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„Die Karawane zieht weiter“

Der Einsturz der Textilfabrik Rana Plaza in Bangladesch war tragischer Höhepunkt: Nach zahlreichen Unfällen in asiatischen Produktionsstätten steigt der Druck auf die Bekleidungsindustrie. Auch die Einkaufsagentur Omnibrand ist vor Ort. CEO Patrick Andrist spricht über die Fabriken, die Arbeitsbedingungen, Sublieferanten und seinen Erfolg.

Unternehmeredition: Herr Andrist, welches sind denn momentan die attraktivsten Produktionsländer für die Textilindustrie in Asien?

Andrist: Das hängt von den Textilien ab. Die Produktion von T-Shirts, Hosen oder Hemden ist stark aus China in Länder wie Bangladesch oder Vietnam abgewandert. Dort ist das Lohnniveau niedriger. Komplexere Artikel wie Jacken werden häufig immer noch in China produziert. Klar ist aber: Die Karawane zieht weiter.

Büro von Omnibrand in Hongkong: Von hier aus steuert die Agentur den Einkauf in Asien.

Inwieweit lässt sich der Kunde von Ihnen beeinflussen, wo er seine Textilien produzieren lässt?

Unser Einfluss ist relativ groß. Die Lieferanten sind langjährige Geschäftspartner, die wir unseren Kunden empfehlen. Wir führen mit ihnen die Kapazitätsplanungen durch, haben Techniker vor Ort und versuchen täglich, die Abläufe und das Know-how zu verbessern. All das gibt uns Möglichkeiten, in Preisverhandlungen stark zu sein und die Interessen unserer Kunden zu vertreten.

Dann haben Sie sicherlich auch einen guten Einblick und wissen, unter welchen Umständen die Textilien produziert werden.

Wir haben Textilingenieure, die die Fabriken abnehmen. Sie schauen etwa, wie die Produktionsbedingungen sind, ob das Management passt und ob es einen gemeinsamen Ansatz gibt, eine Partnerschaft aufzubauen. Einige Hersteller denken sehr kurzfristig. Das ist nicht unser Ansatz. Wir brauchen gute Partner. Das ist ein Muss, um langfristig erfolgreich zu sein.Der Einsturz der Textilfabrik Rana Plaza in Bangladesch war tragischer Höhepunkt: Nach zahlreichen Unfällen in asiatischen Produktionsstätten steigt der Druck auf die Bekleidungsindustrie. Auch die Einkaufsagentur Omnibrand ist vor Ort. CEO Patrick Andrist spricht über die Fabriken, die Arbeitsbedingungen, Sublieferanten und seinen Erfolg.

Viele Fabriken haben jedoch nicht die Kapazitäten, die sie vorgeben.

Ja, das ist immer noch ein großes Problem, über das nicht so gerne gesprochen wird. Fabriken lehnen nur ungerne Aufträge ab und nehmen an, obwohl sie wissen, dass sie die Kapazitäten dafür gar nicht haben. In einer externen Fabrik werden dann Teile genäht oder verpackt. Die Transparenz geht dabei verloren.

In der Textilindustrie zuhause: Peter Andrist begann seine Karriere bei Lloyd-Textil.  2005  gründete er Omnibrand.

Wie reagieren Sie darauf?

Da wir dieses Thema sehr ernst nehmen, wird von uns im Normalfall die Auslagerung von Produktionen nicht akzeptiert. Sollte es doch mal vorkommen, erwarten wir vollständige Transparenz seitens der Lieferanten, um zu wissen, in welche Fabriken sie Teilproduktionen umzulegen planen, und diese vorab überprüfen zu können. Die Gefahr besteht darin, dass man nicht immer über alles informiert wird.

Wieviel Prozent der Ware wird denn von diesen Subfabriken tatsächlich produziert?

Dies unterscheidet sich von Fall zu Fall. Es gibt Fabriken, die nichts auslagern, bei anderen wird die Hälfte der bestellten Ware an Subfabrikationen weitergeben. Glücklicherweise ist die Sensibilität für die Arbeitsbedingungen seit dem Unfall in der Textilfabrik von Rana Plaza in Bangladesch, bei dem mehr als 1.000 Menschen ums Leben gekommen sind, deutlich gestiegen.

Irgendwo hört Ihr Einfluss sicherlich auch auf. Sie können doch nicht jedes Subunternehmen bis ins Mark kontrollieren.

Tatsächlich gibt es keine hundertprozentige Kontrolle. Doch wir bemühen uns und hinterfragen ständig, was wir verbessern können. Was hilft ist, vor Ort und vor allem ein guter Partner zu sein. Halten die Fabriken die vorgegebenen Standards nicht ein, sind sie sich sehr wohl bewusst, uns als wichtigen und fairen Auftraggeber zu verlieren. Unsere Kunden sind keine Supermärkte, der Preis hat für sie nicht die höchste Priorität.Der Einsturz der Textilfabrik Rana Plaza in Bangladesch war tragischer Höhepunkt: Nach zahlreichen Unfällen in asiatischen Produktionsstätten steigt der Druck auf die Bekleidungsindustrie. Auch die Einkaufsagentur Omnibrand ist vor Ort. CEO Patrick Andrist spricht über die Fabriken, die Arbeitsbedingungen, Sublieferanten und seinen Erfolg.

Also lassen Sie nicht für Billiganbieter produzieren?

