Earn-out oder gleich raus?

Wie ein variabler Kaufpreisanteil den Unternehmensverkauf erleichtert

Ein Unternehmensverkauf ist oft geprägt von Unsicherheit. Earn-out Klauseln können den Kaufpreis an die Entwicklung des Unternehmens knüpfen.
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Ein Unternehmensverkauf im Zuge der Nachfolge ist ein Meilenstein – oft geprägt von Unsicherheit, Emotionen und unterschiedlichen Erwartungen. Gerade wenn ein Lebenswerk übergeben wird, prallen Vorstellungen auf Käufer- und Verkäuferseite über den Wert und die Zukunft des Unternehmens aufeinander. Vor allem die Kaufpreisfindung gestaltet sich oft schwierig. Hier bieten Earn-out-Klauseln die Möglichkeit, den Kaufpreis flexibel an die Entwicklung des Unternehmens zu knüpfen. So können Risiken fair verteilt, Vertrauen geschaffen und der Weg für eine erfolgreiche Nachfolge geebnet werden. Wer den Verkauf seines Unternehmens plant, sollte diese Option kennen – sie kann den entscheidenden Unterschied machen.

Earn-out-Klauseln sind vertragliche Regelungen, die einen Teil des Kaufpreises an die zukünftige Entwicklung des verkauften Unternehmens koppeln. Zunächst zahlt der Käufer einen festen Basiskaufpreis. Ein weiterer, variabler Kaufpreisanteil wird nur bei Erreichen bestimmter, vertraglich festgelegter Zielgrößen in einem definierten Zeitraum fällig. Diese Zielgrößen können beispielsweise Umsatz, Gewinn oder EBITDA sein.

Mit Earn-out-Klauseln können verschiedene Ziele erreicht werden:

  • Überbrückung von Unsicherheiten: Käufer und Verkäufer haben oft unterschiedliche Einschätzungen über die zukünftige Entwicklung des Unternehmens. Earn-out-Klauseln helfen, diese Unsicherheiten auszugleichen, indem ein Teil des Kaufpreises an die tatsächliche Entwicklung geknüpft wird. Der Verkäufer verstärkt dadurch auch die Glaubwürdigkeit seiner Angaben in Bezug auf das Unternehmen, die der Kaufpreisberechnung zugrunde liegen.
  • Ausgleich unterschiedlicher Preisvorstellungen: Earn-outs ermöglichen es, den Kaufpreis flexibler zu gestalten. So kann ein höherer Gesamtpreis erzielt werden, wenn das Unternehmen die vereinbarten Ziele erreicht. Sollte sich das Unternehmen nach dem Verkauf schlechter entwickeln als erwartet, ist der Käufer durch die Earn-out-Regelung geschützt, da er einen Teil des Kaufpreises nur bei Erreichen bestimmter Ziele zahlen muss. Ein fixer Risikoabschlag bei der Bewertung ist dann nicht erforderlich.
  • Erleichterung der Finanzierung: Für den Käufer kann es finanziell entlastend sein, wenn ein Teil des Kaufpreises erst später fällig wird. Das kann die Finanzierung erleichtern und die Transaktion überhaupt erst ermöglichen.
  • Begleitung der Übergangsphase: Bleibt der Verkäufer für die Earn-out-Periode noch als Geschäftsführer oder Minderheitsgesellschafter im Unternehmen tätig, kann er die Übergangsphase begleiten und positiv beeinflussen. Dies zeigt Kontinuität und hilft, Unsicherheiten unter den Mitarbeitern zu reduzieren. Auch kann der Verkäufer Einfluss auf das Erreichen der Earn-out-Ziele nehmen.

Typische Strukturelemente und Grundprinzipien

Earn-out-Klauseln weisen in der Praxis eine Reihe wiederkehrender Strukturelemente auf. Um eine faire und praktikable Lösung für Verkäufer und Erwerber zu schaffen, müssen insbesondere folgende Prinzipien beachtet werden:

  • Die Zielgrößen müssen objektiv messbar definiert werden. Typische Zielgrößen sind Umsatz, EBIT, EBITDA oder andere betriebswirtschaftliche Kennzahlen. Zudem können auch nicht-finanzielle Ziele, etwa das Erreichen von Meilensteinen bei der Produktentwicklung, festgehalten werden. Wichtig ist, dass die Zielgrößen für beide Parteien nachvollziehbar und überprüfbar sind, sodass eine spätere Manipulation ausgeschlossen ist.
  • Der Bemessungszeitraum, in dem die Zielgrößen erreicht werden müssen, beträgt meist zwischen einem und drei Jahren. Ein zu kurzer Zeitraum kann dazu führen, dass kurzfristige Maßnahmen zur Zielerreichung im Vordergrund stehen, während ein zu langer Zeitraum die Unsicherheiten für beide Parteien erhöht. Die Wahl des Zeitraums sollte sich an den Besonderheiten des Unternehmens und der Branche orientieren. In der Praxis ist für den Verkäufer eine kürzere Earn-out-Phase günstig; der Käufer wird dagegen einen längeren Zeitraum fordern, um die Wertbeständigkeit des Unternehmens sicherzustellen.
  • Die Methodik der Berechnung der variablen Kaufpreisbestandteile muss im Vertrag klar und transparent geregelt sein, um spätere Streitigkeiten zu vermeiden. Dies umfasst, wie die Zielgrößen ermittelt werden, welche Bilanzierungs- und Bewertungsmethoden zugrunde gelegt werden und wie mit Sondereffekten umzugehen ist. Auch die Modalitäten der Auszahlung (zum Beispiel Einmal- oder Ratenzahlung) sollten festgelegt werden.

