Ideologische Energiepolitik in Deutschland

In der deutschen Energiepolitik geht seit Jahren Ideologie vor Vernunft – und das zum Nachteil des Wirtschaftsstandorts Deutschland und seiner Wettbewerbsfähigkeit. Annähernd 50% des Strompreises sind staatlich beziehungsweise politisch bestimmt. Bis heute wissen wir nicht, wie sicher die Stromversorgung zukünftig sein wird. Sicher ist nur: Sie wird wesentlich teurer. Insbesondere für die Unternehmen, die im internationalen Wettbewerb stehen, wird die rein nationale Energiewende so zu einem großen Nachteil, der im Zweifel auch für die gesamte deutsche Volkswirtschaft großen Schaden nach sich ziehen kann.

Effizienz als größter Standortvorteil gefährdet
Deutsche Unternehmen haben schon seit Jahren mit einem im internationalen Vergleich sehr hohen Strompreis zu kämpfen. Bisher passten sie sich durch starke Effizienzsteigerungen an. So wurde die deutsche Industrie zu einer der effizientesten der Welt. Nur Japan weist noch ähnlich gute Werte auf. Auch die höchste Versorgungssicherheit weltweit war immer ein großes Pfund für den Standort Deutschland. Doch mit dem Ausbau der Erneuerbaren und weiteren energiepolitisch motivierten Abgaben wird sowohl das hohe Level der Versorgungssicherheit gefährdet als auch das Preisniveau weiter in die Höhe getrieben. Diese Belastungen abzufangen, dürfte in Zukunft immer schwieriger werden. Zumal ein Ende dieser Spirale bisher nicht abzusehen ist.

Große Unsicherheit

Die politischen Entscheidungsträger sollten sich dieser Nachfolgewirkungen bewusst sein. Denn auch wenn die Unternehmen sich nicht sofort von dem Standort Deutschland verabschieden werden, so fällt die nächste Investitionsentscheidung im Zweifel gegen Deutschland. Die immense Unsicherheit in der deutschen Wirtschaft, deren Rückgrat mit über 90% der Betriebe eigentümergeführte Familienunternehmen sind, sorgt für Unzufriedenheit und Zurückhaltung bei Investitionen.

Nachteil besonders für Familienunternehmen

Um eines klarzustellen: Wir Familienunternehmer unterstützen die Ziele der Energiewende und die Abkehr von der Atomkraft. Aber: Die Energiewende wurde innerhalb weniger Wochen beschlossen und in Gesetzesform gegossen. Mit dem Erneuerbare-Energien-Gesetz wurde der planwirtschaftlichste Ansatz der Energiepolitik weitergeführt. Dessen jährliche Kosten für die Stromkunden drohen ohne fundamentale Reformen von heute 14 Mrd. auf 30 Mrd. EUR anzuwachsen. Der Anstieg der EEG-Umlage und ein geschätztes Volumen von 20 Mrd. EUR für 2013 zeigt diesen Trend deutlich. Die Vergütung der Reservekapazitäten, die Offshore-Netzanbindung, steigende Netzentgelte – für jede dieser staatlichen Weichenstellungen zahlt der Verbraucher, also auch und insbesondere die produzierenden Familienunternehmen, die nicht von den Entlastungen profitieren. Gleichwohl stehen diese genauso im internationalen Wettbewerb.

Planwirtschaftliche Züge

Die Wurzel für diese Fehlentwicklung liegt in der Politik. Die Praxis planwirtschaftlicher Vorfestlegungen soll anscheinend noch eine Weile fortgesetzt werden. Technologieoffene Förderung? Wettbewerb der effizientesten Lösungen zum Klimaschutz? Kostensenkung durch Konkurrenz verschiedener Technologien? Fehlanzeige! Jeder bekommt aus dem Subventionstopf die nötigen Mittel zum Überleben und die Investoren über zwanzig Jahre eine hohe Rendite garantiert. Der Klimaschutz ist durch den Emissionshandel gesamteuropäisch gesichert. Doch statt dieses System zu verfeinern und auszubauen, wird im nationalen Alleingang vollständig auf erneuerbare Energien gesetzt. Die Erneuerbaren sind selbstverständlich wichtig, um für eine größere Unabhängigkeit von fossilen Brennstoffen zu sorgen. Aber genauso kann höhere Energieeffizienz in Unternehmen und bei privaten Verbrauchern zum Klimaschutz beitragen. Auch auf Basis von fossilen Energien betriebene KWK-Anlagen haben eine Kohlendioxid-Bilanz, die oft besser ist als jene der Photovoltaikanlagen.

Die Politik muss nachbessern
Deutschland braucht einen Wettbewerb um die effizientesten Lösungen – mindestens unter den erneuerbaren Energien selbst. Vorschläge dazu gibt es bereits seit Jahren von Ökonomen: Ein richtiger Ansatz ist zum Beispiel ein Quotenmodell, das die Ausbauziele der Erneuerbaren sicherstellt und zeitig für eine effiziente und kostengünstige Realisierung sorgt. Konkrete Gesetzentwürfe liegen dafür auf dem Tisch. Angesichts eines Umverteilungsvolumens von über 14 Mrd. EUR pro Jahr, das die Breite der Wirtschaft, aber eben auch Arbeitnehmer und Transferempfänger bezahlen müssen, ist eine Reform zwingend nötig, um den Wirtschaftsstandort Deutschland mit seiner starken Industrie und der mittelständischen Struktur zu erhalten. Wir Familienunternehmer fordern die Umstellung auf ein Quotensystem mit europäischer Verzahnung und die Abschaffung des EEG für alle Neuanlagen – besser heute als morgen. Dann käme es zu einer kosteneffizienten Umstrukturierung der Erzeugungsseite und folglich könnten die Unternehmen auf der Verbraucherseite im internationalen Wettbewerb weiter bestehen. Das ist konsistente Energie- und Wirtschaftspolitik.

Autorenprofil

Lutz Goebel ist Präsident des Verbandes „Die Familienunternehmer – ASU“ und geschäftsführender Gesellschafter der Henkelhausen GmbH & Co. KG. Der 1949 gegründete Verband vertritt rund 5.000 Familienunternehmer aus allen Branchen in Deutschland. Diese beschäftigen etwa 1,8 Mio. Mitarbeiter und erwirtschaften einen Jahresumsatz von ca. 300 Mrd. EUR. www.familienunternehmer.eu

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