Die Krise hatte sich schon länger abgezeichnet: Nun haben die Unternehmen MV Werften Wismar GmbH und Lloyd-Werft Bremerhaven GmbH Insolvenz angemeldet. Betroffen sind vier Standorte der MV Werften-Gruppe in Mecklenburg-Vorpommern und Bremerhaven. In Wismar, Rostock und Stralsund sowie in Bremerhaven sind insgesamt 2.220 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter beschäftigt. Beide Unternehmen haben mit dem Mischkonzern Genting aus Honkong den gleichen Eigentümer – der Einstieg erfolgte im Jahr 2016. Dem gestrigen Insolvenzantrag sind langwierige Verhandlungen zwischen dem Unternehmen Genting einerseits sowie Bundes- und Landesregierungen andererseits vorangegangen. Im Kern der Auseinandersetzungen stand eine höhere Eigenbeteiligung der Eigentümer an der notwendigen Sanierung des Unternehmens. Hier konnte keine Einigung erzielt werden und nun wurde mit dem Insolvenzantrag die Reißleine gezogen. Bereits in der vergangenen Woche gab es ernste Signal der Krise, weil die Gehaltszahlungen ausgeblieben waren.
Platz für 9.500 Passagiere
Aktuell wird von der MV Werften-Gruppe mit der „Global Dream“, das bisher größte in Deutschland gebaute Passagierschiff fertiggestellt. Zukünftig sollen hier rund 9.500 Passagiere Platz finden – zum Konzept des Schiffes gehören Spielcasinos und auch ein Freizeitpark. Pläne für ein weiteres Schiff der „Global“-Class soll es auch geben. Nach Medienberichten liegt der Fertigstellungsgrad des ersten Schiffes bei rund 75% – die Finanzierung des Weiterbaus war aber strittig. Die MV Werften haben eine Zusage über 300 Mio. EUR aus dem Wirtschaftsstabilisierungsfonds (WSF) erhalten. Allerdings sei die Auszahlung noch nicht erfolgt, weil nicht alle Bedingungen erfüllt seien.
Aufgrund der weltweiten Coronapandemie und den Auswirkungen auf die Reisebranche wuchsen Zweifel an dem Geschäftsmodell der Global-Class-Schiffe und damit auch an dem kalkulierten Verkaufspreis. Vor dem Hintergrund dieser Unsicherheiten und drohenden Verschärfungen bei der Genehmigung von Glücksspiel auf Kreuzfahrtschiffen im asiatischen Raum gingen die Vorstellungen über die weitere Finanzierung auseinander. Das Wirtschaftsministerium ließ gestern erklären, dass man zu einem weiteren Entgegenkommen – konkret also weiteren Krediten – bereit gewesen sei. Nun werden angesichts der Insolvenz die Karten neu gemischt werden.
Als Redakteur der Unternehmeredition berichtet Alexander Görbing regelmäßig über Unternehmen und das Wirtschaftsgeschehen. Zu seinen Schwerpunkten gehören dabei Restrukturierungen, M&A-Prozesse, Finanzierungen sowie Tech-Startups.