Neues Spiel Restrukturierung

Die Restrukturierung von Unternehmen wird für Banken künftig teurer. Vor allem angeschlagene Firmen mit schlechter Bonität sollten sich nach Alternativen umsehen. 

Weitgehend von der Öffentlichkeit unbemerkt hat die BaFin im Mai letzten Jahres ihre Verwaltungspraxis geändert und damit die Kreditvergabe an Unternehmen, auch Nichtbanken, gestattet. Unter deutlich geringeren Auflagen und Restriktionen können jetzt also entsprechend strukturierte Fonds nicht nur Kredite von Banken kaufen, sondern selbst aktiv Kredite gewähren und damit alle Finanzierungsinstrumente eines Unternehmens bedienen. Dabei dürfen sie kein Einlagengeschäft betreiben und sich nur in sehr begrenztem Maße mit Krediten refinanzieren. Im Wesentlichen vergeben sie also Kredit aus Eigenkapital, verleihen eigenes Geld bzw. das Eigenkapital ihrer Anleger. Sie investieren – unabhängig davon, ob sie Eigenkapital oder Fremdkapital geben – und werden sich daher eher wie Investoren verhalten, bei denen die Laufzeit der Fonds den Zeithorizont bestimmt. Eine „Hausbankfunktion“ ist somit zwar nicht ausgeschlossen, aber eher unwahrscheinlich.

 Finanzierungsbedarf der Spieler geht zurück

Die Vernetzung von Unternehmen entlang der Wertkette sowie das zeitnahe Ad-hoc-Reagieren aller Beteiligten zeigt zunehmend Wirkung – die Digitalisierung wird Realität. Die Auswirkungen zeigen sich vor allem in der Bilanz, die Bestände und damit das Umlaufvermögen gehen zurück. Gleiches passiert mit Forderungen. Unternehmensübergreifend wird die Zyklizität vieler Branchen durch Volatilität mit kurzfristig hohen Amplituden ersetzt, und das Finanzierungsvolumen geht dadurch grundsätzlich zurück. Dafür gewinnen Finanzierungsinstrumente, wie etwa Factoring, die Spitzen abfedern, neue Bedeutung. Werden zudem die Zahlungszeitpunkte entlang der Wertkette zwischen Kunden und Lieferanten optimal synchronisiert, kann der Umlauf des Geldes minimiert werden.

Fazit

In Zukunft wird in der Restrukturierungsfinanzierung die heute dominierende Bankenfinanzierung einen deutlich geringeren Stellenwert einnehmen. An ihre Stelle tritt – bei geringerem Gesamtvolumen – ein neuer Finanzierungsmix, der stärker atmet, jedoch über weniger Reserven zur Verlustfinanzierung verfügt. Das gesamte Spielfeld verändert sich: Gefragt sind nun die bessere Synchronisation von Finanzierung und Supply Chain und insgesamt weniger Finanzierungsvolumen bei temporären Spitzenbedarfen. Der Trend zum „Ausstieg in der Krise“ bzw. zumindest die Auslagerung des Engagements aus der Konzernbilanz erlebt ein Revival.

Die neuen, zentralen Spielregeln heißen deshalb: schnell auf Frühindikatoren reagieren, gegenlenken und anpassen. Das klassische Aussitzen einer temporären Schwächephase funktioniert nicht mehr. Einen entscheidenden Vorteil wird außerdem der Unternehmer verbuchen, der eine tragfähige Passivseite präsentieren kann. Schließlich muss er selbst liquide sein, um in Krisenzeiten zu finanzieren und mit neuen Partnern neue Allianzen einzugehen.


Zur Person

Dr. Volkhard Emmrich (© Wieselhuber & Partner GmbH)
(© Wieselhuber & Partner GmbH)

Dr. Volkhard Emmrich ist Managing Partner der Dr. Wieselhuber & Partner GmbH und verantwortet den Geschäftsbereich Restructuring & Finance. Das Beratungsunternehmen ist auf die Gestaltungsfelder Strategie und Innovation, Führung und Organisation, Marketing und Vertrieb, Produktentstehung und Supply Chain sowie auf die nachhaltige Beseitigung von Unternehmenskrisen durch Restrukturierung und Corporate Finance spezialisiert. www.wieselhuber.de

Autorenprofil

Dr. Volkhard Emmrich (emmrich@wieselhuber.de) ist geschäftsführender Gesellschafter der Dr. Wieselhuber & Partner GmbH. Die Unternehmensberatung ist eine unabhängige, branchenübergreifende Top-Management-Beratung für Familienunternehmen mit Büros in München und Düsseldorf. Sie bietet Know-how u. a. in den Bereichen Strategie und Organisation sowie Krisenmanagement und Restrukturierung. (www.wieselhuber.de)

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