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Finanzierung durch strategischen Einkauf

Wenn Unternehmen an Modelle zur Beschaffung von Finanzmitteln denken, dann werden darunter vornehmlich Maßnahmen der Außen- und Innenfinanzierung verstanden. Beschafft man sich bei der Außenfinanzierung Geldmittel von Dritten wie Eigentümern oder Gläubigern, so zielen Maßnahmen der Innenfinanzierung auf die Generierung von Mitteln aus dem Unternehmen wie Gewinnthesaurierung oder Vermögensumschichtung. In diesem traditionellen Denkmuster finden Effekte aus der Optimierung von externen Beschaffungskosten nur selten expliziten Eingang. Dies ist umso erstaunlicher, wenn man sich die Wirkung von einkaufsoptimierenden Maßnahmen auf die Unternehmensfinanzierung vergegenwärtigt.

Volatile Welt: Wachsende externe Beschaffungsvolumina


In einer sich immer schneller wandelnden Welt sind diejenigen Unternehmen marktführend, die es verstanden haben, sich immer stärker auf ihre Kernkompetenzen zu konzentrieren und in diesem Sinne nicht-strategische Aufgaben an ein Lieferantennetzwerk übertragen. Gerade mittelständische Unternehmen, die das innovative Rückgrat vieler Volkswirtschaften bilden, verhalten sich mit der Auslagerung von Wertschöpfungsstufen auf Lieferanten tendenziell eher zurückhaltend. Ursächlich hierfür sind oftmals Befürchtungen, dass Betriebsgeheimnisse in falsche Hände geraten oder die hohen Qualitätsstandards nicht gehalten werden können, oder einfach die Vermeidung von Abhängigkeiten. In einer Welt jedoch mit immer größer werdender Volatilität und zunehmend kürzeren Produktlebenszyklen wird die Arbeitsteiligkeit stetig wachsen und zu immer größeren Beschaffungsvolumina führen. Diejenigen Unternehmen, die bereits in Lieferantennetzwerken stark arbeitsteilig tätig sind, können sich aus dem Beschaffungsvolumen eine weitere Finanzierungsquelle erschließen. Dabei gilt, je höher das externe Beschaffungsvolumen, desto höher der Finanzierungseffekt aus einer Beschaffungsoptimierung.

Finanzierungseffekt: Einkaufsoptimierung

Der Finanzierungseffekt ergibt sich aus der Optimierung des externen Beschaffungsvolumens. Der Finanzierungseffekt resultiert aus Ausgabenvermeidung bzw. -reduzierung. Er wirkt sich damit unmittelbar auf den Gewinn des Unternehmens aus, sofern Gewinnthesaurierung – also die Einbehaltung von Gewinnen im Unternehmen – betrieben wird. Diese Mittel stehen dem Unternehmen dann zur weiteren Verwendung im Rahmen der Innen- bzw. Selbstfinanzierung zur Verfügung. Ohne die Anwendung von beschaffungsoptimierenden Maßnahmen würde mehr Liquidität aufgebracht werden müssen, um beispielsweise Lieferantenrechnungen zu bezahlen. Wie groß dieser einkaufsseitige Hebel im Vergleich zur Gewinnausweitung über Umsatzsteigerung sein kann, wird aus Abbildung 2 ersichtlich. Der Vergleich von Umsatzsteigerung einerseits und Reduzierung der Beschaffungskosten andererseits auf den liquiditätswirksamen Gewinn ist augenscheinlich. In unserem Beispiel entspricht bereits eine einprozentige (3,5%) Reduzierung der Beschaffungskosten einer Umsatzsteigerung von ~10% (~30%). Dieser Effekt auf den Unternehmensgewinn lässt sich für jedes Unternehmen mit der Formel: berechnen.

Beschaffungsoptimierung: Maßnahmen

Voraussetzung für die Anwendung beschaffungsoptimierender Maßnahmen ist Datentransparenz über das aktuelle und künftige Beschaffungsvolumen. Um große Effekte zu erzielen, beginnt man mit den volumenmäßig größten Beschaffungsgruppen. Für diese wird geprüft, ob Beschaffungsstrategien angewendet werden können, die den Kriterien für eine Liquiditätsersparnis respektive Gewinnerhöhung entsprechen. Solche Beschaffungsstrategien richten ihr Hauptaugenmerk auf Kostenreduzierung, niedrigen Umsetzungsaufwand und geringe Fristigkeit. Beispielhaft sind in diesem Kontext Strategien wie wettbewerbliche Ausschreibungen, Nachverhandlungen, Benchmarking oder Vertragsmanagement zu nennen. Im Regelfall führen diese auf finanzwirtschaftlich kurzfristige Effekte ausgerichteten Strategien zu geringeren Einsparungen als Langfriststrategien, die sich beispielsweise mit der Veränderung von Spezifikationen in cross-funktionalen Teams befassen. Eine Entscheidung zwischen Höhe der Einsparung und Fristigkeit der Realisierung wird deshalb bewusst getroffen, um dem Finanzierungsziel bestmöglich zu genügen.

Fazit: Wachsende Bedeutung des strategischen Einkaufs


Mit der Anwendung spezifisch auf Gewinnerhöhung und Liquiditätsoptimierung gerichteter Beschaffungsstrategien kann der Einkauf einen signifikanten Beitrag zur Innenfinanzierung leisten. Ein gut aufgestellter, strategisch orientierter Einkauf ist hierfür eine unabdingbare Voraussetzung. Durch einen klar definierten Finanzierungsbeitrag rückt die Einkaufsfunktion automatisch in das Blickfeld der Unternehmensleitung und erfährt eine entsprechende Aufwertung, die vielfach in mittelständisch geprägten Unternehmen bislang nicht gegeben ist.

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