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Mezzanine-Kapital für Wachstum im Digitaldruck

Der Maschinen- und Anlagenbau gilt als Paradebranche der deutschen Industrie. Neben Qualität ist auch große Innovationskraft dafür notwendig. Die Hymmen Industrieanlagen GmbH will ihr noch relativ junges Produktsegment Digitaldruck weiter ausbauen. Das nötige Wachstumskapital besorgte sich das Unternehmen von der NRW.Bank.

Maschinen zur Oberflächenbeschichtung


Holz- und Kunststoffoberflächen – z.B. bei Möbeln, Türen und Spanplatten – brauchen Beschichtungen, die langlebig und dekorativ sind. Es geht dabei meist um abriebfeste, harte, flache Oberflächen. Auch Laminate und PVC-Beläge für Fußböden zählen u.a. zu diesem Bereich. Entsprechende Pressen, Beschichtungs- und Druckmaschinen stellt die Hymmen Industrieanlagen GmbH in Bielefeld her. Das nun in vierter Generation geführte Familienunternehmen hat traditionell die Möbelbranche als wichtigen Abnehmer, heute sind es häufig auch Spanplattenhersteller. Ein noch relativ junges Wachstumsfeld ist der Digitaldruck – keine Drucker für das Büro, sondern Anlagen für die industrielle Anwendung. „In unserer Branche ist im Bereich dekorativer Oberflächen – Möbel, Fußböden, Wände, Außenfassaden – der Digitaldruck ein völlig neues Verfahren“, sagt Geschäftsführer Dr. René Pankoke.

Wachstumskapital gesucht


Hymmen hatte bereits im Jahr 2009 – also mitten in der Finanzkrise – mit der Entwicklung einer Digitaldruckmaschine begonnen und einen Prototyp auf einer Messe vorgestellt. „Seit 2009 hatten wir für diesen Bereich einen Auftragseingang von ca. 26 Mio. EUR“, so Pankoke. Das Entwicklungsteam wurde von ursprünglich drei auf 25 Mitarbeiter erweitert. Der Digitaldruck hat den Vorteil, gleich mehrere Wertschöpfungs- bzw. Verarbeitungsstufen zu vereinen. Insbesondere um dieses wichtige Wachstumsfeld auszubauen, sollte 2012 frisches Kapital von außen hereingeholt werden. Die Geschäftsführung zog mehrere Alternativen in Betracht, „auch eine offene Minderheitsbeteiligung für einen bestimmten Zeitraum“, erzählt Pankoke. „Im Laufe der Gespräche aber stellten wir fest, dass der reine Eigenkapital-Charakter zu weit gehende Mitspracherechte mit sich gebracht hätte. In einem familiengeführten Unternehmen muss man immer abwägen, ob man noch Herr im Hause bleibt.“

Auch die Hausbanken reagierten


Der eingeschaltete Unternehmensberater stellte schließlich den Kontakt zur NRW.Bank her, die als Förderbank des Landes Nordrhein-Westfalen zu den wichtigsten Mittelstandsfinanzierern in NRW zählt und verschiedene Finanzierungsformen von Fremd- bis Eigenkapital im Repertoire hat. Letztlich lief es dann auf EK-nahes Mezzanine hinaus: Im November 2012 vereinbarte Hymmen eine typisch stille Beteiligung in Höhe von 3 Mio. EUR durch die NRW.Bank. Für das nachrangige Kapital wurde eine Laufzeit von sieben Jahren vereinbart. „Flankierend haben unsere beiden Hausbanken unsere Kontokorrent- und Avalkreditlinien ausgeweitet“, erklärt Pankoke. Denn als Anlagenbauer hat Hymmen einen recht hohen Vorfinanzierungsbedarf: Vor der Abnahme durch den Kunden werden die Projekte in der Regel in Teilbeträgen vorfinanziert – und das bei Projektvolumen bis zu 8 bis 10 Mio. EUR.

