„Die Zeit ist reif“

Warum haben Sie nach dem Ausstieg aus Intershop Ihr neues Unternehmen Demandware damals nicht in Deutschland hochgezogen?

Mit dem Platzen der Dotcom-Blase und dem Schließen des Neuen Marktes waren auch die Finanzierungsmöglichkeiten und die restliche Infrastruktur weg, mit der ich meine Idee hätte umsetzen können.

Fast alle internationalen Venture-Capital-Firmen haben nach dem Niedergang des Neuen Marktes ihre Zelte hier abgebrochen…

Genau. Und das ist schade für Deutschland. Ich musste dann in die USA gehen und kam nach Boston. Dort gibt es genug Venture-Capital-Geber und genug Risikobereitschaft für ein Geschäftsmodell wie meines. Nicht nur bei den Investoren, sondern auch bei den Kunden.

Heute wird noch immer das Fehlen von Venture Capital beklagt. Dennoch fordern Sie eine Wiederbelebung des Neuen Marktes…

Die internationalen Venture-Capital-Geber waren schon einmal hier, zu Zeiten des Neuen Marktes. Warum waren sie damals hier? Weil die Investoren wussten: Eines oder zwei der zehn Unternehmen, in die sie investieren, sind vielleicht so gut, dass sie es an die Börse schaffen. Dann verdiene ich an denen so viel, dass ich keinen Verlust, sondern Gewinn mache. Damit kann ich in weitere Unternehmen investieren. Aber dieser Zyklus ist momentan unterbrochen. Seit zehn Jahren.

Welche Folgen hatte diese Unterbrechung?

Es gibt heute nur 1/25 an Risikokapital im Vergleich zu den USA. Infolge dessen werden viele gute Ideen nicht realisiert, oder die Unternehmer gehen in die USA. Dabei gibt es sehr viele hoffnungsvolle Technologieunternehmen hier, insbesondere in Berlin.

Wie lässt sich die Situation verbessern?

Wenn Deutschland auf dem Technologiemarkt mitmischen will, und nicht nur bei Autos und Maschinenbau, müssen wir die Möglichkeiten dafür schaffen. Neue Geschäftsmodelle brauchen eine Wachstumsphase von fünf bis zehn Jahren. In dieser Zeit muss das Geld für das Wachstum zur Verfügung stehen. Und zwar Eigenkapital, kein Fremdkapital.

Warum kein Fremdkapital?

Das Risiko für Fremdkapital ist viel zu hoch. Fremdkapital gibt es nur für Unternehmen, die Profit machen. Eigenkapital gibt es auch für Unternehmen, die stark wachsen. Und am Ende wäre es ein gutes Geschäft für alle Beteiligten.

Wie meinen Sie das?

Es wäre ein gutes Geschäft für die Börse, die in Deutschland organisch wachsen muss, weil die M&A-Pläne, die sie hatte, nicht realisierbar waren. Es wäre auch ein gutes Geschäft für die Investmentbanken, um Analysten aufzubauen. Und es wäre eine gute Sache für die Unternehmer und die Venture-Capital-Geber, die sich dann hoffentlich wieder in Deutschland ansiedeln. Die Zeit ist reif.

Ist Deutschland so stark auf ausländisches Risikokapital angewiesen? Es gibt doch sehr viele sehr vermögende und investitionswillige Privatpersonen, die gar nicht wissen, wohin mit ihrem Geld…

Geld allein reicht nicht.

Wieso nicht?

Es muss Smart Money sein. Die Investoren, die in Technologiefirmen investieren, müssen Erfahrung darin haben, wie sowas in eine Erfolgsgeschichte mündet. Sie müssen die Unternehmer beraten und coachen können. Und das können natürlich nur Investoren, die selbst erfolgreich gegründet haben.

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