Kosten und Kapitalstruktur angepasst

Wir sind nun mittelfristig stabil finanziert”
Interview mit Dirk Kaliebe, CFO, Heidelberger Druckmaschinen AG

Unternehmeredition: Herr Kaliebe, wie schwer traf Sie die weltweite Finanz- und Wirtschaftskrise?
Kaliebe:
Die Krise, ausgelöst durch die Lehman-Pleite im September 2008, traf uns sowie die gesamte Branche schnell und äußerst hart. Bis zum Sommer 2008 standen wir gut da und verbuchten rund 950 Mio. EUR Auftragseingänge pro Quartal. Im Laufe des zweiten Halbjahres ging es dann rapide abwärts. Der Umsatz beim Verkauf von Neumaschinen halbierte sich nahezu. Weniger stark litt dagegen der Bereich Services. Unsere Kundschaft, die größtenteils abhängig von der Werbebranche ist, war durch die weltweite Rezession völlig verunsichert und reagierte mit Kaufzurückhaltung.

Unternehmeredition: Konnten Sie überhaupt entsprechend schnell gegensteuern?
Kaliebe:
Nein. Wir mussten natürlich unsere Produktions- und Personalkapazitäten anpassen – aber so schnell, wie Auftragseingang und Umsatz einbrachen, ging das natürlich nicht. Jedoch legten wir zügig ein Kostensenkungsprogramm auf, das die strukturellen Kosten des Unternehmens um rund 480 Mio. EUR reduzierte. Dabei kam praktisch alles auf den Prüfstand: vom Produktportfolio über die Lieferantenkette bis hin zum Cash Control Management. Nichtprofitable Produkte wurden identifiziert und aussortiert, dazu kamen Einsparungen im Einkauf. Die Kapitalbindung wurde durch ein ganzheitliches Asset Management reduziert. Mit allen Maßnahmen zusammen senkten wir die operative Gewinnschwelle, die zuvor noch bei einem Umsatzvolumen von 3,2 Mrd. EUR lag, auf währungsbereinigt rund 2,5 Mrd. EUR.

Unternehmeredition:Profitieren Sie heute noch von den Maßnahmen?
Kaliebe:
Ja, eindeutig. Die strukturellen Maßnahmen führen auch heute noch zu rund 480 Mio. EUR Einsparungen pro Jahr. Insbesondere im Cash Management waren wir erfolgreich: Im Dezember 2008 hatten wir noch ein Net Working Capital von über 1,4 Mrd. EUR, heute liegt es knapp unter 1 Mrd. EUR. Mit der deutlichen Reduzierung des Net Working Capital konnten wir auch bei unseren Gläubigern punkten.

Unternehmeredition:Wie verhielten sich damals Ihre Kapitalgeber?
Kaliebe:
In den ersten Monaten 2009, also auf dem Höhepunkt der Krise, waren die Banken bei der Kreditvergabe sehr restriktiv, und an der Börse bzw. am Kapitalmarkt herrschte große Verunsicherung. Wir mussten alternative Wege suchen, um Eigen- oder Fremdkapital aufnehmen zu können. Da der Kapitalmarkt nicht mehr funktionierte, wir aber das Volumen unseres Finanzierungsrahmens in Höhe von 1,5 Mrd. EUR aufrechterhalten mussten, nahmen wir Hilfen aus dem Konjunkturpaket II als Brückenfinanzierung in Anspruch. Die Voraussetzungen erfüllten wir: Wir steckten in einer Krise, waren unverschuldet hineingeraten und es bestand die Aussicht auf eine Gesundung des Unternehmens. Neben einem KfW-Direktkredit von 300 Mio. EUR erhielten wir staatliche Bürgschaften in Höhe von knapp 500 Mio. EUR.

Unternehmeredition:Wann konnten Sie den Turnaround vollziehen?
Kaliebe:
Der operative Turnaround kam in der zweiten Jahreshälfte 2010. Im September brachte uns eine Kapitalerhöhung rund 400 Mio. EUR netto in die Kasse. Wir konnten damit Verbindlichkeiten vorzeitig ablösen und so unseren Kapitalrahmen auf 1 Mrd. EUR reduzieren. Im März 2011 emittierten wir noch einen High-Yield-Bond im Volumen von rund 300 Mio. EUR und einer Laufzeit bis 2018. Mittelfristig sind wir nun stabil finanziert.

Unternehmeredition:Herr Kaliebe, vielen Dank für das Gespräch.

Artikel und Interview: Bernd Frank
redaktion@unternehmeredition.de

Kurzprofil: Heidelberger Druckmaschinen AG
Gründungsjahr: 1850
Branche: Druckmaschinen
Unternehmenssitz: Heidelberg
Mitarbeiterzahl: weltweit rund 15.800
Umsatz 2010/11 (zum 31. März): 2,63 Mrd. EUR
Internet: www.heidelberg.com

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