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„Der Mittelstand sollte seinen Mindset auf den Kapitalmarkt transferieren“

Foto ©: andranik123_AdobeStock

Am Kapitalmarkt herrscht derzeit Zurückhaltung und es wird weniger in riskante Anlagen investiert. Das heißt jedoch nicht, dass Aktivitäten hier zum Stillstand kommen. Stattdessen werden Alternativen gesucht. Wir sprachen mit Stephan Bannier, Head of DACH Sales bei Generali Investments, über aktuelle Herausforderungen und Entwicklungen. 

Unternehmeredition: Herr Bannier, eine Krise jagt die nächste. Welchen Herausforderungen sehen Sie sich als Vermögensverwaltung gegenüber?

Stephan Bannier: Alle schauen derzeit darauf, was geopolitisch passiert. Die Inflation und die hohen Energiekosten sind klar zu spüren und jeder, egal ob privater oder professioneller Anleger, fragt sich, wie es nun weitergeht.  Es ist eigentlich wie immer in der Krise, vieles wird schlechtgeredet und es werden pessimistische Szenarien durchgerechnet. Das färbt natürlich auch auf die Kapitalmärkte ab. Alles, was in irgendeiner Weise auf die nächsten Jahre unklar zu definieren ist, wird verkauft. Das ist aber an sich kein neues Phänomen. Das gleiche haben wir 2011 in der Eurolandkrise und kurz davor in der Bankenkrise gesehen. Es sind immer wieder die gleichen Grundmuster.

Ist die derzeitige Situation nicht ein bisschen anders, weil mehrere Krisen zeitgleich auftreten?

Die Mischung aus Unsicherheiten, mit der wir es aktuell zu tun haben, ist sicherlich etwas Neues. Wir haben seit Jahrzehnten sinkende Zinsen, jetzt auf einmal steigen diese massiv an. Das hat zum Beispiel unmittelbare Auswirkungen auf die Baufinanzierung oder auf Kredite. Auch für Unternehmer, die sich refinanzieren müssen, ist das eine ganz neue Situation. Hinzu kommt: wir erleben eine Deglobalisierung. Defacto heißt das, wir müssen uns überlegen, wie wir unsere Unternehmensprozesse neu strukturieren und wo wir unsere Rohwaren herbekommen. All das sind Dinge, die es so in den letzten Jahren nicht gegeben hat. Da hatten wir Rückenwind und jetzt haben wir einen massiven Sturm von vorne.

Vom Kapitalmarkt aus betrachtet, sind die Verhaltensmuster aber sehr ähnlich: Ungewissheit, Unklarheit, nahezu panikartige Zustände, alles wird verkauft. Es gibt keinen sicheren Hafen mehr. Alles verliert gleichzeitig an Wert. Die Rahmenbedingungen, die Auslöser und die Themen sind natürlich immer andere. Geopolitisches Risiko war bislang nie das erstgenannte. Das ist sozusagen neu. Auch die Inflation ist etwas, das wir als Deutsche mit großer Angst betrachten und jahrelang nur als Idee hatten. Krisen sind am Markt immer ähnlich. Wenn man jetzt auf eine vorangegangene schaut, beispielsweise die Lehman-Pleite im Jahr 2008, dann fühlt es sich an wie eine Seite im Geschichtsbuch. In real time durchlebt, herrschte damals Hysterie. Ich bin deshalb zuversichtlich, dass unsere jetzige Krise zwar länger dauern kann, wir aber wieder aus ihr herauskommen werden, auch wenn sich die Rahmenbedingungen für die Marktteilnehmer verändern werden.

Wie reagieren Sie als Vermögensverwaltung auf die Situation?

Unser Job hat sich im Grunde nicht verändert. Veränderungen finden im Zeitraffer statt und das ist es, was es so schwierig macht. Kein Mensch weiß, wie morgen oder in einem Jahr die Märkte aussehen werden. Als Vermögensverwalter kann man nur seine Schlüsse aus den Entwicklungen ziehen. Der Job ist jetzt nicht schwieriger als in einer ruhigen Phase. Was sich verändert, ist die Kommunikation mit den Kunden. Wir müssen vor allem unsere Kommunikationsstrategie anpassen. Bei institutionellen Anlegern werden Anlageentscheidungen etwas zurückgestellt oder neu überdacht. Massive Veränderung bedeutet viel Schmerz im Portfolio, aber jeder größere Rückgang ist auch eine Investitionschance für die Zukunft.

