Modernste Technik und der Verzicht auf Fernsehwerbung
„Wir verzichten auf aufwändige und teure Werbung in den Medien, weil wir der Überzeugung sind, dass ein Produkt mit einem hervorragenden Preis-Leistungs-Verhältnis für sich selbst wirbt“, heißt es auf der Website zu kostendämpfenden Maßnahmen. So gibt es auch keine teure Verpackung mit Goldpapier um den Hals oder aufwändig bedruckten Etiketten. Unbestritten ist in der Branche zudem, dass Oettinger über modernste Produktionsanlagen verfügt und die gesamte Organisation extrem schlank und effizient gehalten hat. Bei der Konkurrenz sei das Billigbier auf wenig Begeisterung gestoßen, stellte „Der Spiegel“ in einem Nachruf auf Günther Kollmar fest. Oettinger zerstöre die deutsche Bierkultur, kritisierten die Brauereichefs: keine Gastronomie, keine Kirmesauftritte, kein Bierbankverleih. Kollmar focht solcherlei nicht an: „Wir haben als Bierbrauer keinen kulturellen Auftrag“, sagte er einmal der Stuttgarter Zeitung. Heute ist Dirk Kollmar Besitzer der Brauerei, er hält 80% der GmbH-Anteile bei 100% Stimmrecht.
Während Oettinger in Osteuropa neue Brauereien eröffnete, machte sich das Unternehmen in den neuen Bundesländern zum Teil nicht wirklich beliebt. Zwar übernahm Oettinger Brauereien in Pritzwalk, Dessow und Schwerin, allerdings wurden diese Produktionsstätten geschlossen.
Wachstum klassisch über Banken und Genussscheine finanziert
Das bisherige Wachstum hat das Unternehmen klassisch über Banken finanziert. Die in der Bilanz 2011 stehenden Verbindlichkeiten gegenüber Kreditinstituten werden zur Absicherung von Zinsrisiken, die sich aus der operativen Geschäftstätigkeit ergeben, mit derivativen Finanzinstrumenten, namentlich Zinsswaps, gehedged. Zudem wurde Genussrechtskapital in Höhe von 10 Mio. EUR ausgegeben. Weitergehende Aktivitäten am Kapitalmarkt sind angesichts eines Gewinnvortrages in der Bilanz von mehr als 60 Mio. EUR nicht zu erwarten. Eine Anfrage, ob über die Begebung einer Anleihe oder andere Kapitalmaßnahmen nachgedacht werde, ließ das Unternehmen unbeantwortet.
Fazit:
Eine Familienbrauerei setzt sich mit einem Bier des unteren Preissegments an die Spitze in der Bundesrepublik. Das ist eine unternehmerische Leistung, die vor allem Investoren, die auf den Track Record eines Managements Wert legen, beeindrucken dürfte. Andererseits ist die geringe Marge – 2011 blieb nur 1% des Umsatzes als Gewinn übrig – nicht eben herausragend. In der Vergangenheit gab es daher Gerüchte, die Brauerei stehe zum Verkauf, was freilich dementiert wurde. Die Expansion ins Ausland wird über eine eigens gegründete Beratungsgesellschaft organisiert, wobei die Finanzierung Partner vor Ort übernehmen, so dass sich auch an dieser Stelle kein Kapitalbedarf ergibt.
Stefan Preuß
Kurzprofil Oettinger Brauerei GmbH
Gründungsjahr: 1956
Branche: Brauerei + Limonade
Unternehmenssitz: Oettingen (Kreis Donau/Ries, Bayern)
Mitarbeiter: 1.156 (2011)
Konzernumsatz 2011: 416,7 Mio. EUR
Gewinn nach Steuern 2011: 4,1 Mio. EUR
Internet: oettinger-bier.de
Dieser Artikel erschien auch im GoingPublic Magazin, einer Schwesterpublikation der Unternehmeredition.
Stefan Preuß ist Autor.