In fremden Händen

Eine Unternehmensnachfolge innerhalb der Familie gelingen immer seltener. Findet sich kein geeigneter Nachfolger, müssen Inhaber familiengeführter Unternehmen auf die Suche nach einem Käufer gehen. Ein Verkauf ist nicht die schlechteste Variante – sofern er rechtzeitig und sachlich geplant wird.

„Die Gründe dafür, dass interne Unternehmensnachfolgen heute oft scheitern, sind ganz unterschiedlicher Natur“, sagt Beatrice Rodenstock, Geschäftsführende Gesellschafterin der Rodenstock Gesellschaft für Familienunternehmen in München. „Zum Teil sind die Kinder des Firmenlenkers nicht ausreichend qualifiziert oder sie fühlen sich nicht so“, erklärt Rodenstock. „Hinzu kommt, dass gerade die viel beschworene ‚Generation Y‘ ganz andere Vorstellungen von einer vernünftigen Work-Life-Balance hat“, gibt sie zu bedenken. Die heute 18- bis 35-Jährigen möchten – anders als ihre Väter und Mütter – ihr Leben nicht mehr hauptsächlich dem Unternehmen widmen.

Verletzte Eitelkeiten

Und selbst wenn ein Nachfolger aus dem Familienkreis zunächst einmal bester Dinge ist, kann es zu Problemen kommen. Persönliche Befindlichkeiten, verletzte Eitelkeiten und unterschiedliche Vorstellungen von Führungsstil und Zukunft der Firma sorgen immer wieder dafür, dass unüberwindbare Konflikte die geplante Unternehmensnachfolge am Ende doch scheitern lassen. Je größer der Gesellschafterkreis ist, umso schwieriger wird es. „Und wenn es zu handfesten Streitigkeiten kommt, ist es vielleicht nicht einmal mehr möglich, einen Fremdgesellschafter einzusetzen“, erklärt Rodenstock.

Da stimmt es zuversichtlich, dass zumindest die Zahl der potenziellen Firmenkäufer gestiegen ist: 5.013 Übernahmeinteressenten haben sich dem DIHK-Report zufolge im Jahr 2015 bei einer IHK beraten lassen. Damit ist die Anzahl der Kandidaten mit Beratungsbedarf immerhin um 20 Prozent stärker gestiegen als die der Rat suchenden Senior-Unternehmer. Und: Immer mehr Frauen können sich vorstellen, eine Firma zu übernehmen. 2015 waren 22 Prozent aller Nachfolgeinteressenten weiblich, fünf Jahre zuvor waren es noch 15 Prozent gewesen.

Caroline Hartmann-Servie: Pioinierin für die weibliche Nachfolge.
Caroline Hartmann-Servie: Pioinierin für die weibliche Nachfolge.

Caroline Hartmann-Serve hat in Sachen „weibliche Firmennachfolge“ Pionierarbeit geleistet. Vielleicht zählt sie gerade deshalb zum Kreis der „Herzblut-Inhaber“, für die es nahezu ausgeschlossen ist, ihr Lebenswerk in fremde Hände zu geben. Hartmann-Serve ist bereits 1988 in das Unternehmen, das ihr Vater aufgebaut hatte, eingestiegen, hat es zwei Jahre später ganz übernommen. Mit Lochkarten hatte 1965 alles begonnen. Der EDV-Fachmann Claus Hartmann gründete die Lochkartenverarbeitungsgesellschaft (LVG) mit Sitz in Mönchengladbach. „Ich fand die Firma schon als Kind faszinierend“, berichtet die heutige Firmenchefin.

Ein Verkauf kaum vorstellbar

Als ihr Vater 1990 plötzlich verstirbt, führt die damals 27-Jährige den Betrieb allein weiter. Heute hat das Rechenzentrum Hartmann, wie das Unternehmen inzwischen heißt, 50 Mitarbeiter und erzielte zuletzt einen Umsatz von mehr als drei Mio. Euro. „Mein Herz hängt an dem Familienunternehmen“, sagt Caroline Hartmann-Serve heute. „Ich habe der Firma einen Großteil meines Lebens gewidmet, ich kann mir überhaupt nicht vorstellen, sie eines Tages zu verkaufen.“ Wenn sie ihr Unternehmen aber in fremde Hände übergeben müsste, würde sie sich am wohlsten fühlen, wenn es ein erfahrener zuverlässiger Mitarbeiter aus der Führungsetage übernehmen würde. Ein Management-Buy-out wäre dann die erste Wahl.

 

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