Gute Technologieposition


„Wir sehen Hymmen insbesondere durch den Produktbereich Digitaldruck in einer herausragenden Technologieposition“, begründet Marko Milos, Projektmanager bei der NRW.Bank, das Engagement. Außerdem sei das Management sehr gut aufgestellt. „Die Geschäftsleitung hat in der Finanzkrise sehr schnell positiv reagiert; das Unternehmen hat einen rund 30%igen Auftragseinbruch gut überstanden. Das zeigt, dass es für leichtere Krisen umso besser gewappnet ist.“ Die stille Beteiligung ist mit einer jährlichen Zinszahlung verbunden, die aus einer fixen und einer (ergebnisabhängigen) variablen Komponente besteht. Milos ist nicht Mitglied in einem Unternehmensgremium, aber „wir bekommen natürlich ein monatliches Reporting, und einmal im Quartal setzen wir uns zu einem intensiven Controlling-Gespräch zusammen.“ Der „Mittelstandsfonds“ der NRW.Bank ist für solche und ähnliche Kapitalbedarfe gedacht. Nach der grundsätzlichen Einigung über einen Letter of Intent (LOE) wird eine Due Diligence durchgeführt, dann geht es in die Schlussverhandlungen. „Wir sagen unseren Unternehmenskunden, dass sie etwa drei bis sechs Monate vom Erstkontakt bis zum Vertragsabschluss einplanen sollten“, erklärt Milos.

Bernd Frank
redaktion@unternehmeredition.de

Kurzprofil: Hymmen Industrieanlagen GmbH
Gründungsjahr: 1892
Branche: Maschinen- und Anlagenbau
Unternehmenssitz: Bielefeld
Mitarbeiterzahl: ca. 255
Umsatz 2012: ca. 52 Mio. EUR
Internet: www.hymmen.com

Wir wollen mit 10 bis 15 Prozent pro Jahr wachsen“
Interview mit Dr. René Pankoke, Geschäftsführer, Hymmen Industrieanlagen GmbH

Unternehmeredition: Was war ausschlaggebend dafür, dass Sie sich für die stille Beteiligung der NRW.Bank entschieden haben?
Pankoke: Sie gilt als wirtschaftliches Eigenkapital und hat dementsprechend auch das Rating unseres Unternehmens verbessert. Bei wichtigen bzw. strategischen Beschlüssen entscheidet die NRW.Bank zwar mit. Aber letztlich haben wir, denke ich, die Balance zwischen echtem Eigenkapital einerseits und Mezzaninekapital mit nicht allzu weit gehender Mitbestimmung andererseits gut hinbekommen. Das Kapital fließt maßgeblich in unser Segment Digitaldruck, und das ist schon sehr wichtig für uns. Die Wachstumsfinanzierung erweitert unsere strategischen Optionen – da der Digitaldruck in vielen Bereich bzw. Branchen anwendbar ist, kann sich Hymmen von der Holz- und Möbelindustrie als Abnehmer unabhängiger machen.

Unternehmeredition: Wie hat sich Ihre Kundenstruktur entwickelt?
Pankoke: Traditionell liefern wir zu einem großen Teil an die Möbelbranche. Das Bild hat sich im Laufe der letzten zehn bis 20 Jahre allerdings gewandelt. Während wir früher viele Möbelhersteller als Kunden hatten, so sind es heute eher die größeren Holzwerkstoffkonzerne wie zum Beispiel Pfleiderer. Im Bereich Kunststoff sind es Kunden, die unsere Pressen für die Herstellung von PVC-Fußböden sowie flachen, teils faserverstärkten Kunststoffhalbzeugen und anderen Belägen benötigen. Auch im Bereich flacher Metalloberflächen haben wir einige Kunden – bei diesen Maschinen geht es z.B. um Blechlackierungen, u.a. die Lackierung von gestanzten Blechen für Generatoren.

Unternehmeredition: Inwieweit spüren Sie die Rezession in der Eurozone, und wie sehen Sie Ihre Wachstumschancen?
Pankoke: Auch wir spüren natürlich die Euro-Rezession, insbesondere was Spanien und Italien angeht – da passiert momentan auftragsmäßig überhaupt nichts. Aber wir können das durch das Wachstum mit unserem Digitaldruck auffangen. Rückblickend konnten wir beim Umsatz in den letzten drei Jahren um etwa 15% jährlich zulegen, nachdem wir 2009 einen Umsatzeinbruch um 30 Prozent% mussten. Unser Exportanteil schwankt natürlich von Zeit zu Zeit, liegt aber im Wesentlichen zwischen 50 und 70%. Davon geht ein großer Teil in unsere Nachbarländer; wir liefern aber auch weltweit – bis nach Asien und Südamerika. In den nächsten Jahren wollen wir weiter mit ca. 10 bis 15% p.a. wachsen.

Unternehmeredition: Herr Dr. Pankoke, vielen Dank für das Gespräch.

Das Interview führte Bernd Frank.
redaktion@unternehmeredition.de

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