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Kosten und Kapitalstruktur angepasst

Auftrags- und Erlöseinbruch
Heideldruck, wie der weltgrößte Druckmaschinen-Hersteller kurz genannt wird, hat sich aus der Krise gekämpft. Umsatz und Ergebnis sind zwar noch nicht wieder auf Vorkrisenniveau, aber immerhin schrieb das Unternehmen im Geschäftsjahr 2010/11 operativ wieder schwarze Zahlen. Die weltweite Rezession hatte dem Unternehmen schwer zu schaffen gemacht. Durch den Einbruch bei den Auftragseingängen sowie beim Umsatz im Geschäftsjahr 2009/10, der gegenüber dem Vorjahr um 37% auf 2,3 Mrd. EUR zurückging, gerieten die Heidelberger tief in die roten Zahlen. Unter dem Strich stand ein Jahresfehlbetrag von rund 229 Mio. EUR. Noch in der ersten Jahreshälfte 2009 – gut ein halbes Jahr nach Ausbruch der Wirtschaftskrise – konnte der Traditionskonzern aber eine Brückenfinanzierung über 1,5 Mrd. EUR inkl. staatlicher Hilfe abschließen. Dazu gehörten ein Kredit der KfW-Bankengruppe sowie staatliche Bürgschaften, was zunächst über das Gröbste hinweghalf.

Stellenabbau und Dividendenverzicht
Zum Überleben des Unternehmens und schließlich zur Gesundung waren auch sehr schmerzliche Einschnitte bei den Arbeitsplätzen notwendig. Unter anderem einigten sich im September 2010 Geschäftsleitung und Betriebsrat auf einen Abbau von 500 Stellen, insgesamt wurden in den vergangenen Jahren rund 4.500 Arbeitsplätze abgebaut. Zusammen mit weiteren Maßnahmen konnten so die Kosten deutlich gesenkt werden. Die Aktionäre mussten auf eine Dividende verzichten. Strukturell wichtig war der Ausbau des Bereichs Services. Schon im Verlauf des Jahres 2010 deutete sich die Wende zum Positiven an. Ähnlich wie das Unternehmen zuvor von einem massiven Auftragseinbruch heftig gebeutelt worden war, profitierte es nun von der sich erholenden Weltwirtschaft. Der Auftragseingang legte im Quartal April bis Juni 2010 schon kräftig auf rund 780 Mio. EUR zu und lag damit gut 40% über dem entsprechenden Vorjahreszeitraum. Beim Umsatz gab es ebenfalls einen – wenn auch nur leichten – Aufwärtstrend.

Neue Aktien und weniger Schulden
In den nächsten Monaten setzte sich die Genesung des Unternehmens fort. Mit diesem Trend im Rücken ging Heideldruck im Herbst 2010 an den Kapitalmarkt, der Erlös aus der Ausgabe neuer Aktien ging in den Schuldenabbau. Ende 2010 betrug der Schuldenstand nur noch 220 Mio. EUR, verglichen mit mehr als 700 Mio. EUR Ende 2009. Auch wenn heute operativ die Gewinnschwelle wieder überschritten ist, so steht unter dem Strich nach vorläufigen Zahlen für das Geschäftsjahr 2010/11 – insbesondere wegen hoher Kreditkosten – noch ein Verlust von 130 Mio. EUR. Der Umsatz stieg um 14% auf 2,63 Mrd. EUR. CFO Dirk Kaliebe erwartet, dass sich der Investitionsstau bei den Kunden weiter auflöst. “Wir sind ein spätzyklisches Unternehmen, momentan liegen wir beim Auftragseingang durchschnittlich noch unter 700 Mio. EUR pro Quartal”, sagt Kaliebe. “Wir haben eine Stabilisierung, aber noch keinen durchgreifenden Aufschwung in der Branche.” Im Mai 2012 werde man klarer sehen, wenn sich die weltweite Branche auf der alle vier Jahre stattfindenden Leitmesse Drupa trifft – der ersten nach der Krise.“Wir sind nun mittelfristig stabil finanziert”
Interview mit Dirk Kaliebe, CFO, Heidelberger Druckmaschinen AG

Unternehmeredition: Herr Kaliebe, wie schwer traf Sie die weltweite Finanz- und Wirtschaftskrise?
Kaliebe:
Die Krise, ausgelöst durch die Lehman-Pleite im September 2008, traf uns sowie die gesamte Branche schnell und äußerst hart. Bis zum Sommer 2008 standen wir gut da und verbuchten rund 950 Mio. EUR Auftragseingänge pro Quartal. Im Laufe des zweiten Halbjahres ging es dann rapide abwärts. Der Umsatz beim Verkauf von Neumaschinen halbierte sich nahezu. Weniger stark litt dagegen der Bereich Services. Unsere Kundschaft, die größtenteils abhängig von der Werbebranche ist, war durch die weltweite Rezession völlig verunsichert und reagierte mit Kaufzurückhaltung.

