Novalumen legt den Lichtschalter wieder um

Idee „Light as a Service“ soll den Beleuchtungshersteller zurück an den Markt bringen

Industriehalle
Industriehalle: Hier wurde die Gießerei eines großen Industriekunden auf hochmodernes LED-Licht umgerüstet. Foto: © Mario Dirks

Licht als Dienstleistung – dieser Gedanke steht für den anhaltenden Trend weg vom reinen Produkt hin zu einer ganzheitlichen Denkweise. Der Beleuchtungshersteller Novalumen hat sich diesen Gedanken auf die Fahnen geschrieben und bietet mit „Light as a Service“ neuerdings ein breites Portfolio an Dienstleistungen an: Lichtplanung, Auswahl der passenden Leuchte, deren Installation, Finanzierung und schließlich Wartungs- und Serviceleistungen. Aufgrund einer Insolvenz hätte das Licht in den Hallen jedoch beinahe ausgeschaltet werden müssen.

Ein Insolvenzverfahren ist stets mit Veränderungen verbunden. Die alte Geschäftsführung ist nicht mehr Herr im eigenen Haus und wird durch das verdrängende Mandat des Insolvenzverwalters zum König ohne Königreich. In der Regel wird unmittelbar ein Investorenprozess durch den vorläufigen Insolvenzverwalter initiiert und dadurch versucht, die Vermögensgegenstände als Ganzes zu erhalten und bestmöglich zu verwerten. Bei der Novalumen GmbH gestaltete sich der Fall jedoch anders als gewöhnlich. Die Vorgängergesellschaft stellte zunächst einen Insolvenzantrag; dieser wurde vom Management noch vor der Verfahrenseröffnung zurückgezogen. Der initiierte Investorenprozess kam so zum Erliegen und konnte erst nach einem weiteren Insolvenzantrag von Gläubigerseite wieder aufgenommen werden. Das dadurch verursachte Chaos stellte den Prozess vor enorme Herausforderungen. Eine Vielzahl der angesprochenen Investoren sprang ab, unter den Mitarbeitern herrschte Verunsicherung und man suchte eine Veränderung. Das Neugeschäft kam zum Erliegen und auch die Kunden sorgten sich um die Fortsetzung der Geschäftsbeziehung.

Etablierung einer Auffanglösung

Parallel zu dem Investorenprozess wurde an einer Auffanglösung seitens der Gläubiger gearbeitet, um im Falle eines gescheiterten Prozesses nicht in der Zerschlagung unter Hinnahme eines erheblichen Wertverlusts zu enden. Nach hartem Ringen stand etwa ein Dreivierteljahr nach dem ersten Insolvenzantrag eine Investorenlösung – nun galt es, den Schalter wieder umzulegen und das Licht wieder einzuschalten. Übrig geblieben war aufgrund der Wirrungen lediglich eine Rumpfbelegschaft, die zumindest alle betriebswesentlichen Positionen abdeckte.

Das Geschäftsmodell der Vorgängergesellschaft zeichnete sich nahezu vollständig durch die reine Vermietung von Beleuchtungssystemen aus. Das Volumen der einzelnen Systeme war sehr variabel. Es begann in der Backstube der kleinen Bäckerei von nebenan und endete in den Produktions- und Lagerhallen von namhaften DAX-Unternehmen.

Eine weitere Besonderheit ist, dass die bestehenden Verträge im Wege einer übertragenden Sanierung nicht automatisch übergehen. Dies erfordert, dass zur Sicherung der künftigen Einnahmen eine manuelle Übertragung und Anpassung aller über 700 bestehender Mietverträge erfolgt. Obwohl erhebliche Kapazitäten gebunden sind, bietet das Vorgehen gleichzeitig die Gelegenheit, bisherige Schwächen des Geschäftsmodells auszubessern.

