In fremden Händen

Eine Unternehmensnachfolge innerhalb der Familie gelingen immer seltener. Findet sich kein geeigneter Nachfolger, müssen Inhaber familiengeführter Unternehmen auf die Suche nach einem Käufer gehen. Ein Verkauf ist nicht die schlechteste Variante – sofern er rechtzeitig und sachlich geplant wird.

Den Anteilsverkauf als wahren Glücksfall zu bezeichnen, würde dem Empfinden der meisten Firmenlenker, die an der Spitze mittelständischer Familienunternehmen stehen, sicherlich nicht gerecht. Denn das wahre Glück erkennen sie noch immer darin, ihr Unternehmen in die Hände eines kompetenten Nachfolgers aus der eigenen Familie zu übergeben. Doch das gelingt immer seltener, wie Zahlen zeigen. Nach Schätzungen des Instituts für Mittelstandsforschung (IfM) in Bonn stehen in Deutschland derzeit etwa 27.000 Firmenübergaben pro Jahr an. Doch nur rund 50 Prozent der Eigentümer übergeben dem IfM zufolge ihr Unternehmen an ein Familienmitglied. „Und auch da fallen Wunsch und Wirklichkeit auseinander“, erklärt Markus Nacke von der Niederrheinischen Industrie- und Handelskammer (IHK), Duisburg. „In unserer Beratungspraxis sehen wir, dass nur etwas mehr als ein Drittel der Unternehmen innerhalb der Familie übergeben werden“, sagt er.

Es trifft kleine wie große Familienunternehmen

Auch der „DIHK-Report Unternehmensnachfolge 2016“ des Deutschen Industrie- und Handelskammertages belegt, dass die Unternehmensnachfolge im Familienkreis immer seltener glücken: So ließen sich im Jahr 2015 6.483 Senior-Unternehmer bei einer Industrie- und Handelskammer (IHK) beraten, weil sie einen Nachfolger suchten. Das waren neun Prozent mehr als im Vorjahr. Im Vergleich zu vor fünf Jahren beläuft sich der Anstieg gar auf 60 Prozent. Zwar mögen sich vor allem kleinere inhabergeführte Firmen in Sachen Nachfolge von einer IHK beraten lassen. Doch auch große Unternehmen müssen zuweilen einen Übernahme-Kandidaten außerhalb der Verwandtschaft finden. Das zeigt nicht nur das Beispiel Rimowa.

So wurde etwa der Spirituosenhersteller Berentzen 2008 überraschend an einen Münchner Finanzinvestor verkauft. Das Ende einer 250-jährigen Familiengeschichte. So muss die Oetker-Gruppe seit Kurzem ohne Familienmitglied in der Unternehmensführung auskommen. Finanzchef Albert Christmann hat im Dezember 2016 die Leitung der Lebensmittelsparte von Richard Oetker übernommen. Der Beirat schickte für ihn keinen Nachfolger aus der Familie an die Spitze der Gruppe. Und Werner Kieser, Gründer der Fitness-Kette Kieser Training, zog sich pünktlich zum 50. Geburtstag seines Unternehmens zurück. Der 76-Jährige und seine Frau Gabriela haben die Aktiengesellschaft zu Jahresbeginn verkauft.

Da Familienunternehmen immer öfter damit kämpfen, passende Firmenerben zu finden, gewinnen Modelle für die familienexterne Unternehmensnachfolge wie ein Management-Buy-out, ein Management-Buy-in, der Verkauf an einen Kunden oder gar einen Finanzinvestor zunehmend an Bedeutung. Doch für welche Variante Firmenlenker sich auch entscheiden: Wichtig sind immer eine frühzeitige Planung, der Wille loszulassen und eine realistische Vorstellung vom Kaufpreis.

Nächste Seite: Konflikte in der Familie

1
2
3
4
5
6
7
Vorheriger ArtikelKompetenz oder Herkunft – Wer ist der „bessere“ Nachfolger?
Nächster ArtikelDurchwachsenes Verhältnis zwischen Mittelständlern und Start-ups