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Due Diligence bei Familienunternehmen

Familienunternehmen mit Nachfolgethemen oder Wachstumsplänen sind ein begehrtes Ziel von Investoren. Eine käuferseitige Financial Due Diligence ist in der Regel Bestandteil des Transaktionsprozesses. Grundsätzlich standardisiert, sollte sie jedoch die Besonderheiten von Familienunternehmen beachten, um erfolgreich zu sein.

Fehlende Prüfungspflicht der Jahresabschlüsse, die Unterausprägung von Controlling und Managementinformationssystemen, Verzicht auf interne Revision und Kontrollsysteme sowie nicht integrierte IT-Landschaften führen dazu, dass die vorgelegten Zahlen einer kritischen Überprüfung unterzogen werden müssen, bevor sie betriebswirtschaftlich analysiert werden können. Die Beschaffung bzw. Ermittlung von verlässlichen und transaktionsrelevanten Daten ist daher ein kritischer Erfolgsfaktor bei einer Financial Due Diligence (FDD) von Familienunternehmen.

Bei kleineren und mittleren Familienunternehmen ist zudem zu beobachten, dass die Bilanzpolitik oftmals dem Ziel der Steueroptimierung untergeordnet wird und daher ggf. entsprechend Bereinigungen bzw. Normalisierungen vorgenommen werden müssen.

Kunden- und Lieferantenbeziehungen

Oft sind Geschäftsbeziehungen eng mit der Person des Unternehmers verbunden, denn die wichtigsten Kunden und Lieferanten sind Chefsache oder wurden direkt aus dem persönlichen Umfeld des Unternehmers akquiriert. Was operativ einen bedeutenden Mehrwert haben kann, führt im Falle des Verkaufs zu Unwägbarkeiten hinsichtlich der Übertragbarkeit des Erfolgsmodells. Sind die Preise und die Zahlungsbedingungen marktgerecht? Kam es in der Vergangenheit zu Nebenabreden, so dass die Preise nicht alle damit verbundenen Leistungen widerspiegeln? Wie werden die Kunden und Lieferanten reagieren, wenn das Unternehmen nicht mehr in der Hand des Alteigentümers ist? Welche Effekte hatten die persönlichen Geschäftsbeziehungen in Summe auf die Ertragslage? Können solche Fragen nicht im Rahmen einer Due Diligence geklärt werden, wird ein Käufer aufgrund solcher Unwägbarkeiten Kaufpreisanpassungen vornehmen. Es ist Aufgabe der Financial Due Diligence, entsprechende Analysen zur Entwicklung der Rohmarge und des Working Capital bereitzustellen. Ziel ist es, die nachhaltige Ertragskraft des Unternehmens nach der Transaktion, d.h. auch nach Ausscheiden des Unternehmers zu verstehen.

Personalstruktur und -kosten

Häufig arbeiten in inhabergeführten Unternehmen auch Familienmitglieder oder andere nahestehende Personen mit. Deren Vergütung sowie die des Inhabers kann durchaus unter oder über dem üblichen Marktniveau liegen und dadurch die echte Ertragslage verzerren. Inhaber fühlen sich mit ihren Mitarbeitern häufig emotional verbunden. Daher ist in einer wirtschaftlichen Schieflage häufig zu beobachten, dass die Personalkosten nicht oder nur mit erheblicher Verzögerung an diese Situation angepasst werden. Aufgabe der FDD ist es, die Personalkosten der Vergangenheit um solche Effekte zu bereinigen und eine nachhaltige Struktur des Personalbestandes und der damit verbundenen Kosten aufzuzeigen und ggf. in der Planungsrechnung adäquat zu berücksichtigen.

Analyse der Vermögenslage

Familienunternehmer halten nicht selten wesentliche betrieblich genutzte Vermögensgegenstände im Privatvermögen. Hierzu zählen insbesondere Immobilien und Patente. Zudem weisen Familienunternehmen gelegentlich hohe Fremdfinanzierungen in Form von Gesellschafterdarlehen auf. Oder der Eigentümer bringt Bürgschaften und weitere private Sicherheiten ein. Alternativ werden auch betriebliche Sicherheiten für andere unternehmerische Aktivitäten bereitgestellt. Im Rahmen der Due Diligence sind die Konditionen und das weitere Vorgehen im Rahmen der Kaufvertragsgestaltung bzw. der Ablösung, Überführung und Neustrukturierung dieser Themen zu bestimmen.

Analyse des Cashflow

Da die Abschlüsse häufig keine Cashflow-Rechnung enthalten, müssen diese Analysen regelmäßig bei der Due Diligence selbst erstellt werden. Darunter fällt insbesondere auch die Analyse des Working Capital, welches durch den Einfluss und das Geschäftsgebaren des Unternehmers beeinflusst sein kann. Besonderheiten des Cashflows von Familienunternehmen leiten sich aus den Themen der beschriebenen Analysen der Vermögens- und Ertragslage ab.

Analyse und Erstellung einer Planungsrechnung

Bei Familienunternehmen fehlt es gelegentlich an einer nachvollziehbaren und integrierten Planungsrechnung. Im Rahmen der Financial Due Diligence kann eine solche in Zusammenarbeit mit dem Management erstellt werden. Dann können auch Pro-forma-Themen abgebildet werden, die mit Abschluss der Transaktion relevant werden wie bspw. das Gehalt eines CEO, der den Unternehmer ersetzen wird. Darüber hinaus wird oftmals ein CFO oder bspw. ein Leiter Vertrieb notwendig, da diese Positionen bis dato ebenfalls durch den Unternehmer abgedeckt wurden.

Der Faktor Mensch

Unternehmer sind stolz auf ihr Unternehmen. „Findings“ aus der Due Diligence, die allzu vorwurfsvoll präsentiert werden, können emotionale Reaktionen hervorrufen und die Beziehung zwischen Verkäufer und Interessent stark belasten oder gar zerstören. Auch eine gewisse Beraterscheu und der damit einhergehende Verzicht auf einschlägiges Know-how können zu Unzulänglichkeiten im Transaktionsprozess führen. Verzögerungen und Friktionen entstehen, wenn Informationen nur zögerlich freigegeben werden. In den Vertragsverhandlungen fehlt es teilweise an Kenntnissen über die finanzwirtschaftlichen und rechtlichen Zusammenhänge als auch an Erfahrung im Umgang mit professionellen Unternehmenskäufern und entsprechendem Verhandlungsgebaren. Dies kann die beteiligten Parteien zusätzliche Zeit und Geld kosten.

Fazit

In Summe weisen Familienunternehmen eine Vielzahl von Besonderheiten auf. Durch die zielgerichtete und angepasste Analyse im Rahmen einer Financial Due Diligence werden diese Themen aufgezeigt und entsprechende Lösungsvorschläge frühzeitig im Transaktionsprozess entwickelt.


Zu den Personen

Peter Längle ist Wirtschaftsprüfer und Steuerberater bei der Beratungskanzlei Rödl & Partner in München und leitet dort den Bereich Transaction Services als verantwortlicher Partner. Christoph Max ist Prokurist im Bereich Transaction Services bei Rödl & Partner in München. www.roedl.de

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