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Freiraum geschaffen

Infolge eines größeren Forderungsausfalls war die Kunststoffverarbeitung Reich GmbH in Zahlungsnöte geraten. Nach Abschluss des Insolvenzplanverfahrens ist Reich Tank wieder für die Zukunft gerüstet. Beteiligungskapital hat dabei eine wichtige Rolle gespielt. 

Nach dem Winter ist vor dem Winter: Bei der oberbayerischen Reich Tank gehen bereits jetzt die Bestellungen für Silos, Soleerzeuger und Tanks ein, die das Schüttgut für den Straßendienst in der kalten Jahreszeit bereithalten. Reich ist nach eigenen Angaben bundesweit Markführer im Silo- und Soleanlagenbau. Dennoch ist das Unternehmen vor rund zwei Jahren durch einen hohen Forderungsausfall ins Wanken geraten. So sehr, dass es Zahlungsunfähigkeit anmelden musste. Die Restrukturierung im Zuge des Insolvenzverfahrens bietet nun neue Chancen. „Wir arbeiten jetzt profitabler als vorher und haben gute Chancen, Potenziale für ein solides Wachstum zu heben“, sagt Firmenchef Ralph Breiltgens.

Traditionsunternehmen schlittert in die Insolvenz
Das Unternehmen ist vor 80 Jahren als Schäfflerbetrieb entstanden, der Fässer für die Landwirtschaft fertigte. In den 1950er-Jahren entwickelte sich Reich zum Pionier der Glasfaserkunststoffe (GFK), deren Anwendung für den Winterdienst den Erfolg brachte. Der Vorteil: Aus GFK gefertigte Behälter und Anlagen sind witterungs- und korrosionsbeständiger als etwa Stahl oder Eisen. Vor sieben Jahren stieg Breiltgens mit eigenem Kapital in das Unternehmen ein mit dem Ziel, die Weichen für die Zukunft zu stellen. Dazu zählte auch die Etablierung zusätzlicher Geschäftsbereiche mit Lösungen etwa für die chemische Industrie und die Luftreinhaltung von Müllverbrennungsanlagen. Doch der Forderungsausfall in sechsstelliger Höhe machte die Planungen erst einmal obsolet.

Infolge eines größeren Forderungsausfalls war die Kunststoffverarbeitung Reich GmbH in Zahlungsnöte geraten. Nach Abschluss des Insolvenzplanverfahrens ist das Unternehmen wieder für die Zukunft gerüstet. Beteiligungskapital hat dabei eine wichtige Rolle gespielt.

Sanierung und ein neuer Kapitalpartner
Da gute Aussichten auf eine Fortführung des Unternehmens bestanden, wurde der Antrag auf Insolvenz in Eigenverwaltung durch den bisherigen Firmenchef positiv beschieden. Wesentlicher Bestandteil des Restrukturierungsprozesses war die Definition der idealen Firmengröße. „Durch das Absenken der Umsatzziele konnten wir Vertriebsdruck herausnehmen und Zeit für die Neuaufstellung gewinnen“, sagt Breiltgens. Die auf Sanierung ausgerichteten Vorschriften des Insolvenzplanverfahrens ermöglichten den kurzfristigen Personalabbau von 50 auf 35 Mitarbeiter. Zudem wurden die Prozesse effizienter organisiert und alle Kostenblöcke auf den Prüfstand gestellt. Gleichzeitig wurde ein Kapitalgeber gesucht, der die Restrukturierung mit einer Beteiligung am Unternehmen begleiten würde. Mehrere Investoren zeigten sich interessiert. Das höchste Maß an Übereinstimmung fand man schließlich bei der BayBG Bayerische Beteiligungsgesellschaft mbH. „Die führende Marktstellung von Reich Tank insbesondere in Süddeutschland hat uns ebenso überzeugt wie die guten Produkte und das Management. Dieses hatte den Grund der Insolvenz nicht verursacht“, sagt BayBG-Projektmanager Erwin Wick.

Gläubiger von der Lösung überzeugt
Durch eine offene Beteiligung erwarb die BayBG 49 Prozent der Unternehmensanteile. Das entspricht der Vorgabe der mittelständischen Beteiligungsgesellschaft, die nicht allein die Mehrheit an einer Firma übernimmt. Der Unternehmer soll Herr im Hause bleiben. Der neue Gesellschafter, der als Partner auf Zeit ohne feste Ausstiegsfristen langfristig im Unternehmen bleiben will, stabilisiert nicht nur die Eigenkapitalquote. „Die BayBG steht in dem Ruf, Firmen weiterentwickeln zu wollen, und das hat auch für unser Unternehmen eine positive Außenwirkung“, sagt Breiltgens. Die Gläubiger akzeptierten die Lösung einstimmig. Insgesamt hat der Insolvenzplan ihnen überdurchschnittliche, prozentual zweistellige Erfüllungsquoten gebracht. Das Unternehmen hat während des im April 2017 abgeschlossenen Insolvenzverfahrens keine Kunden verloren. Kurzfristig gilt es nun, den Abschluss des Verfahrens bei Lieferanten und Abnehmern zu kommunizieren sowie das Geschäft zu stabilisieren. Management und BayBG wollen zudem strategisch sinnvolle Investitionen, um langfristig die Anwendungsmöglichkeiten des Werkstoffs GFK breiter nutzen können.


 „Es gab viel Zuspruch von den Gläubigern“

Interview mit Ralph Breiltgens, Geschäftsführender Gesellschafter der Kunststoffverarbeitung Reich GmbH

Unternehmeredition: Wie haben Lieferanten und Banken auf die Insolvenz reagiert?
Breiltgens:
Ich war überrascht, dass uns alle Lieferanten treu geblieben sind. Obwohl sie Geld verloren haben, gab es viel Zuspruch – auch für mich als Person. Es wurden uns längere Zahlungsziele als vorher eingeräumt. Wichtig war zudem, dass die Sparkasse Landsberg als langjährige Hausbank hinter dem Sanierungskonzept stand. Die Hausbank ist oft größter Gläubiger mit vielen Stimmrechten und wichtiger Kontokorrentgeber zur Finanzierung des laufenden Geschäfts.

Welche Bedeutung hat der neue Minderheitsgesellschafter?  
Das Engagement der BayBG ist zukunftsweisend. Sie bringt Geld in das Unternehmen und steht uns mit ihrem Know-how aus anderen Beteiligungen zur Seite. Ein Exit ist erst vorgesehen, wenn das Unternehmen vollständig auf eigenen Beinen stehen kann. Bis dahin streben wir gemeinsam ein solide geplantes und gesundes Wachstum an.

Worauf sollten Unternehmer achten, die in schwieriger Lage Investoren suchen?
Man sollte sich Zeit nehmen und potenzielle Partner sehr genau ansehen. Andererseits kommt es während eines Verfahrens in Eigenverantwortung auch darauf an, rechtzeitig zu handeln. Wir haben schnell deutlich gemacht, was wir langfristig erreichen wollen. Und es muss menschlich zwischen den handelnden Personen stimmen.


Kurzprofil Kunststoffverarbeitung Reich GmbH

Gründungsjahr 1936
Branche Kunststoffindustrie
Unternehmenssitz Landsberg am Lech
Umsatz 2015
rund 5 Mio. Euro
Mitarbeiterzahl 35

www.reich-tank.de

 

 

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