Nein, das würde nicht zu unserem Geschäftsmodell passen. Dennoch müssen wir auf die Preise schauen. Auch Zara, Tom Tailor und andere erwarten das beste Preisleistungsverhältnis. Der Wettbewerb ist hart. Es geht uns und unseren Kunden allerdings in erster Linie um das Produkt und den Service.

Wie erkennen Sie die schwarzen Schafe?

Hartes Geschäft: Mitarbeiter überprüfen Qualität, Schnitt und Preise der Ware.

Durch Erfahrungswerte. Komme ich in eine Fabrik, erkenne ich schnell, wie diese geführt wird. Man lässt sich die Produktion und die Gehaltsbücher zeigen und erkennt so den Ansatz des Managements. Manchmal sind die Fabriken untragbar. Es gibt noch viel zu tun. Doch die Richtung stimmt.

Ist der schlechte Ruf der Fabriken in Bangladesch gerechtfertigt?

Teilweise. Sicher gibt es Ausbeuterbetriebe. Aber diese gibt es auch in Süditalien oder den USA. Es gibt in Bangladesch allerdings auch die besten Fabriken überhaupt. Sie sind extrem gut organisiert, einige haben hohe Ansprüche an Standards, sogar mit eigenen Schulen und Krankenhäusern.

Bei vielen mittelständischen Textilherstellern in Deutschland schrumpfen die Margen. Großen, günstigen Herstellern wie Zara oder H&M geht es dagegen gut. Dem Billigstanbieter Primark vermutlich am besten. Kommen nur die durch, die die Ware am günstigsten produzieren lassen?

Das Umfeld für mittelständische Marken ist sicherlich nicht einfacher geworden. Zara, H&M oder Primark machen ihnen natürlich das Leben nicht einfacher, aber durch eine klare Markenstrategie und deren Umsetzung haben auch heute mittelständische Marken ihre Chancen.Der Einsturz der Textilfabrik Rana Plaza in Bangladesch war tragischer Höhepunkt: Nach zahlreichen Unfällen in asiatischen Produktionsstätten steigt der Druck auf die Bekleidungsindustrie. Auch die Einkaufsagentur Omnibrand ist vor Ort. CEO Patrick Andrist spricht über die Fabriken, die Arbeitsbedingungen, Sublieferanten und seinen Erfolg.

Bei Primark kostet das T-Shirt 2,50 Euro, die Jeans fünf. Billiger geht es doch fast nicht mehr. Wohin geht der Trend?

Ich finde das auch beängstigend, weil das Konzept gesellschaftlich fragwürdig ist.

Was will denn der Kunde?

Das ist schwierig zu beantworten. Am Stammtisch sagt er, dass sich die Zustände in Textilproduktionen ändern müssen. Beim Einkauf ändert sich der Anspruch dann häufig wieder.

Entwicklungsminister Gerd Müller wollte ein Textilbündnis gegen Ausbeutung und Umweltbelastung verkünden. Bislang mit geringem Erfolg.

Der Ansatz ist generell richtig. Allerdings wird versucht, zu viel in ein Label zu packen. Politiker und Unternehmer müssen gemeinsam dazu beitragen die Situation zu verbessern. Ich denke, der Mindestlohn in Bangladesch sollte kurzfristig nochmals angehoben werden. Ein Label herauszubringen, das dem Kunden garantiert, dass ein Artikel in einer sozial abgesicherten Art und Weise produziert wurde, könnte, richtig aufgesetzt, die Entwicklung positiv beeinflussen und sollte daher unterstützt werden.

Bei Ihnen läuft es ja auch ganz gut. Ihr Umsatz lag 2012 noch bei 15 Mio. Dollar. In diesem Jahr soll er bei rund 90 Mio. Dollar liegen.

Wir können nicht klagen. In letzter Zeit haben wir einige Einkaufsbüros übernommen. Dadurch steigerten wir das Wachstum kräftig. Klettert das Einkaufsvolumen, zieht das wiederum größere Kunden an. Vor gut einem halben Jahr haben wir etwa Zara dazubekommen. Wir haben jetzt eine Einkaufskraft, die wir unseren Kunden vorher nicht bieten konnten.

Seit mehr als 20 Jahren sind Sie in Hongkong tätig. Was sollten Unternehmer beachten, die nach China wollen?

Als Absatzland ist China eine große Herausforderung. Leicht wird man von der schieren Größe und dem Potenzial eingenommen. Allerdings ist der Markteintritt auch mit hohen Hürden und Schwierigkeiten verbunden. Das Wichtigste ist, dass man selektiv die richtigen Partner findet. Das Problem dabei: Die Guten sind meist schon vergeben. Die Schlechten versprechen viel, halten aber wenig.


Zur Person

Patrick Andristgründete 2005 die Einkaufsagentur Omnibrand. Seine Karriere startete der CEO bei der deutschen Bekleidungsfirma Lloyd-Textil, für die er mehrere Jahre in Hongkong arbeitete. Das Unternehmen beschäftigt etwas mehr als 100 Mitarbeiter. 2012 erwirtschaftete es 15 Mio. US-Dollar. Für 2014 rechnet Andrist mit 90 Mio. US-Dollar. Zu den Kunden gehören Zara, Mustang Jeans, Tom Tailor, Esprit, Peek & Cloppenburg, Breuninger und viele mehr. www.omnibrand.com

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