Empfehlen Sie Anlegern ihre Strategie jetzt anzupassen?

Ja, zwangsläufig. Durch Inflation und die Reaktion der Notenbanken darauf haben wir aktuell eine ganz neue Situation. Es gibt wieder einen risikolosen Zins. Wir können im Moment mehr als 2% bei Bundesanleihen auf zehn Jahre verdienen. Wenn wir erstklassige Unternehmensanleihen nehmen, dann sind wir bei 4%, 4,5% oder sogar 5%. Wenn wir uns den Staatsanleihebereich in Europa anschauen, dann liegen wir hier auch bei 4 bis 5%. Bislang war das ein sicherer Verlust, den man da hatte, aber keine risikofreie Anlage. Durch diese Veränderungen ergeben sich natürlich ganz neue Chancen und Möglichkeiten, auch was die Rahmenbedingungen angeht: wir müssen uns bestimmte Sektoren bei den Unternehmen anschauen. Wie reagieren diese auf ein inflationäres Umfeld mit neuen Lieferketten? Welche neuen Nachfragemodelle gibt es? Das sind Dinge, die sich in so einem Szenario ganz neu mit Zeitraffer entwickeln. Darauf muss man reagieren. Ob es dazu führt, dass man ein Risiko rausnimmt, das ist immer eine Frage, die es mit dem Kunden zusammen zu erörtern gilt. Ist die Risikotragfähigkeit noch gegeben, kann ich das aushalten? Das gehört zu dem, was ich zuvor gesagt habe: Es ist wichtig, die Kommunikation mit dem Kunden gut hinzubekommen.

Und noch etwas konkreter?

Ich scheue mich davor zu sagen, das und nur das ist jetzt das, was man machen muss. Ich sehe immer Chancen, aber die Frage ist, wo kommt so eine Chance her. Denn eine Rendite bekommt man nur dann, wenn man auch bereit ist, schlaflose Nächte zu durchleben. Je weniger Schlaf man braucht, desto mehr Spaß kann man auch erwarten in Form von Gewinnen.

Und wenn ich jetzt mal vom Spektrum beginne: Wir befinden uns in einer Situation, in der sich klassische Euroland-Staatsanleihen innerhalb weniger Monate von einem absoluten „No Go“ zu einem Anlageinstrument mit vergleichsweise guten Renditen gewandelt haben. Kurz laufende Staatsanleihen sogar mit sehr wenig Zinsrisiko, weil die Zinsen derzeit weiter steigen. Es handelt sich also um eine Möglichkeit, mit einer zumindest vorhandenen Nominalrendite an der Seite abzuwarten, bis sich die Situation wieder stabilisiert hat. Das ist eine neue Position, die gerne von Investoren einngenommen wird, die sich den Markt anschauen und sich ihm vorsichtig wieder nähern wollen.

Nächster Schritt, gleiche Thematik: eine Unternehmensanleihe mit gleicher Laufzeitenstruktur. Dem liegt die Annahme zugrunde, dass gute Unternehmen durch diese Krise kommen werden und man deshalb bereit ist, Unternehmensanleihen zu berücksichtigen. Die Frage, die man sich hier stellen muss: Hat das Unternehmen die Möglichkeit Zinsen zu zahlen? Voraussetzung dafür ist, dass das Geschäft gut läuft und das Geschäftsmodell langfristig aussichtsreich ist. Wenn ich so denke, sind langfristige Unternehmensanleihen jetzt deutlich interessanter als noch vor einem Jahr.

Sprechen wir hier also aktuell von einer Rehabilitation der Anleihe?

