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Schwarm für die Finanzierung

Viele verbinden Schwarmfinanzierungen ausschließlich mit Start-up-Unternehmen. Doch die Befreiungen des Gesetzgebers für Crowdinvesting & Co. bieten auch für mittelständische Unternehmen erhebliches Finanzierungspotenzial.

Auch wenn ihr Anteil an der Kapitalbeschaffung im Vergleich zu herkömmlichen Finanzierungsformen derzeit noch gering ist, ist davon auszugehen, dass Schwarmfinanzierungen auch für Mittelständler künftig mehr an Bedeutung gewinnen werden. Die Befreiungsregelung im Rahmen des Kleinanlegerschutzgesetzes in § 2a VermAnlG soll die Anbieter von sog. Crowdinvestments über Vertriebsplattformen im Internet in die Lage versetzen, die Finanzierung kleinerer und mittlerer Unternehmen weiter zu unterstützen, ohne einer Prospektpflicht und bestimmten Anforderungen an die Rechnungslegung unterworfen zu werden.

Befreiung institutioneller Investoren

Außerdem wurden institutionelle Investoren von der Investitionshöchstgrenze von 10.000 Euro pro Investor ausgenommen – sie gilt nur noch für Privatanleger. Diese Befreiung ist dadurch gerechtfertigt, dass an Kapitalgesellschaften als Formkaufleute auch bei der Geldanlage ein höherer Professionalitätsstandard angelegt werden kann. Damit wurde der Weg für finanzstarke Investoren geebnet, um diese für eine angemessene und erfolgreiche Projektfinanzierung bedeutsamen sog. Anker-Investoren nicht von größeren Engagements abzuhalten. So lässt sich unter Umständen auch eine Unterkapitalisierung von Projekten vermeiden.

Privilegien für Schwarmfinanzierungen

Prospektpflicht: Die Schwelle für die Prospektpflicht im Bereich Crowdfunding in Form des Crowdinvesting wurde auf 2,5 Mio. Euro erhöht (§ 2a Abs. 1 VermAnlG). Ursprünglich war eine Schwelle von 1 Mio. Euro geplant.

VIB: Das Vermögensanlagen-Informationsblatt (VIB) muss in jedem Fall zur Verfügung gestellt werden – allerdings nicht mehr, wie zunächst vorgesehen, ausgedruckt, eigenhändig unterschrieben und per Post an die Plattform oder das Unternehmen zurückgeschickt. Auf der ersten Seite muss das Vermögensanlagen-Informationsblatt folgenden drucktechnisch hervorgehobenen Warnhinweis enthalten: „Der Erwerb dieser Vermögensanlage ist mit erheblichen Risiken verbunden und kann zum vollständigen Verlust des eingesetzten Vermögens führen.“Viele verbinden Schwarmfinanzierungen ausschließlich mit Start-up-Unternehmen. Doch die Befreiungen des Gesetzgebers für Crowdinvesting & Co. bieten auch für mittelständische Unternehmen erhebliches Finanzierungspotenzial.

(© Kanzlei Gündel & Katzorke Rechtsanwaltsgesellschaft mbH)

Außerdem müssen im VIB jetzt auch Angaben gemacht werden zur Anlegergruppe, auf die die Vermögensanlage abzielt, und zum auf Grundlage des letzten aufgestellten Jahresabschlusses berechneten Verschuldungsgrad des Emittenten – wie auch zur Laufzeit und Kündigungsfrist der Vermögensanlage. Des Weiteren muss das VIB einen Hinweis enthalten, dass kein von der BaFin gebilligter Prospekt erstellt wurde und dass der Anleger weitergehende Informationen unmittelbar vom Anbieter oder Emittenten der Vermögensanlage erhält.

Befreiungen in der Rechnungslegung:

Bei prospektfreien Vermögensanlagen im Sinne von § 1 Abs. 2 Nr. 3, 4 und 7 VermAnlG unterhalb der Schwelle von 2,5 Mio. Euro gilt Folgendes:

■ Der Jahresabschluss muss nicht von einem Abschlussprüfer geprüft werden.

■ Es muss kein Lagebericht erstellt werden.

Selbstauskunft und Investitionsgrenzen: Sofern sich das Angebot auch an Privatanleger richtet, müssen diese ab einer Investitionssumme von 1.000 Euro eine Selbstauskunft abgeben, dass sie sich das Investment leisten können. D.h. sie müssen bestätigen, dass sie über ein freies Vermögen von 100.000 Euro verfügen oder erklären, dass sie nicht mehr als das Doppelte ihres monatlichen Nettoeinkommens einsetzen. Für Privatanleger bleibt die Obergrenze für alle Anlagen bei 10.000 Euro.


Zu den Personen

(© Privat)

Dr. Matthias Gündel ist Geschäftsführer der Kanzlei Gündel & Katzorke Rechtsanwaltsgesellschaft mbH. Er ist spezialisiert auf das Aktien-, Umwandlungs und Kapitalmarktrecht. Christina Gündel ist als Rechtsanwältin und PR-Referentin seit vielen Jahren im kapitalmarktrechtlichen Umfeld tätig. Ihr Schwerpunkt ist Vertriebsrecht. www.gk-law.de

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