Crowdlending ist keine Verlegenheitslösung

Es ist eine weitere sogenannte alternative Finanzierungsformen, die Banken das Fürchten lehren könnte: Crowdlending. Doch warum greifen immer mehr Unternehmen zu ihr? Die HHL Leipzig Graduate School of Management hat das untersucht.  

Demnach schätzen mittelständische Unternehmen vor allem die Schnelligkeit und Flexibilität, mit der sie Kredite über Crowdlending-Plattformen erhalten können. Weniger wichtig ist anscheinend, dass sie auch günstiger und innovativer ist. Das ist zentrales Ergebnis einer Befragung, die die HHL Leipzig Graduate School of Management im Oktober 2015 unter Kunden der B2B-Kreditplattform Funding Circle durchgeführt hat. Dass sie bei Crowdlending nicht mehr ihrem gewohnten Bankberater gegenübersitzen, stört die Kreditnehmer nicht. Allerdings sagen die mittelständischen Befragten auch, dass die Hausbank weiterhin ihr wichtigster Finanzierungspartner sei. Eines ist Crowdlending auf keinen Fall: Eine Verlegenheitslösung, weil die Banken kein Geld mehr rausrücken. Zwar sei die Finanzierungssituation angespannt. Crowdlending ist aber nicht das letzte Mittel der Wahl. Für die Unternehmen hat es sich vor allem für Projektfinanzierungen bewährt. In diesem Fall schätzen sie es besonders als Alternative.

So könnte Crowdlending dann doch zur Gefahr für traditionelle Institute wie Sparkassen und Volksbanken werden, wie die Autoren meinen: Denn die sind ohnehin damit beschäftigt, im Niedrigzinsumfeld Erträge zu erwirtschaften und ihre Filiale profitabel zu halten. Für eine schnelle Bearbeitung der Kreditanträge fehlt oft die Zeit. Dem Bankensektor könnte somit ein ähnliches Schicksal blühen wie dem stationären Buch- und Bekleidungshandel: Ein grundlegender Strukturwandel, schlimmstenfalls Konsolidierung.

Crowdlending in Deutschland wächst

Der deutsche Markt für Crowdlending ist in den letzten Jahren stark gewachsen: Seit 2012 hat er sich jedes Jahr mindestens verdoppelt, auf zuletzt über 650 Mio. Euro. Am meisten nehmen Privatpersonen Kredite über Crowdlending in Anspruch. Im internationalen Vergleich ist Crowdlending in Deutschland aber noch wenig etabliert: Der Marktanteil innerhalb Europas beträgt fünf Prozent. Größter europäischer Markt ist Großbritannien: Auf ihn entfallen 85 Prozent. Dieses Ausmaß wird der deutsche Markt vermutlich nicht erreichen, meinen die Autoren und weisen dabei auf Expertenmeinungen hin: Dafür sei das deutsche dreigliedrige Bankensystem in Deutschland zu fest verankert und die Kreditversorgung zu gut.

Wie bei anderen „crowdbasierten“ Finanzierungsformen erfolgt bei Crowdlending die Kreditvergabe nicht mehr durch professionelle Akteure wie Banken oder Business Angels, sondern durch Privatanleger: Auf Online-Plattformen können diese sich an Projekten beteiligen oder Teildarlehen gewähren. Diese werden dann gebündelt und unter bestimmten Bedingungen an Unternehmen weitergereicht. Im Fall von Crowdlending ist das ein bestimtmter Zinssatz, mit dem die Anleger ihr Darlehen rückvergütet bekommen. Andere bekannte Modelle sind Crowdinvesting und Crowdfunding. www.hhl.de

Die Studie finden Sie hier.

Vorheriger ArtikelStiftungen als Nachfolgelösung
Nächster ArtikelErbschaftsteuer: Jetzt noch ausnutzen