Es sieht so aus, aber die Lücke, die mir real Kaufkraft nimmt, ist bei einer Inflation von über 10% natürlich noch riesig. Dieses Problem ist größer geworden als Anfang des Jahres. 4 bis 5% Rendite reichen immer noch nicht, um die Inflation zu besiegen. Optisch ist es aber eine ganz andere Situation als zu Beginn des Jahres, wo wir schon mit negativen Renditen arbeiten mussten.

Wieviel Risiko müsste man denn eingehen, um die Inflation auszugleichen?

Nähern wir uns dieser Frage mal rein von den Zahlen her: Wir haben eine Inflation von 10%. Wenn ich einen risikofreien Zins von 4% habe, muss ich also 6% über eine Risikoprämie verdienen, damit ich keinen Kaufkraftverlust erleide. Eine Risikoprämie in der Höhe ist, wenn überhaupt, nur mit Aktien, sprich unternehmerischem Risiko, zu verdienen. Wir wissen alle, dass der Anlagehorizont für so eine Anlage sehr lang ist, weil man eine Phase wie dieses Jahr aussitzen können muss. Solange wir die richtigen Unternehmen finden, deren Geschäftsmodell stabil ist, kann man langfristig damit sehr gut verdienen. Wir brauchen Anlageformen, die in einem inflationären Umfeld möglichst resilient sind. Mit anderen Worten starke Marktpositionen, Verträge, die an die Inflation gekoppelt sind oder diese zumindest ansatzweise weitergeben können, damit die Zahlungsströme, die man aus einer solchen Investition bekommt, mit diesem Inflationsumfeld möglichst mitwachsen.

Der Mittelstand ist am Kapitalmarkt traditionell zurückhaltend. Woran liegt das und wie könnte sich das ändern?

Es gibt ja nicht den einen Mittelständler, sondern eine unglaubliche Bandbreite an Investoren auf der Unternehmensseite. Einige agieren wie eine Art Family Office, andere haben unsagbar viel Cash auf der Bilanz, scheuen sich aber davor, am Kapitalmarkt ein gewisses Risiko einzugehen. Bei allen stelle ich fest: Sie verstehen, was es bedeutet unternehmerisch zu denken und zu agieren. Wenn sie diesen Mindset auf den Kapitalmarkt transferieren könnten, dann haben sie eine unglaublich gute Chance dort erfolgreich aktiv zu werden. Am Kapitalmarkt aktiv zu sein bedeutet ja nicht niedrig kaufen und hoch verkaufen. Der Kapitalmarkt ist eigentlich nichts anderes als die Möglichkeit, sich an einer Finanzierung eines Unternehmens zu beteiligen und das ganze sehr einfach und sehr schnell. Das ist der Sinn von einer Börse. Und wenn ich unternehmerisch denke, dann stelle ich auch die richtigen Fragen. Da geht es nicht darum, wo man den Markt morgen oder im nächsten Jahr sieht. Es geht darum, welche Risiken und welche Businesschancen es gibt. Und das können Mittelständler sehr gut. Sie können unternehmerisch denken. Diese Fähigkeit ist Gold wert.

Kapitalmarktfähigkeit ist also da. Wie kriegt man das jetzt noch stärker kommuniziert?

Das Verständnis ist da. Machen wir uns nichts vor. Bei Familienunternehmen ist das Herzblut seit Generationen im Unternehmen. Das muss geschützt werden. Aber wenn ich langfristig an mein Unternehmen denke, mir Fragen stelle wie „wie mache ich das mit meiner Nachfolge, Private Equity-gesellschaft ja/nein, geht das über morgen oder übermorgen hinaus und die Antwort liegt weit außerhalb des Unternehmens. Risikotransfer, Diversifikation, das ist es, was wir anbieten können.

Können Sie uns dafür eine Beispiel geben?

Ein Familienunternehmen musste Altersrückstellungen aus der Bilanz rausnehmen. Der Finanzverantwortliche des Unternehmens fragte, mit welcher Renditeerwartung diese Cashposition am Kapitalmarkt anzulegen sei, konservativ oder risikoreich. Dieser Investor sagte ganz klar: wenn wir schon einen Anlagehorizont von 20 bis 40 Jahren haben und damit haben wir es ja im Pensionsbereich  zu tun – es gibt keine Krise am Aktienmarkt, die länger als das gedauert hat.

