit denen Welger bereits langjährige Geschäftsbeziehungen pflegte.
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