Unternehmeredition: Konnten Sie überhaupt entsprechend schnell gegensteuern?
Kaliebe:
Nein. Wir mussten natürlich unsere Produktions- und Personalkapazitäten anpassen – aber so schnell, wie Auftragseingang und Umsatz einbrachen, ging das natürlich nicht. Jedoch legten wir zügig ein Kostensenkungsprogramm auf, das die strukturellen Kosten des Unternehmens um rund 480 Mio. EUR reduzierte. Dabei kam praktisch alles auf den Prüfstand: vom Produktportfolio über die Lieferantenkette bis hin zum Cash Control Management. Nichtprofitable Produkte wurden identifiziert und aussortiert, dazu kamen Einsparungen im Einkauf. Die Kapitalbindung wurde durch ein ganzheitliches Asset Management reduziert. Mit allen Maßnahmen zusammen senkten wir die operative Gewinnschwelle, die zuvor noch bei einem Umsatzvolumen von 3,2 Mrd. EUR lag, auf währungsbereinigt rund 2,5 Mrd. EUR.

Unternehmeredition:Profitieren Sie heute noch von den Maßnahmen?
Kaliebe:
Ja, eindeutig. Die strukturellen Maßnahmen führen auch heute noch zu rund 480 Mio. EUR Einsparungen pro Jahr. Insbesondere im Cash Management waren wir erfolgreich: Im Dezember 2008 hatten wir noch ein Net Working Capital von über 1,4 Mrd. EUR, heute liegt es knapp unter 1 Mrd. EUR. Mit der deutlichen Reduzierung des Net Working Capital konnten wir auch bei unseren Gläubigern punkten.

Unternehmeredition:Wie verhielten sich damals Ihre Kapitalgeber?
Kaliebe:
In den ersten Monaten 2009, also auf dem Höhepunkt der Krise, waren die Banken bei der Kreditvergabe sehr restriktiv, und an der Börse bzw. am Kapitalmarkt herrschte große Verunsicherung. Wir mussten alternative Wege suchen, um Eigen- oder Fremdkapital aufnehmen zu können. Da der Kapitalmarkt nicht mehr funktionierte, wir aber das Volumen unseres Finanzierungsrahmens in Höhe von 1,5 Mrd. EUR aufrechterhalten mussten, nahmen wir Hilfen aus dem Konjunkturpaket II als Brückenfinanzierung in Anspruch. Die Voraussetzungen erfüllten wir: Wir steckten in einer Krise, waren unverschuldet hineingeraten und es bestand die Aussicht auf eine Gesundung des Unternehmens. Neben einem KfW-Direktkredit von 300 Mio. EUR erhielten wir staatliche Bürgschaften in Höhe von knapp 500 Mio. EUR.

Unternehmeredition:Wann konnten Sie den Turnaround vollziehen?
Kaliebe:
Der operative Turnaround kam in der zweiten Jahreshälfte 2010. Im September brachte uns eine Kapitalerhöhung rund 400 Mio. EUR netto in die Kasse. Wir konnten damit Verbindlichkeiten vorzeitig ablösen und so unseren Kapitalrahmen auf 1 Mrd. EUR reduzieren. Im März 2011 emittierten wir noch einen High-Yield-Bond im Volumen von rund 300 Mio. EUR und einer Laufzeit bis 2018. Mittelfristig sind wir nun stabil finanziert.

Unternehmeredition:Herr Kaliebe, vielen Dank für das Gespräch.

Artikel und Interview: Bernd Frank
redaktion@unternehmeredition.de

Kurzprofil: Heidelberger Druckmaschinen AG
Gründungsjahr: 1850
Branche: Druckmaschinen
Unternehmenssitz: Heidelberg
Mitarbeiterzahl: weltweit rund 15.800
Umsatz 2010/11 (zum 31. März): 2,63 Mrd. EUR
Internet: www.heidelberg.com

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