Die Märkte finden immer ihren Weg zurück. Heute kaufen sie Aktien 25% günstiger. Bei jeder anderen Variante des Einkaufs würden wir Heureka schreien. Wichtig ist: man sollte nicht in vergleichbare Branchen und nicht im gleichen Land investieren, sondern möglichst weit davon weg und möglichst breit streuen. Es kommt darauf an, diese Bandbreite zu kommunizieren. Der eine möchte Vollgas in die globale Wirtschaft investieren, der andere möchte so wenig Schwankungen wie möglich. Beide Extreme müssen wir abdecken können.

Der Mittelstand geht also eher pragmatisch an die Sache ran.

Ich sehe, dass ein unglaublicher Pragmatismus da ist. Man weiß, wofür man steht und das wird gemacht. Es gibt aber ein paar Notwendigkeiten drum herum. Und man ist dankbar, wenn man einen Partner hat, der einem notwendige Aufgaben abnimmt, sodass man seinen eigentlichen Job machen kann.

Trotz dieses Pragmatismus haben Sie das Gefühl, dass aktuell Zurückhaltung herrscht und die weniger risikoreiche Variante dominiert?

Ob privater oder professioneller Anleger: alle sind am Ende des Tages von Emotionen getrieben. Kapitalmarkt ist eine Mischung, die zwischen Angst und Gier hin und her schwankt. Aktuell befinden wir uns im Angstmodus und es wird weniger in riskante Anlagen investiert. Man wartet ab. Man kann warten und trotzdem einen Zins bekommen, das ist neu. Projekte bei Immobilieninvestments werden etwas hintenangestellt und neu bewertet. Aber es ist nicht so, dass wir keinerlei Aktivität sehen. Es werden Alternativen gesucht. Ob das jetzt Strategien im liquiden Anlagebereich sind, die unabhängig von der Marktbewegung funktionieren, oder bei Infrastrukturinvestments institutioneller Investoren. Es gibt weiterhin aktive Investoren und es ist nicht so, dass jetzt alle nur noch paralysiert an der Seitenlinie stehen.

Ein gewisser Schub kommt ja aktuell durch den Trend zur Nachhaltigkeit. Wird sich das mittelfristig auch in den Kennzahlen niederschlagen?

Da bin ich mir relativ sicher. Eine Regulierung, wie zum Beispiel eine Pflicht zur Nachhaltigkeitsberichterstattung, macht das ganze transparent. Das wird nicht nur für die großen Konzerne, sondern auch für mittelständische Unternehmen relevant. Diese Tendenz ist ja losgelöst von der Börse. Wir werden das auch bei der Bankfinanzierung sehen, dass eine Bank verpflichtet wird, einen gewissen Geschäftsanteil an nachhaltigen Finanzierungen zu haben. Und dann wird eine Bank natürlich auch darauf reagieren. Und das wird man als Unternehmer dann auch bei den Kreditkonditionen sehen. Wenn ich dahingehend gewisse Kriterien erfülle, dann ist das im Zweifel vorteilhaft für mich. So wird das Ganze zu einer Steuerung und das wird den gesamten Wirtschaftskreislauf in Europa bestimmen.

Sehen Sie spezielles Wachstum bei explizit nachhaltigen Finanzprodukten, wie beispielsweise Green Bonds?

Ich bin seit Jahren der Meinung, dass diese Nachhaltigkeitsthematik das neue „Normal“ sein wird. Deswegen werden wir gar nicht mehr darüber sprechen, inwiefern die Entwicklung produktseitig oder assetklassetypisch vorangetrieben wird. Es wird einfach „normal“ sein. Nicht nur rechtlich wird es von Investoren mehr und mehr erwartet und insofern wird jedes Unternehmen darauf reagieren. Und ob ich jetzt den Green Bond Fund von uns nehme, den wir natürlich auch haben und der auch entsprechend in diesem Segment aktiv ist, oder die gesamte Anlagekonzeption, da bin ich so weit, dass ich sage, dass das definitiv in der Breite der Fall sein wird. Wenn ich über Aktienengagements spreche, dann möchte ich, dass wir mit unserer Marktmacht ein Unternehmen, in das wir investiert sind, beeinflussen, sich in die eine oder andere Richtung zu entwickeln. Die Frage ist, was kann man mit jedem Unternehmen machen, um gewisse Dinge und Ziele zu erreichen. Und das wird das neue „Normal“ sein.

