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„Die Zeit ist reif für Innovationen im Finanzsektor“

Seit acht Wochen ist die Rocket-Internet-Gründung Zencap Deutschland mit Crowdlending aktiv: Online-Kredite für den Mittelstand. Wie beim Crowdinvesting kann sich dabei eine unbegrenzte Anzahl an Privatinvestoren betätigen. Über den Start des Unternehmens sprachen wir mit Geschäftsführer Dr. Christian Grobe, 32. Der ehemalige Projektleiter von McKinsey gehört zum Gründerteam des Unternehmens.

Herr Dr. Grobe, Sie wollen Mittelständlern aus der Kreditklemme helfen, in die sie aufgrund von  Basel III hineingeraten sind. Haben Sie eine Banklizenz erhalten?

Dr. Grobe: Eine Banklizenz benötigen wir nicht. Die hat unser Partner, die Wirecard-Bank in München, ein im M-Dax gelisteter Zahlungsspezialist. Wir sehen uns als privater

Kreditmarktplatz, der private Anleger mit soliden Kreditnehmern zusammenbringt. Wir schließen aber nicht aus, vielleicht mittelfristig eine eigene Banklizenz zu beantragen.

Demnach müsste aber zumindest die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) über das Geschäftsmodell geschaut haben?

Wir haben alle geforderten Unterlagen an die BaFin eingereicht. Diese prüft derzeit noch.

Wie sieht das Geschäftsmodell konkret aus?

Mit dem Prinzip des Crowdlending bieten wir auf der einen Seite Anlegern die Möglichkeit, ab einen Betrag von 100 EUR in Unternehmen zu investieren. Wir empfehlen unseren Anlegern immer, ihr Portfolio möglichst stark zu diversifizieren und in mehrere Kreditprojekte zu investieren. Je nach Risikoklasse erhält er dann eine Verzinsung von 3,99% bis 14,57%. Auf der anderen Seite stehen die Kreditnehmer. Hier sprechen wir Unternehmen an, die mindestens 2 Jahre am Markt sind und in den vergangenen zwei Jahren mindestens 100.000 EUR Umsatz erwirtschaftet haben. Werden diese Kriterien erfüllt, so  können Mittelständler Kredite von bis zu 150.000 EUR beantragen. Unser Credo ist, das man extrem einfach und bequem an Kredite kommt, daher auch der japanische Begriff des „Zen“, für „Entspannung“, in unserem Namen.

Welcher Mittelständler ist den bereit, 14,57% Zinsen für einen Kredit zu zahlen? Das ist teurer als der klassische Betriebsmittelkredit…

Es müssen ja keine 14,57 % sein, das richtet sich nach der Bonität des Unternehmens. Im Übrigen fallen 14,57 % Zinsen nur in der allerhöchste Risikoklasse C- an. Wir haben insgesamt fünf Klassen, C- ist die schlechteste. Wer bei uns einen Kredit aufnimmt, plant dies im Regelfall als zweites Standbein zur klassischen Hausbankfinanzierung. Durch unser Geschäftsmodell, bei dem wir erheblich schlankere Strukturen und Prozesse aufgebaut haben, sind wir außerdem günstiger als Banken.Und Sie meinen, deshalb wird ein Mittelständler Banken in Zukunft meiden?

Ich stelle mal eine Gegenfrage. Was hält Banken davon ab, Kredite zu vergeben? Es sind die hohen Fixkosten. Eine Expertenstudie hat das gerade verdeutlicht. Beantragt ein Unternehmen mit einer guten Bonität einen Kredit in Höhe von 50.000 EUR, fallen 9,15% Zinsen an. Beantragt das gleiche Unternehmen einen Kredit in Höhe von 500.000 EUR, fällt der Zinssatz auf 3,45%. Der kleine Mittelständler ist hier also hier also systematisch im Nachteil. Bei Zencap sind wir zudem sehr flexibel und verzichten auf eine Vorfälligkeitsentschädigung, wenn die Kunden ihre Kredite vorzeitig ablösen möchten.

Sie vergeben ja ausschließlich das Geld ihrer Anleger als Kredit. Wie ist der Anleger vor Zahlungsausfällen, etwa durch Insolvenzen der kreditnehmenden Unternehmen, geschützt?

Der Kreditnehmer haftet mit einer selbstschuldnerischen Bürgschaft und damit mit seinem Vermögen wie bei jedem klassischen Annuitätendarlehen. Natürlich ist es möglich, das sich ein anderer Gläubiger zusätzliche Sachsicherheiten hat einräumen lassen, die im Falle einer Insolvenz vorrangig liquidiert werden können. Auf jeden Fall sind die von Zencap vermittelten Kredite keine Nachrangdarlehen. Ansonsten haben wir die normalen Frühwarnsysteme und Mahnmechanismen wie jede andere Bank auch.

