Performance – re-invented: Führung neu gedacht

C-Level-Führungskräfte diskutieren in München über die Zukunft von Leistung, Haltung und Wirksamkeit

Foto: © GoingPublic Media AG

Was bedeutet Performance im Jahr 2025? Geht es um Zahlen, um Wirkung oder um Verantwortung? Diese Fragen standen im Mittelpunkt eines C-Level-Abends im Münchner Mindspace, zu dem Norecu Executive Search, Helbling Business Advisors und twinnovativ eingeladen hatten. Die Diskussion zeigte, dass Leistung heute weit mehr ist als Effizienz oder Output – sie beginnt bei Haltung, Kommunikation und dem Verständnis von Führung.

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Rund 80 Führungskräfte kamen am 16. Oktober zusammen, um gemeinsam über das Thema „Performance – re-invented“ zu sprechen. Die Moderation übernahm Christiane Räbiger von twinnovativ, die Gesprächspartner waren Dr. Marlen Wienert (BayWa AG), Dr. Markus Fischer (CargoBeamer AG), Astrid Schulte (Behrendsohn AG) und Ulrike Meyer (Willenbrock Fördertechnik GmbH). Die vier brachten sehr unterschiedliche Erfahrungen aus Konzern, Mittelstand und Unternehmertum mit – gemeinsam war ihnen der Wunsch, den Begriff Performance neu zu fassen.

Leistung braucht Haltung

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Dr. Marlen Wienert beschrieb, wie die BayWa AG nach einem wirtschaftlich schwierigen Jahr in eine intensive Transformationsphase eingetreten ist. In dieser Situation, sagte sie, werde deutlich, wie eng Leistung und Haltung zusammenhängen. Sie bezog sich auf Simon Sineks Konzept des „Golden Circle“ und machte klar, dass das „Warum“ – der Sinn des Handelns – in Krisen oft über den Zusammenhalt entscheidet.

Wienert fasste ihr Führungsverständnis in fünf Grundsätzen zusammen, die sie „H-Prinzip“ nennt: Herz, Hirn, Haltung, Handeln und Humor. Herz und Hirn müssten in Balance stehen, Haltung gebe Orientierung, Handeln sorge für Sichtbarkeit, Humor helfe in schwierigen Phasen. „Performance entsteht, wenn Menschen verstehen, warum sie etwas tun“, sagte sie. „Nicht, wenn sie nur wissen, was sie tun müssen.“

Kultur vor Kalkulation

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Markus Fischer, CFO der CargoBeamer AG, betonte die Bedeutung von Unternehmenskultur. Aus seiner Erfahrung in mehreren Sanierungen wisse er, dass Veränderung selten an Strategien oder Zahlen scheitere, sondern an unvereinbaren Kulturen. „Kommunikation darf nicht manipulativ sein“, sagte er. „Menschen müssen wissen, wo sie stehen, was das Ziel ist und welche Rolle sie darin haben.“

Fischer plädierte für mehr Zielklarheit und Selbstverantwortung in der Organisation. Wer Orientierung gebe, könne Kontrolle abgeben. Damit entstehe Raum für Eigeninitiative – eine Voraussetzung für nachhaltige Leistungsfähigkeit.

Energie und Kohärenz

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Astrid Schulte, Vorstand der Behrendsohn AG, stellte einen anderen Aspekt in den Mittelpunkt: die persönliche Kohärenz von Führungskräften. Nach Stationen in internationalen Konzernen entschied sie sich für den Weg ins Unternehmertum – aus der Überzeugung, dass Leistung ohne innere Stimmigkeit nicht dauerhaft möglich ist.

„Ich habe gelernt, dass Performance nichts mit Dauerleistung zu tun hat, sondern mit Kohärenz – dem Einklang von Denken, Fühlen und Handeln“, sagte sie. In ihrem Unternehmen versteht sie Transformation als Zusammenspiel von individueller Entwicklung, Teamkultur und strategischer Umsetzung. „Führung bedeutet, Rahmen zu schaffen, in denen Menschen sich sicher fühlen, Verantwortung übernehmen und wachsen können.“

Führung im Alltag der Transformation

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Ulrike Meyer, Geschäftsführerin der Willenbrock Fördertechnik GmbH, brachte die Perspektive des Mittelstands ein. Sie berichtete aus einem Umfeld, in dem Transformation Teil des Tagesgeschäfts ist. „Ich bin häufig Dolmetscherin zwischen Konzernanforderungen, Betriebsrat und Mitarbeitenden“, sagte sie.