Sie beabsichtigen, den deutschen Markt stärker zu durchdringen. Was genau erhoffen Sie sich?

Ich bin sehr zufrieden, wenn ich sehe, dass wir nach nur zwei Jahren auf der Eventseite, der Public Relationsseite, der Vertriebsseite und nicht zuletzt beim verwalteten Vermögen gut aufgestellt sind. Die deutschen Aktivitäten waren in der Vergangenheit schon immer versicherungsnah vorhanden. Wir sind jetzt nicht mehr nur Versicherung, sondern Versicherung und Asset Management. Unser Heimmarkt ist Italien, es folgten Frankreich, Deutschland und Spanien. Sind wir schon da, wo wir hinwollen? Für die Größe, die wir haben, sind wir noch vergleichsweise am Anfang. Was wir nicht machen wollen, ist eine Hundertschaft an Personen anzuheuern, um dann wellenartig über den Markt zu gehen. Es soll sich Stück für Stück entwickeln. Das ist uns wichtig.

Seit unserer Neuaufstellung haben wir uns in den Segmenten, in denen wir uns positioniert haben, schon gut entwickelt. Wir haben beispielsweise im Bereich der alternativen Investments viel Interesse von Anlegern gesehen. Wenn man Alternativen braucht, findet man die bei unserem breiten Angebot sehr häufig und das ist etwas, das auch sehr gut angenommen wird. Perspektivisch wollen wir das Privatkundengeschäft stärker voranzubringen. Das braucht aber natürlich Zeit und Ressourcen.

Seit September haben wir auch ein Büro mit zwei Personen in Zürich, für das ich mit verantwortlich bin. Die nächsten Schritte werden sein: UK, Asien und ggf. USA. Das sind Vorhaben, wo wir unsere Präsenz noch auf- und ausbauen werden. Auch werden wir bei Investment Consultants immer aktiver werden, sodass man die gesamte Distribution unterstützen kann. Was ich aber auch spannend finde, dass wir uns nicht nur vertrieblich, sondern auch produktseitig weiterentwickeln. Anfang nächsten Jahres werden wir mit Innovationen an den Start gehen, die jetzt noch in der Entstehungsphase sind.

In welche Richtung geht das?

Ein ganz großer Bereich wird der der Private Markets sein, also Investitionen in Private Equity und Infrastrukturanlagen. Da sind wir bereits stark, es kommen aber noch weitere Segmente hinzu, damit wir auch für kleinere Investoren Möglichkeiten schaffen, wie zum Beispiel Family Offices oder Unternehmen, wenn sie denn breit gestreut investieren. Ziel ist es, Zugang zu wirklich guten Private Market Managern zu schaffen, indem wir so eine Art Dachfondkonzept bauen. Dabei können wir den großen Namen und die große Kapitalmacht der Generali nutzen, um Investitionen zu realisieren, die wir dann Investoren auch extern zur Verfügung stellen.

Was für neue Produkte planen Sie denn?

Viele Mittelständler haben Bilanzprobleme, Direktzusagen für Pensionsverpflichtungen mit sehr großen Bilanzpositionen dahinter. Die Frage ist, was man bei Nachfolge, Verkauf und Kreditverhandlung unternimmt. Und die Frage, wie werde ich das los, wird sehr breit gestellt. Am Ende des Tages sprechen da Versicherungsmathematiker mit Regulierungsfachleuten. Und wenn man ausgerechnet hat, welche Risiken und Cashflows wann und wie zum Tragen kommen, und vor der Entscheidung steht, wie man das in einen Vertrag packt, dann muss doch als Antwort kommen, dass man das Geld am Kapitalmarkt anlegen muss. Dieser letzte Schritt wird aber vergleichsweise stiefmütterlich behandelt. Uns ging es darum, dafür etwas zu finden, das von der Herangehensweise leicht zu verstehen ist und von jedem Investor mit jeder speziellen Renditerisikoneigung genutzt werden kann.

