Wachstum durch Flüchtlingsunterkünfte

Eigentlich möchte sich niemand gerne Krisengewinner nennen. Die Losberger Gruppe aus Bad Rappenau ist dennoch einer: Seit es den Flüchtlingsstrom nach Deutschland gibt, kann sie sich vor Aufträgen für temporäre Flüchtlingsunterkünfte kaum noch retten.

Ein Unternehmen, das dafür sorgt, dass die Flüchtlinge zumindest temporär eine menschenwürdige Unterkunft finden, ist die Losberger Gruppe aus dem schwäbischen Bad Rappenau. Die Krise traf den Hersteller unerwartet: „In kürzester Zeit haben wir mit dem Militär und der Uno etwa eine Zelthalle erstellt, in der die Flüchtlinge unterkommen“, so Bernd Zoepffel, CEO der Gruppe. Losberger rechnet damit, in diesem Jahr rund 50 Hallen für Flüchtlinge zu produzieren. Pro Halle können im Schnitt ca. 60 Personen untergebracht werden. Der Anteil an Flüchtlingsunterkünfte am Gesamtumsatz von rund 200 Mio. Euro beträgt mittlerweile zwischen zehn und 15 Prozent. Zwar rechnet Zoepffel nicht damit, dass die Nachfrage in zehn Jahren immer noch so groß ist. Bislang sei sie jedoch ungebrochen.

Ursprünglich startete das Unternehmen mit klassischem Wetterschutz. „Wären wir allerdings bei Pferdedecken geblieben, gäbe es das Unternehmen nicht mehr“, sagt Zoepffel. Mittlerweile produziert das Unternehmen Festzelte, Konzerthallen aber auch aufblasbare Zelte für den Eventbereich. Auf der Berlin Fashion Week war das Unternehmen damit vertreten, und auch bei der Ski-WM standen die Zelte. „In einer mobilen Welt steigt auch die Akzeptanz für temporäre Bauten“, sagt Zoepffel auf dem Gipfeltreffen der Weltmarktführer in Schwäbisch Hall. So wird schnell aus einem Bolzplatz ein überdachtes Eishockeyfeld, aus Freibädern ein Hallenbad. Und damit Getreide auf dem Feld nicht verrottet, sorgt das Unternehmen dafür, dass es in einer Halle in der Nähe trocken lagert. Zudem baut Losberger Hallen und Zelte für die Notfallrettung, den Katastrophenschutz und das Militär.

Weltweit gibt es nicht viele Hersteller, die so große Zelte herstellen können. Losberger setzt dabei auf ein modulares System, mit dem sich individuell unterschiedlichste Bauten errichten lassen.

Mittlerweile beschäftig die Gruppe weltweit 750 Mitarbeiter und erwirtschaftet einen Umsatz von knapp 200 Mio. Euro. Alleine in diesem Jahr will das Unternehmen rund 20 Prozent wachsen. Mittelfristig sieht CEO Zoepffel den Gruppenumsatz bei 400 Mio. Euro. Im Jahr 2011 wurde das Familienunternehmen vom europäischen Arm der Beteiligungsgesellschaft H.I.G Capital übernommen.

Autorenprofil

Tobias Schorr war von März 2013 bis Januar 2018 Chefredakteur der "Unternehmeredition". Davor war er für die Gruner + Jahr Wirtschaftsmedien im Ressort Geld als Redakteur tätig. Von 2003 bis 2007 arbeitete er zunächst als Redakteur, dann als Ressortleiter beim Mittelstandsmagazin "Markt und Mittelstand". Sein Handwerk lernte er an der Axel Springer Journalistenschule.

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