Für Meyer ist Nähe zu den Beschäftigten entscheidend. Sie pflegt den direkten Austausch, kennt viele Mitarbeitende persönlich und setzt auf partizipative Formate. Ein Beispiel ist der von ihr eingeführte „Elternabend“, bei dem Mitarbeitende in Teilzeit mit Führungskräften über ihre Entwicklungsperspektiven sprechen. „Leistung entsteht, wenn Menschen gesehen werden“, sagte sie. „Das gilt besonders in Phasen der Veränderung.“

Zugleich betonte sie die Bedeutung von Vielfalt. Unterschiedliche Perspektiven führten zu besseren Entscheidungen – ein Prinzip, das sie auch bei Führungsbesetzungen anwendet. „Je diverser die Teams, desto stärker die Organisation.“

Führung als Beziehung

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Im Verlauf des Abends rückte die Frage nach dem Wesen von Führung in den Mittelpunkt. Die Diskutierenden waren sich einig, dass klassische Steuerungslogiken an Grenzen stoßen. Führung bedeute heute, Beziehungen zu gestalten – mit Klarheit, aber auch mit Empathie.

Fischer betonte, dass Menschen verstanden werden wollen, nicht verwaltet. Schulte ergänzte, dass Nähe und Vertrauen Voraussetzung für Veränderungsbereitschaft seien. Wienert sprach von „Führung als Arbeit am Menschen“, die Zeit und Aufmerksamkeit erfordere. „Man muss Menschen mögen, sonst wird man Manager, aber kein Leader“, sagte sie.

Zahlen und Sinn

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Trotz aller Betonung der kulturellen und menschlichen Dimension bleibt Performance messbar. Wienert wies darauf hin, dass harte Kennzahlen notwendig seien, um Fortschritt zu bewerten – entscheidend sei jedoch, wie man mit ihnen umgehe. „Wir können die Zahlen nicht ignorieren“, sagte sie, „aber wir können entscheiden, mit welcher Haltung wir sie erreichen.“

Fischer ergänzte, dass Planung und Kontrolle nicht im Widerspruch zu Vertrauen stehen. „Planung ersetzt den Zufall durch den Irrtum – und aus Irrtum lernen wir“, so sein Fazit.

Am Ende ging es um die Balance zwischen Struktur und Sinn, zwischen Orientierung und Offenheit – und um die Fähigkeit, diese Spannungen produktiv zu gestalten.

Selbstführung als Voraussetzung

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Ein weiterer Aspekt, der alle Diskutierenden verband, war die Rolle der Selbstführung. Schulte sprach über Routinen für mentale und körperliche Stabilität, Wienert über den Wert von Achtsamkeit und Reflexion, Fischer über Authentizität statt Dauerpräsenz. „Man muss nicht immer den Super-Manager geben“, sagte er. „Ehrlichkeit über die eigene Verfassung schafft Vertrauen.“

Selbstführung, darin waren sich alle einig, sei die Grundlage jeder Leistungsfähigkeit – im Individuellen wie im Organisationalen. Nur wer sich selbst führen könne, könne andere glaubwürdig führen.

Fazit

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Der Abend im Münchner Mindspace zeigte, dass Performance in der heutigen Wirtschaft nicht mehr allein als Ergebnis, sondern zunehmend als Prozess verstanden wird. Sie entsteht an der Schnittstelle von Kultur, Kommunikation und Haltung – und sie verlangt Führung, die auf Vertrauen setzt statt auf Kontrolle. Der Abend machte deutlich: Wahre Performance beginnt nicht mit Kennzahlen, sondern mit Menschen und Verantwortung.

Autorenprofil

Als Chefredakteurin der Unternehmeredition berichtet Eva Rathgeber regelmäßig über Unternehmen und das Wirtschaftsgeschehen.

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