Deshalb haben wir zwei sehr breit aufgestellte Multi-Asset-Konzepte ins Leben gerufen: eines sehr sportlich mit wenigen Einschränkungen hinsichtlich der Maximalquoten für die verschiedenen Anlageklassen. Neben Aktien und Anleihen kann auch in börsengehandelte Alternativanlagen investiert werden. Daher können z.B. Infrastruktur-, Immobilien-, Hedgefonds- oder sogar Waldinvestments enthalten sein, da kann alles drin sein, was liquide handelbar ist.

Dem anderen Konzept liegt die gleiche Idee zugrunde, nur mit deutlich konservativerer Umsetzung. Und jetzt geht es nicht mehr nur darum, zu fragen, welchen Fonds ein Unternehmer gerne hätte und wie man diesen standardisiert für ihn umsetzt, sondern zu ermitteln, welche Zielrendite er für seine Auslagerung haben möchte, z.B. 3, 4, 5%, und welches Risiko er bereit ist zu tragen, damit das Maximum an Möglichkeiten für ihn herauskommt, aber nicht die Anzahl an schlaflosen Nächten überschritten wird, die er sich vorstellt. Und diese beiden abgestimmten Konzepte kombinieren wir in einer individuellen Mischung, z.B. 70% hiervon und 30% davon.

Wie schätzen Sie die weitere Marktentwicklung ein? Welche Megatrends sehen Sie kommen?

Für mich ist die Frage, wo man mehr Rückenwind für Geschäftsmodelle hat. Die Demografie ist ein Trend, der unglaublich klar abzusehen ist, das ist so schreiend offensichtlich, dass wir hier ein Thema als Gesellschaft haben. Und da müssen wir investieren. Das bedeutet Geschäftsmodelle für bestehende Unternehmen, Rückenwind und zahlreiche neue Innovationen in diesem Bereich. Die Demografie ist ein Riesentrend, der klar messbar ist, weil wir eine Altersstruktur haben, die wir auf Jahrzehnte präzise vorhersagen können.

Natürlich kommen noch andere Dinge auf uns zu. Stichwort Deglobalisierung. Wir sehen aktuell eine Art Rückkehr zur globalen politischen Blockbildung. Wir müssen unsere gesamten Lieferketten und Abhängigkeiten bei den Lieferanten umstellen und für mehr Diversifikation sorgen. Das bedeutet umfangreiche Investitionen vonseiten der Unternehmen, die sich komplett neu aufstellen müssen. All das bedeutet höhere Kosten, was wiederum Einfluss auf Margen und sonstige Dinge hat. Politische Risiken werden deutlich größer. Das zeigt sich jetzt schon recht stark und wirkt sich auf alle Staaten aus. In dem Moment, wo Szenarien real und materiell werden, müssen wir sie berücksichtigen. Aktien und Unternehmen werden aufgrund dieser Blockbildung neu bewertet. Jede Aktie und jede Staatsanleihe werden davon betroffen sein.

Herr Bannier, wir danken Ihnen für diese überaus interessanten Einblicke!


ZUR PERSON

Stephan Bannier, CFA ist Head of DACH Sales bei Generali Investments Partners und in dieser Funktion seit Anfang 2021 für den Ausbau der Vertriebskapazitäten auf dem deutschen, österreichischen und schweizerischen Markt verantwortlich. Generali Investment Partners greift auf ein breites Spektrum unabhängig agierender Investmentgesellschaften zurück. Die Gruppe verfügt dadurch über Anlageexpertise im Bereich der börsengehandelten Anlagen (z.B. Aktien, Anleihen oder Multi-Asset-Strategien) sowie auf dem Feld der sogenannten Private Markets (Infrastrukturanlagen, Private Equity oder Private Debt). Das verwaltete Anlagevermögen belief sich zuletzt auf rund 575 Mrd. EUR.

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