Private Equity hilft aus der Gesellschafterfalle

So war es im Fall des 1991 gegründeten Elektronik- und Funktechnik-Spezialisten Digades GmbH im sächsischen Zittau: Einem der Eigentümer, Lutz Berger, war das Unternehmen besonders ans Herz gewachsen, er hatte mit ihm große Pläne – aber die übrigen Mitgesellschafter waren zurückhaltender. Mit Hilfe einer Private-Equity-Gesellschaft gelang Berger die Wende. Er holte die genossenschaftliche VR Equitypartner GmbH in Frankfurt/Main, früher DZ Equity Partner, ins Boot – und schon nach vier Jahren war er Alleineigentümer. 

Nach dem Exit kräftige Stärkung durch Mezzanine
Lutz Berger konnte es kaum erwarten, sein Unternehmen vollständig zu übernehmen. Der mit VR Equitypartner geschlossene Vertrag bot ihm diese Chance, und Ende 2011 nutzte er den frühestmöglichen Zeitpunkt, um die erst 2007 erworbenen Anteile zurückzukaufen. „Für uns als Finanzinvestor kam das ungewöhnlich früh“, bekennt Alexander Roßbach, Mitglied ihrer Geschäftsleitung, „denn unsere Philosophie als Mitglied der genossenschaftlichen Finanzgruppe Volksbanken Raiffeisenbanken ist es, Unternehmen länger zu begleiten.“ Umso zufriedener zeigt er sich, dass die VR Equitypartner mit Digades über Genussscheinkapital weiter verbunden ist. Ein kreditähnliches Produkt mit – vom Wirtschaftsprüfer anerkanntem – Eigenkapitalcharakter, sogar mit Verlustbeteiligung. Das gefällt Berger an dieser Mezzanine-Lösung besonders, trotz einer im Vergleich zum Bankkredit höheren Verzinsung, denn damit hat sich bei Digades die Eigenkapitalquote auf mehr als 30% der Bilanzsumme erhöht.

Emanzipation durch Innovationsstärke

Der Eigentumswechsel scheint einen neuen Motivationsschub mit sich gebracht zu haben. Mit erkennbarem Engagement arbeitet der Digades-Chef an der Expansion sowohl innerhalb der drei Kernbranchen Auto, Gebäudetechnik und Infrastruktur als auch darüber hinaus. Schon heute verfügt das Unternehmen über eine breite Produktpalette: Systeme von Digades steuern Standheizungen und kommunale Beleuchtungen, kontrollieren den Reifendruck von Autos, sorgen für die Kraftstoffversorgung von Motorrädern und vieles mehr. Darüber hinaus erscheinen Berger weitere Zweige attraktiv, etwa die Gesundheitsbranche mit ihren Fitness-, Sport- und Freizeitgeräten. Entwicklungspartnerschaften mit der Industrie und Kooperationen mit Forschungsgesellschaften weisen neue Wege. Noch entfällt auf Automobilzulieferungen der Löwenanteil von mehr als 50% des Umsatzes. Mittlerweile beliefert Digades vier Automobilproduzenten auch direkt. Das wirkt wie eine Emanzipation im umkämpften Zuliefermarkt – eine erstaunliche Entwicklung angesichts der von den Fahrzeugherstellern eigentlich bevorzugten Konzentration auf wenige Schlüssellieferanten. Die Innovationsstärke von Digades, die vielleicht neue Geschäftspotenziale öffnet, zahlt sich offenkundig auch bei den Stammkunden aus.

Digades entwickelt unter anderem die Steuerung des Massagesitzes für den Audi A4. Bild: Digades GmbH


Ausblick: Kapitalkraft stützt Expansionspläne

Nachdem Digades seinen Umsatz seit der Finanzmarktkrise 2009 bereits deutlich gesteigert hat, will Berger die Erlöse in absehbarer Zeit weiter auf mehr als 20 Mio. EUR erhöhen. Wenn das schon in diesem Jahr gelingen sollte, wäre das ein beachtlicher Erfolg. Die vorgesehene Diversifizierung mit Elektronikprodukten für weitere Branchen soll dabei die bisherigen Hauptbereiche nicht schwächen. Die Finanzierung des für die Geschäftsausweitung erforderlichen Investitionsbedarfs bereitet offenbar keine Schwierigkeiten. „Was wir zusätzlich brauchen, können wir mit Fremdkapital lösen“, sagt Berger. Ein Vorteil der – nicht zuletzt wegen des Genussscheinkapitals – auskömmlichen Eigenkapitalausstattung. „Wenn man tolle Pläne hat“, kommentiert Roßbach, „ist viel Wasser unter dem Kiel sinnvoll.“

Lorenz Goslich
redaktion@unternehmeredition.de

Kurzprofil: Digades GmbH

Gründungsjahr: 1991
Branche: Elektronik
Unternehmenssitz: Zittau
Mitarbeiterzahl: 160
Umsatz 2012: 16 Mio. EUR
Internet: www.digades.de

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