Die deutsche Wirtschaft verharrt weiterhin in einer Phase der Stagnation. Laut der heute veröffentlichten Frühjahrsprognose des ifo Instituts wird das preisbereinigte Bruttoinlandsprodukt im Jahr 2025 nur um 0,2% gegenüber dem Vorjahr steigen. Damit wurde die Prognose im Vergleich zur Winterprognose 2024 um 0,2 Prozentpunkte nach unten korrigiert. Auch für das kommende Jahr bleibt das Institut bei seiner bisherigen Einschätzung und erwartet ein Wachstum von 0,8%. Die wirtschaftlichen Aussichten bleiben nach Ansicht der Experten damit gedämpft. Insbesondere Unsicherheiten über die wirtschaftspolitische Ausrichtung in Deutschland und die geopolitischen Spannungen sorgen für ein hohes Maß an Prognoserisiken.
Investitionen sinken
Das Jahr 2024 endete mit einem Rückgang des Bruttoinlandsprodukts um 0,2%. Damit lag die Wirtschaftsleistung nur knapp über dem Niveau von 2019. Während öffentliche Dienstleister ihre Wirtschaftsleistung deutlich steigern konnten, stecken die Industrie und das Baugewerbe weiterhin in der Rezession. Die konsum- und unternehmensnahen Dienstleistungen bewegten sich laut der Analyse weitgehend seitwärts. In nahezu allen Branchen herrscht Auftragsmangel, trotz gesunkener Zinsen und gestiegener Kaufkraft. Auch die Unternehmen investierten zurückhaltend. Die Bruttoanlageinvestitionen sanken um 2,8%. Besonders das Verarbeitende Gewerbe konnte von der globalen Konjunkturerholung nicht profitieren. Trotz eines weltweiten Wachstums von 2,7% gingen die deutschen Exporte um 1,7% zurück. Vor allem der zunehmende Konkurrenzdruck aus China belaste die deutsche Industrie. Die Ausfuhren nach China sind das dritte Jahr in Folge gesunken und lagen 2024 rund 23% unter dem Niveau von 2021.
Strukturwandel bremst Industrie aus
Der Strukturwandel im Verarbeitenden Gewerbe setzt sich fort. Wertschöpfung verlagert sich zunehmend auf produktbegleitende Dienstleistungen und internationale Produktionsstätten. Der Fokus verschiebt sich von der klassischen Produktfertigung hin zu Entwicklung und Vertrieb. Die Krise der Industrie lässt sich auch an der rückläufigen Bruttowertschöpfung ablesen, die insbesondere im vergangenen Jahr deutlich nachgab. Die Prognose des ifo Instituts verweist auf erhebliche Unsicherheiten. In den USA sorge die erratische Politik der neuen Regierung für Verunsicherung. Insbesondere die angekündigten Handelszölle im Rahmen der „America First“-Strategie verschärfen die Situation. Die Prognose unterstellt unter anderem neue US-Zölle auf Importe aus Mexiko, Kanada und China sowie Gegenmaßnahmen der betroffenen Länder. Auch in Deutschland würden die unklaren Ergebnisse der jüngsten Bundestagswahl zur Unsicherheit beitragen. Zwar könnten neue fiskalische Impulse – etwa durch Investitionen in Infrastruktur und Verteidigung – die Konjunktur mittelfristig beleben, jedoch sei derzeit unklar, welche Vorhaben tatsächlich umgesetzt werden.
Verhaltene Erholung für 2025 erwartet
Im laufenden Jahr bleibt die gesamtwirtschaftliche Dynamik schwach. Die Frühindikatoren, wie der ifo Geschäftsklimaindex, hätten sich stabilisiert, eine deutliche Erholung ist jedoch nicht in Sicht. Die privaten Konsumausgaben dürften preisbereinigt nur um 0,4% steigen. Gleichzeitig werde erwartet, dass die reale Kaufkraft leicht sinkt. Grund hierfür sind höhere Verbraucherpreise bei gleichzeitig moderatem Lohnwachstum. Im Baugewerbe zeichne sich eine Bodenbildung ab, wobei sich der öffentliche Bau stabil zeigt, der Wirtschaftsbau jedoch weiterhin unter der Industrieschwäche leidet. Für das Verarbeitende Gewerbe rechnet das ifo Institut mit einem weiteren Rückgang der Bruttowertschöpfung im laufenden Jahr. Erst 2026 könnte eine spürbare Erholung einsetzen. Die Prognose geht für 2025 von einer Arbeitslosenquote von 6,2% aus, nachdem sie im Vorjahr bei 6,0% lag. Die Verbraucherpreise würden laut ifo voraussichtlich um 2,3% steigen.