Wie ist das Risikomanagement bei Ihnen organisiert?

Unser Risk-Vorstand war zuvor viele Jahre in derselben Position bei der russischen Sber-Bank und der österreichischen Ersten Bank tätig und kennt sich sehr gut in diesem Metier aus. Auch überprüfen wir die Bonität der Kreditnehmer extrem streng, 85 % aller Kreditanfragen enthalten Ausschlusskriterien und werden nicht weiterverarbeitet. Darüber hinaus nutzen wir auch Datenpunkte von Creditreform und der Schufa. Vom Unternehmer erwarten wir eine aktuelle betriebswirtschaftliche Auswertung (BWA) und die Jahresabschlüsse der letzten Jahre.

Was sind die Ausschlusskriterien?

Rückläufige Geschäftsentwicklung, Liquiditätsprobleme, fehlendes Eigenkapital. Die Eigenkapitalquote des Unternehmens sollte bei mindestens 5 –10 % liegen. Darüber hinaus prüfen wir keine Businesspläne – wie gesagt, wir finanzieren den soliden Mittelständler, der bei der Bank aufgrund  der Fixkosten benachteiligt wird.

Wer sind die Anleger, die Sie als Zielgruppe im Visier haben?

Wir wenden uns einerseits an junge Anleger, die gern in ein neues Produkt anlegen wollen. Andererseits aber auch an den erfahrende Privatanleger, der systematisch in den deutschen Mittelstand investieren will.

Sollen sich auch Family Offices an Zencap beteiligen?

Diese haben wir bislang noch nicht angesprochen. Wir haben sie dennoch kurz- und mittelfristig im Fokus.

Sind die Samwer-Brüder beziehungsweise deren Mitinvestoren auch als Anleger mit von der Partie?

Als Anleger nicht. Als Gesellschafter sind sie über Rocket Internet an der GmbH beteiligt.

Wie ist Zencap gestartet?

Seit unserem Start am 30.03. konnten wir deutschlandweit rund 500 Anleger gewinnen und haben bislang Kredite von über 250.000 EUR ausgereicht. Unser Ziel ist es, in diesem Jahr zwischen 100 und 200 Kredite mit einem durchschnittlichen Volumen von 50.000 EUR zu vermitteln. Zunächst streben wir eine Kreditsumme von 10 Mio. EUR an.

Welche Ziele stehen als nächstes an?

Wir werden unser Unternehmen weiter perfektionieren und auch ins Ausland schauen. Spanien wäre ein spannender Markt, dort gibt es Bemühungen, den Kapitalmarkt zu deregulieren und Privatanlegern höhere Anlagen als die derzeit möglichen 6.000 EUR zu ermöglichen. Zunächst geht es aber darum, in den nächsten drei Jahren in die schwarzen Zahlen zu kommen.

Mitte der Neunziger Jahre gab es in Berlin ja schon einmal den Versuch, eine Bank für kleine und mittelständische Unternehmen (BKMU) zu gründen. Die Initiatorin, Bankprofessorin Marlene Kück, ging mit diesem Vorhaben nach kurzer Zeit pleite, das Geld der Anleger war weg. Woher nehmen Sie die Gewissheit, nicht ein ähnliches Schicksal zu erleiden?

Es ist richtig, das die BKMU zunächst mit der Förderung von kleinen- und  mittelständischen Unternehmen begonnen hat. Jedoch begann die Bank dann mit der Finanzierung von Existenzgründern, Hoteliers und Gastwirten. Damit stieg natürlich das Risikopotenzial. In der Hochzeit der Börse entdeckte das Institut zudem den Wertpapierhandel und erwarb verstärkt Wertpapierkredite. Die BKMU hat sich somit auf ein Spielfeld begeben, auf dem wir uns mit Zencap nicht bewegen. Unser Fokus sind ganz klar kleine und mittelständische Unternehmen. Zudem sind wir fest davon überzeugt, dass die Zeit ganz einfach reif für Innovationen im Banken- und Finanzsektor ist. Und das Internet bietet eine geeignete Plattform für diese Revolution.

Herr Dr. Grobe, vielen Dank für das Gespräch.

 

Kurzprofil Zencap Deutschland GmbH

Branche: Internet-Finanzdienstleistungen

Firmensitz: Berlin

Mitarbeiter: 35

Gesellschafter: Rocket Internet, Dr. Christian Grobe, Dr. Matthias Knecht, private Investoren

Internet: https://www.zencap.de

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