Rechtliche Aspekte und Erfolgsfaktoren in der Praxis

Voraussetzung für den Erfolg eines Earn-outs ist eine präzise vertragliche Fixierung. Die konkrete Gestaltung der Earn-out-Klausel erfordert ein hohes Maß an Sorgfalt und Weitblick, da sie maßgeblich über den späteren Erfolg der Vereinbarung entscheidet. In der Praxis ist es aufgrund der gegenläufigen Interessen der Parteien oft schwierig, eine ausgewogene Earn-out-Regelung zu finden und das Risiko manipulativer Einflussnahme der Parteien auszuschließen.

  • Manipulationsschutz und Kontrollrechte: Je nach Gestaltung des Earn-outs hat der Verkäufer nach dem Verkauf keinen Einfluss mehr auf den weiteren Geschäftsgang des Unternehmens. Dies birgt die Gefahr, dass der Käufer das wirtschaftliche Wachstum des Unternehmens etwa durch bilanzielle Maßnahmen künstlich unterbindet und so die Schwellenwertberechnung zu seinen Gunsten beeinflusst. Daher sind Schutzmechanismen zugunsten des Verkäufers zu treffen und Manipulationsmöglichkeiten des Käufers durch vertragliche Vereinbarung zu minimieren. Sinnvoll sind beispielsweise Einsichts- und Prüfungsrechte sowie Vetorechte zugunsten des Verkäufers, wenngleich sich diese Einschränkungen der Handlungsfreiheit des Käufers negativ auf das Unternehmen auswirken können.
  • Einflussmöglichkeiten des Verkäufers: Während der Earn-out-Periode trägt der Verkäufer weiterhin ein unternehmerisches Risiko, obwohl er grundsätzlich keinen Einfluss mehr auf die wirtschaftliche Entwicklung des Unternehmens hat. Bleibt der Verkäufer stattdessen nach dem Verkauf im Unternehmen, um einerseits den wirtschaftlichen Erfolg sicherzustellen und andererseits ein opportunistisches Verhalten des Verkäufers zu unterbinden, kann er die Erreichung der Schwellenwerte maßgeblich beeinflussen. Dabei besteht das Risiko, dass er seinen Pflichten nicht mehr nachkommt, sobald der Eintritt des Earn-outs nicht mehr möglich erscheint. Daher sollten verschiedene Schwellenwerte vorgesehen werden, um das Risiko der künftigen Entwicklung des Unternehmens und der gesamtwirtschaftlichen Lage adäquat zwischen den Parteien aufzuteilen. Zudem ist eine Staffelung der Fälligstellung der Earn-out-Zahlung sinnvoll.
  • Integration und Weiterverkauf: Zur Ermittlung des Earn-outs ist eine isolierte Betrachtung des Unternehmens erforderlich. Dieses muss buchhalterisch und finanziell getrennt von den übrigen Unternehmen des Käufers sein, was insbesondere bei Asset Deals eine Herausforderung darstellt. Dies erschwert das Bestreben des Käufers, das Zielunternehmen zeitnah in seinem Konzern zu integrieren und Synergien zu heben. Auch ein etwaiger Weiterverkauf des Unternehmens vor Erfüllung des Earn-out-Anspruchs ist zu bedenken und klar zu regeln.
  • Absicherung: Weiterhin ist eine insolvenzfeste Absicherung der Earn-out-Zahlung sinnvoll, beispielsweise durch die Zahlung auf ein Treuhandkonto oder eine Bürgschaft der Muttergesellschaft.
  • Folgen bei Nichterfüllung: Abschließend sind die Folgen der Nichterfüllung der Handlungspflichten, Mitwirkungs- und Kontrollrechte der Parteien zu regeln. Insbesondere ist eine Regelung – in der Praxis wohl der Ausschluss – des Rücktrittsrechts des Verkäufers bei Ausbleiben der Earn-out-Zahlung zu treffen.

Abschließend ist das Ineinandergreifen des Earn-out-Mechanismus mit den übrigen vertraglichen Regelungen, insbesondere den Garantien, dem Auskunftsanspruch sowie den Regelungen zu streitigen Auseinandersetzungen, sicherzustellen.

FAZIT & AUSBLICK

Ein Earn-out ist das Mittel der Wahl, um unterschiedliche Preisvorstellungen zu überwinden und das Risiko der Unternehmensentwicklung auf beide Parteien zu verteilen. Zu bedenken bleibt, dass es keine gesetzlichen Vorgaben für Earn-out-Klauseln gibt, sodass diese ein enormes Verhandlungs- und Gestaltungspotenzial bieten. Zudem führt ein Earn-out zu einem „Nachspiel“, was sich über mehrere Jahre erstrecken kann.

👉 Dieser Beitrag ist auch in der Magazinausgabe der Unternehmeredition 3/2025 erschienen.

Autorenprofil
Dr. Leonie Schwarzmeier

Dr. Leonie Schwarzmeier, LL.M. und Dr. Alexander Schott sind Salaried Partner am Münchner beziehungsweise Stuttgarter Standort der Kanzlei Heuking. Sie beraten mittelständische Unternehmen, Investoren und Unternehmerpersönlichkeiten bei M&A-Vorhaben und Nachfolgethemen – von der ersten Strategieberatung bis zum Abschluss der Transaktion.

Autorenprofil
Dr. Alexander Schott

Dr. Leonie Schwarzmeier, LL.M. und Dr. Alexander Schott sind Salaried Partner am Münchner beziehungsweise Stuttgarter Standort der Kanzlei Heuking. Sie beraten mittelständische Unternehmen, Investoren und Unternehmerpersönlichkeiten bei M&A-Vorhaben und Nachfolgethemen – von der ersten Strategieberatung bis zum Abschluss der Transaktion.

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