Schweizer Investor übernimmt Eissmann Automotive

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Der Autozulieferer Eissmann Automotive hat einen neuen Eigentümer: Die Schweizer Beteiligungsgesellschaft Axent Capital Partners übernimmt die Vermögenswerte der Unternehmensgruppe. Nach 19 Monaten Insolvenzverfahren erhält der Innenraumspezialist damit eine neue Perspektive. Rund 3.200 Arbeitsplätze weltweit bleiben erhalten. Der Kauf umfasst laut Angaben des Insolvenzverwalters Holger Leichtle sämtliche Vermögenswerte der Eissmann Automotive Deutschland GmbH in Bad Urach, der Eissmann Automotive KTSN GmbH in Pirna sowie die Anteile an den Tochtergesellschaften in Mexiko, der Slowakei, Tschechien und den Vereinigten Staaten.

Deutlicher Personalabbau

Vor der Insolvenz beschäftigte Eissmann weltweit rund 5.000 Menschen, davon etwa 1.000 an deutschen Standorten. Um die Gruppe zu erhalten, war ein umfassender Stellenabbau notwendig. Nach Angaben von Leichtle arbeiten heute noch etwa 3.200 Beschäftigte für das Unternehmen. Das Werk im thüringischen Gera wurde geschlossen, weitere Arbeitsplätze – insbesondere in der Verwaltung – fielen weg. In Bad Urach verbleiben 140 Stellen, in Pirna sind es 300. Der Personalabbau sei laut Leichtle „hart, aber unvermeidbar“ gewesen und Teil des Sanierungskonzepts des neuen Eigentümers.

Trotz der finanziellen Schieflage konnte Eissmann während des Verfahrens seine internationale Struktur aufrechterhalten. Produktionsstandorte in Europa, Mexiko und den USA wurden nicht aufgegeben. Diese globale Präsenz sei ein entscheidender Faktor für das Fortbestehen des Unternehmens. Auch die Automobilhersteller hätten signalisiert, dass sie an einer Fortsetzung der Zusammenarbeit mit Eissmann interessiert seien. Diese Marktstellung habe wesentlich zur erfolgreichen Transaktion beigetragen.

Neue Geschäftsführung

Mit der Übernahme wurde die operative Führung der Gruppe neu aufgestellt. Die Gründer von Axent Capital Partners, Tobias Hundertmark und Sebastian Knappe, übernehmen als gemeinsame Geschäftsführer die Leitung von Eissmann. Ergänzt wird das Führungsteam durch Nicholas Hundertmark, der für den Finanzbereich zuständig ist, sowie den bisherigen Interims-CEO Kersten Bachmann, der weiterhin Teil der Geschäftsleitung bleibt. Die Vermögenswerte wurden im Rahmen der Transaktion in die neue Gesellschaft Eissmann Deutschland GmbH überführt, an der Axent Capital Partners alle Anteile hält.

Die neuen Eigentümer sehen im Markt für Fahrzeuginnenräume große Wachstumschancen, insbesondere im Zuge autonomer Fahrzeugentwicklung. Laut Nicholas Hundertmark soll der Anteil direkt an Fahrzeughersteller gelieferter Komponenten von aktuell 55 % auf 80 % gesteigert werden. Darüber hinaus plant Eissmann, neue Marktsegmente zu erschließen. Ein Beispiel ist die Kooperation mit einem Luxus-Reisegepäckhersteller, bei der volllederbezogene Koffer in sechsstelliger Stückzahl produziert werden sollen.

Neustart mit solider finanzieller Basis

Den Neustart beschreibt Axent Capital als nahezu schuldenfrei. Für das laufende Geschäftsjahr wird mit einem Umsatz von 320 Mio. EUR gerechnet. In drei Jahren soll dieser wieder auf das Vorkrisenniveau von 400 bis 450 Mio. EUR steigen. Auch in puncto Profitabilität und Stabilität erwartet das Management eine Erholung innerhalb der nächsten zwei bis drei Jahre. Bereits vor Abschluss der Transaktion hatte Eissmann Entlassungen am Stammsitz in Bad Urach angekündigt. Im Zuge der Restrukturierung wurden dort 43 Arbeitsplätze gestrichen. Ein Interessenausgleich und ein Sozialplan wurden mit dem Betriebsrat vereinbart. Viele Mitarbeiter hatten sich jedoch bereits frühzeitig nach neuen Beschäftigungen umgesehen und das Unternehmen freiwillig verlassen.

Autorenprofil

Als Redakteur der Unternehmeredition berichtet Alexander Görbing regelmäßig über Unternehmen und das Wirtschaftsgeschehen. Zu seinen Schwerpunkten gehören Restrukturierungen, M&A-Prozesse, Finanzierungen und Tech-Start-ups.

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