Analyse des bisherigen Geschäftsmodells

Zudem galt es, das alte Geschäftsmodell zu analysieren, die Fehler daraus zu vermeiden und die Finanzierungsbasis komplett umzustellen. Die bisherigen Mietverträge sahen ein Rundum-sorglos-Paket für den Kunden vor. Über monatliche Mieten sollten Produkt, Planung, Installation sowie Wartung und Service finanziert werden. Dies erforderte eine enorme Anschubfinanzierung, die über am Kapitalmarkt eingesammeltes Fremdkapital bewerkstelligt wurde. Ebenfalls sahen die Mietverträge regelmäßig nur sehr kurze Laufzeiten vor, sodass diese jährlich hätten gekündigt werden können. Darin lag eine Gefahr, dass sich die hohen Anlaufkosten nicht hätten amortisieren können. Schließlich waren die Wartungs- und Serviceleistungen sehr weitgehend und deckten bereits den Ausfall einzelner Leuchten ab. In der Regel ist es für einen Austausch erforderlich, dass dazu ein Hubwagen samt Steigertruppe anrückt und die an der Hallendecke montierten Leuchten austauscht. Bereits ein Servicefall reichte aus, damit ein einzelner Mietvertrag für das gesamte Jahr unrentabel werden konnte.

Zuletzt galt es, die eigene Produktion von Leuchten zu überdenken. Bisher wurde der überwiegende Bedarf ausschließlich für die Vermietung selbst produziert, um eine möglichst hohe Halbwertszeit der Leuchten zu erreichen. Jedoch erfordert dies eine eigene Entwicklung sowie Fertigung in Deutschland.

Neue Definition von Light as a Service

Aus der Analyse konnte sodann für die Zukunft eine neue Beschreibung von Light as a Service gefunden werden: Novalumen wird sich künftig als „Generalunternehmer Licht“ am Markt etablieren. Man will als ein Ansprechpartner für alle Themen im Zusammenhang mit der Beleuchtung für Key Accounts in Industrie und Logistik wahrgenommen werden. Es werden weiterhin Planung, Produkt, Installation, Finanzierung sowie Wartung und Service aus einer Hand angeboten.

Neben der Eigenproduktion und dem reinen Mietmodell wird dieses erweitert, um den Kunden eine breitere Produktpalette und angepasste Finanzierungsmodelle anbieten zu können. Dazu wurden strategische Partnerschaften mit verschiedenen Parteien geschlossen. Es besteht nun Zugriff auf das komplette Produktportfolio eines führenden Herstellers von langlebigen LED-Leuchten. Parallel dazu wird die eigene Entwicklung und Produktion auf einzelne Produkte beschränkt, um gezielt an Alleinstellungsmerkmalen im Markt zu arbeiten.

Neben den reinen Mietmodellen werden zusammen mit Finanzierungspartnern Leasing, Mietkauf und reine Kaufmodelle für die Produkte angeboten. Dies ermöglicht eine große Bandbreite an Optionen, die betriebsnotwendige Beleuchtung bilanzschonend aus den Investitionskosten heraus in die operativen Kosten zu verlagern und das gesamte Thema Beleuchtung planbar mit einem Preisschild zu versehen. Schließlich werden angepasste Serviceverträge ausgearbeitet, die den Aufwand für beide Seiten kalkulierbar machen und Wartungsintervalle etablieren, da meist der Austausch einer einzelnen defekten Leuchte nicht erforderlich ist.

FAZIT

Mit den ergriffenen Maßnahmen sieht sich Novalumen gewappnet, das Geschäftsmodell „Light as a Service“ weiterhin am Markt zu etablieren und zu einem der führenden Anbieter dafür zu werden. Der Schalter für eine Neuausrichtung ist umgelegt und den Kunden kann ein überarbeitetes Produkt angeboten werden.

 

Der Beitrag ist in der Unternehmeredition-Magazinausgabe 2/2023 erschienen.

Autorenprofil
Maik Weber

Maik Weber ist seit 1. Januar 2023 Geschäftsführer der Novalumen GmbH. Der diplomierte Betriebswissenschaftler ist seit 20 Jahren in führenden Positionen der internationalen Lichtindustrie tätig. Seine Tätigkeitsschwerpunkte liegen auf der nachhaltigen Entwicklung von Geschäftsmodellen und Produkten.

Autorenprofil
Hendrik Schlander

Hendrik Schlander hat Rechtswissenschaften an der Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg studiert. Nach Stationen bei mehreren internationalen Kanzleien im Insolvenz- und Restrukturierungsbereich ist er nun Teil des Projektteams bei One Square Advisors.

 

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