„Mir ist nicht bange“

Welche sind das?

Das sind die Segmente Medizin und Gesundheit, Infrastruktur und Logistik, Energie und Umwelt und der ganze Bereich Automatisierungstechnik. Wir scannen und analysieren diese Segmente und entwickeln daraus eine Long- und Shortlist. Daraus entsteht ein Wunschzettel, den wir abarbeiten.

Wie viele Unternehmen stehen auf diesem Zettel?

Jedes Jahr schauen wir uns erstmal 100 Unternehmen grob an. 50 davon werden genauer analysiert.

Für wie viele geht es in die Endphase?

Im Schnitt verhandeln wir mit acht Unternehmen. Das Ziel ist, pro Jahr vier bis fünf Transaktionen zu tätigen. Im ersten Halbjahr 2014 kauften wir drei Unternehmen. Darunter ein größeres: Mit Rolko erwarben wir einen Komponentenhersteller für Rollstühle und Rollatoren.

Wie wichtig ist für Sie die Internationalisierung?

Sie ist extrem wichtig. Nicht nur im M&A-Bereich, sondern für alle unserer Tochtergesellschaften. Dabei unterstützen wir unsere Töchter vor allem auf dem Weg in die USA und nach China.

Also kommt für Sie die Transaktion eines Unternehmens, das sich ausschließlich auf den deutschen Markt fokussiert, nicht in Frage?

Es steht auf jeden Fall nicht im Fokus. Es kann nur interessant sein, wenn ganz spezielle Gründe dafür sprechen. Die Internationalisierung ist eines der wichtigsten von insgesamt zehn Entscheidungskriterien, die wir ansetzen.

Müssen denn alle Kriterien passen?

Ja. Alle wesentlichen Investitionskriterien müssen auf Grün stehen. Erst wenn dem so ist und der dreiköpfige Vorstand sich für die Verfolgung des Targets ausspricht, wird es ernst.

Und welches ist das bedeutendste Kriterium?

Ganz oben steht ein zukunftsfähiges Geschäftsmodell. Es muss etabliert sein und eine Wachstumsperspektive haben. Danach kommt die nachhaltige Ertragskraft. Wir freuen uns über Unternehmen mit einer zweistelligen Ebit-Marge. Die Unternehmen müssen zudem nachhaltig wachsen.

Unternehmen mit einer Ebit-Marge von 15 Prozent haben aber auch ihren Preis.

Das macht nichts. Dafür kaufen wir dann auch einen Hidden Champion. Momentan haben wir dafür 115 Mio. Euro in der Kasse. Indus kauft keine Pflegefälle oder Start-ups.

Wer verkauft denn solche Top-Unternehmen?

Meist handelt es sich um Sondersituationen. Unternehmer sprechen mit uns, weil sie keinen adäquaten Nachfolger haben. In Deutschland gilt es rund 40.000 ungeregelte Nachfolgen. Vielfach trauen sich die Unternehmer auch ein hohes Wachstum nicht zu. Es kostet viel Geld und birgt Risiken. Teilweise sind sie auch mit der Internationalisierung ihrer Gruppe überfordert.

Gehen Sie auch Minderheitsbeteiligungen ein?

Niemals. Wir haben immer die qualifizierte Mehrheit von 75 Prozent. Wir freuen uns auch, wenn das Familienmitglied mit einem gewissen Betrag einsteigt. Die Geschäftsführer und das Managementteam bleiben in der Regel an Bord. Dadurch, dass wir nur Top-Unternehmen erwerben, gibt es auch keinen Druck, etwas zu verändern.

Dann haben Sie ja gar nichts mehr zu tun.

Doch, natürlich. Wir sind im permanenten strategischen Dialog, wie wir das Unternehmen weiterentwickeln. Wir helfen bei Investitionen, bei der Internationalisierung, stellen die Kontakte her und übernehmen die komplette Finanzierung und Rechnungslegung für die Tochtergesellschaften in der Holding. Dazu kommt natürlich das gesamte M&A-Geschäft, nicht nur für das Portfolio der Töchter, sondern auch für deren Töchter. Das sind derzeit 66 Enkeltochtergesellschaften weltweit.

Wird die Konkurrenz durch ausländische Investoren stärker?

Absolut, aber das stört uns nicht. Es sind längst nicht mehr nur deutsche Investoren, die sich um die Targets reißen. Asiaten, US-Amerikaner und Russen kümmern sich mittlerweile um den gesunden deutschen Mittelstand. Gerade die Chinesen wollen den europäischen Markt erschließen. Doch wir sind erster Ansprechpartner und auch bewusst wählerisch. Mir ist nicht bange.


Zur Person

Jürgen Abromeit ist seit 2008 Vorstand der INDUS Holding AG. Im Juli 2012 übernahm er den Vorstandsvorsitz. Nach seiner Ausbildung durchlief der Bankmanager mehrere Stationen bei der Dresdner Bank und der Commerzbank überwiegend im Mittelstands- und Großkundengeschäft, bis er 1998 als Leiter Finanzen zum Stahlkonzern Georgsmarienhütte (GMH) wechselte. Während seiner elfjährigen Tätigkeit für GMH übernahm Abromeit später die Geschäftsführung mehrerer Tochterunternehmen. www.indus.de

Autorenprofil

Tobias Schorr war von März 2013 bis Januar 2018 Chefredakteur der "Unternehmeredition". Davor war er für die Gruner + Jahr Wirtschaftsmedien im Ressort Geld als Redakteur tätig. Von 2003 bis 2007 arbeitete er zunächst als Redakteur, dann als Ressortleiter beim Mittelstandsmagazin "Markt und Mittelstand". Sein Handwerk lernte er an der Axel Springer Journalistenschule.

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