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Finanzierung im Wandel

Innovationskraft, Hightech-Produkte und Dienstleistungen spielen für Mittelständler eine bedeutende Rolle, um sich im globalen Wettbewerb behaupten zu können. Schlagworte wie Smart Factory und Digitalisierung nehmen einen immer größeren Stellenwert ein. Doch sind mittelständische Unternehmen für die Finanzierung einer solchen digitalen Revolution gewappnet? 

Nahezu jeder Mittelständler erwartet, dass die Transformation von Geschäftsmodellen in eine digitale Welt für Unternehmen im Wettbewerb überlebensnotwendig wird. So lautet ein Ergebnis einer Befragung der Ebner Stolz Management Consultants GmbH und der Wolff & Häcker Finanzconsulting AG, die im Sommer 2016 bundesweit durchgeführt wurde. Insgesamt wurden für die Studie knapp 5.000 deutsche Mittelständler und Experten aus den Bereichen Banken, IT und Industrie zum aktuellen Stand der Finanzierung des deutschen Mittelstandes sowie dessen Erwartungen befragt.

Digitalisierung als Garant, um sich behaupten zu können

Trotz dieses Bewusstseins sehen zwei Drittel der befragten Firmen in ihrem Geschäftsmodell noch nicht ausreichend digitalisiert. Allerdings ist zu beachten, dass es hier zwischen den Firmen noch große Unterschiede gibt. Einige haben das Thema Digitalisierung fest in ihren Businessplänen verankert und bereits konkrete Investitionspläne aufgestellt. Bei anderen Unternehmen ist das Thema dagegen noch nicht ausreichend angekommen, und die Entscheidungen über Investitionen erfolgen eher intuitiv.

Investitionen in immaterielle Vermögenswerte gewinnen an Bedeutung

Dies verwundert – ist es doch bei dem Stichwort Digitalisierung augenscheinlich, dass Investitionen in die Veränderung und Digitalisierung von Wertschöpfungsprozessen (Software, Arbeitsprozesse etc.) unausweichlich sind. Hinsichtlich des künftigen Investitionsfokus sind sich die Mittelständler jedoch einig, dass der Trend eher weg von materiell geprägten Investitionen geht. Aus Sicht der Unternehmen liegen die Investitionsschwerpunkte mehr in immateriellen Vermögenswerten, etwa im Bereich der IT-Steuerung, Software sowie der Digitalisierung von Prozessen. Dazu wird insbesondere auch qualifiziertes Personal benötigt.

Risikoprofile und Finanzierungsformen werden sich nachhaltig ändern

Bei der Finanzierung der für die digitale Transformation benötigten Investitionen wollen die Mittelständler weiterhin auf klassische Finanzierungsformen wie Bankdarlehen, Leasing/Factoring und Gesellschafterdarlehen zurückgreifen. Andere Finanzierungsformen ziehen die Unternehmer bisher kaum in Betracht. Aus Sicht der befragten Bankexperten dürfte sich hier jedoch eine Trendwende abzeichnen: Investitionen in neue Prozesse, in die Entwicklung von Know-how und Humankapital stellen immaterielle Vermögenswerte dar. Dies hat weitreichende Konsequenzen im Hinblick auf die Finanzierung, da der Ertrag, der aus diesen Investitionen resultiert, nicht nur für die Unternehmen, sondern auch für Fremdkapitalgeber schwierig zu beurteilen ist. Der Ertrag kommt meist erst später. Neben den bekannten Cashflow-Risiken treten neue, aus der Vernetzung der Industrie erwachsende Prozessrisiken hinzu, die sich auf die Ertrags- und Finanzlage auswirken können.

Innovationskraft, Hightech-Produkte und Dienstleistungen spielen für Mittelständler eine bedeutende Rolle, um sich im globalen Wettbewerb behaupten zu können. Schlagworte wie Smart Factory und Digitalisierung nehmen einen immer größeren Stellenwert ein. Doch sind mittelständische Unternehmen für die Finanzierung einer solchen digitalen Revolution gewappnet? 

Die zunehmende Bedeutung immaterieller Vermögenswerte verändert die Anforderungen an Kreditsicherheiten und deren Fungibilität. Bei veränderten Wertschöpfungsprozessen ist deren Wert viel schwerer einzuschätzen als der von Sachwerten (Grundstücken, Maschinen). Außerdem stellen digitalisierte Lösungen vielfach unternehmensspezifische Assets dar, die für Dritte nicht oder kaum nutzbar sind. Aus diesen Gründen müssen sich neue Besicherungsstandards und Bewertungsusancen etablieren, die den Besonderheiten des digitalen Strukturwandels Rechnung tragen.

Bereitstellung von Risikokapital wird unausweichlich

Die Unsicherheiten, die aus der ungewissen Entwicklung der Ertrags- und Finanzlage sowie aus dem Besicherungsrisiko von immateriellen Vermögenswerten herrühren, implizieren somit erheblich höhere Anforderungen an die finanzierenden Banken bei der Risikoeinschätzung und Beurteilung von Geschäftsmodellen – zumal die Bonität der Unternehmen bei Investitionen in immaterielle Vermögenswerte im ersten Schritt einer solchen Investition negativ beeinflusst wird. Daher werden Fremdkapitalgeber bei der Kreditvergabe weniger auf die Sicherheit der Investition achten, sondern vielmehr auf die allgemeine Bonität des Unternehmens. Dabei wird auch eine Anpassung der Kreditratings erforderlich werden, die den Aspekt der Digitalisierung noch nicht oder nur sehr unzureichend berücksichtigt – jedenfalls nicht im Sinne einer umfassenden digitalen Due Diligence mit der Bestimmung des digitalen Reifegrades des Unternehmens und der Branche. Dies hat zur Folge, dass sich Firmen mit guter Bonität weiterhin mithilfe von Fremdkapital finanzieren können, wohingegen sich solche mit schlechterer Bonität mehr mit Eigenmittelfinanzierungen beschäftigen müssen.

Vor diesem Hintergrund werden sich Unternehmen im Zuge der Digitalisierung verstärkt mit Private Equity oder Venture Capital auseinandersetzen müssen – schließlich gewinnt Eigen- und Risikokapital im Zusammenhang mit Investitionen in immaterielle (digitale) Vermögensgegenstände eine zunehmende Bedeutung.

FAZIT

Mittelständische Unternehmen sind sich durchaus bewusst, dass sie Investitionsschwerpunkte auf die digitale Transformation setzen müssen. Hinsichtlich der Finanzierung wird jedoch die Bonität eine immer entscheidendere Rolle spielen. Zur Schaffung dieser geforderten soliden Eigenkapitalbasis werden daher andere Finanzierungsformen, wie Private Equity und die Bereitstellung von Risikokapital, verstärkt in den Fokus treten.


Zur Person

(© Ebner Stolz Mönning Bachem)

Michael Euchner ist seit 2009 Managing Partner im Bereich Corporate Finance/M&A bei der Ebner Stolz Management Consultants GmbH. Er berät mittelständische Unternehmen bei Fragen der Finanzierung und bei Unternehmenstransaktionen.

www.ebnerstolz.de

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