„Krisenstimmung“ auf dem deutschen Private Equity-Markt

Private Equity-Markt weiterhin im Aufwind
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Das Geschäftsklima auf dem deutschen Private Equity-Markt hat sich im dritten Quartal des Jahres erneut deutlich abgekühlt. Der Geschäftsklimaindikator des German Private Equity Barometers fällt im dritten Quartal 2022 auf den niedrigsten Wert seit der Finanzkrise Anfang 2009 und dem Ausbruch der Coronapandemie 2020. Das Lageurteil verschlechtere sich nach der Analyse der Experten dabei etwas stärker als das Erwartungsurteil. Aufgrund des Abstandes von Lageurteil und dem schlechteren Erwartungsurteil gehen die Private-Equity-Investoren wohl von einer weiteren deutlichen Abkühlung in den nächsten sechs Monaten aus. Die beginnende Rezession lasse die Stimmung auch in der Private-Equity-Branche einbrechen. Angesichts der starken Leitzinserhöhungen zur Bekämpfung der hohen Inflationsraten rutscht auch der Stimmungsindikator zum Zinsniveau besonders stark ab und erreicht ein neues Allzeittief Da es bei Private-Equity-Transaktionen oft nicht ohne Fremdkapital geht, reagiert die Branche empfindlich auf Zinssteigerungen.

Rezession wirkt sich auf Private-Equity-Branche aus

Durch die Auswirkungen gestörter Lieferketten und gestiegener Energiepreise auf die Wirtschaft ist auch der deutsche Aktienmarkt bereits seit Jahresbeginn unter Druck. Die immer klareren Rezessionsaussichten hätten diesen Druck deutlich erhöht. Die Kombination dieser Faktoren habe zum bisher zweitstärksten Rückgang des Stimmungsindikators zu den Wertberichtigungen geführt. Aufgrund der Börsensituation sowie größer werdender wirtschaftlicher Sorgen bei potenziellen Käufern schränkten sich auch die Exitmöglichkeiten weiter ein. Das Exitklima kühle daher immer stärker ab. Steil bergab gehe es auch mit dem Klima für das Fundraising – sicher auch getrieben durch das Zinsniveau.

„Deutschland ist auf Rezessionskurs eingeschwenkt, das drückt das Geschäftsklima auf dem deutschen Private Equity-Markt zweifellos“, sagt Dr. Fritzi Köhler-Geib, Chefvolkswirtin der KfW. „Die stark gestiegenen und vermutlich weiter steigenden Leitzinsen sind sowohl für das typische Private-Equity-Finanzierungskonzept herausfordernd wie auch für die zusätzlich von stark gestiegenen Energiekosten geplagten Zielunternehmen. Für viele Unternehmen gilt es zunächst einmal, möglichst unbeschadet über den Winter zu kommen. Wenn das geschafft ist, ist schon einmal viel Unsicherheit genommen.

Durch die Krise manövrieren

Ulrike Hinrichs, Foto: BVK

„Der Beteiligungsmarkt kann sich vom gesamtwirtschaftlichen Umfeld nicht entkoppeln. Das gilt für das Spätphasensegment noch viel mehr als für das Venture Capital-Segment. Eine Rezession wird inzwischen deutlich eingepreist, deshalb auch die historisch niedrige Bewertung des Konjunkturumfelds, sagt Ulrike Hinrichs, geschäftsführendes Vorstandsmitglied des BVK. „Der Wettbewerb um die im aktuellen Umfeld attraktivsten Unternehmen dürfte sich verstärken. Gleichzeitig gilt es, die bestehenden Portfoliounternehmen durch die Krise zu manövrieren. Das German Private Equity Barometer wird unter den Mitgliedern des Bundesverbands Deutscher Kapitalbeteiligungsgesellschaften, den Mitgliedsinvestoren des Deutsche Börse Venture Networks sowie weiteren Beteiligungsgesellschaften mit Sitz in Deutschland vierteljährlich erhoben. Berichtet wird das Marktklima auf dem deutschen Private-Equity-Markt auf Basis der Einschätzungen von Beteiligungsgesellschaften mit einem Fokus auf reife, mittelständische Unternehmen.

Autorenprofil

Als Redakteur der Unternehmeredition berichtet Alexander Görbing regelmäßig über Unternehmen und das Wirtschaftsgeschehen. Zu seinen Schwerpunkten gehören dabei Restrukturierungen, M&A-Prozesse, Finanzierungen sowie Tech-Startups.

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