Mittelständische Beteiligungsgesellschaften wie die BayBG leisten einen wichtigen Beitrag zur Stabilisierung und Weiterentwicklung des Mittelstands. Gerade in wirtschaftlich unsicheren Zeiten sind sie oft entscheidend, um Eigenkapitallücken zu schließen, Investitionen zu ermöglichen und die Wettbewerbsfähigkeit von Unternehmen zu sichern. Ein Interview mit Peter Pauli, Geschäftsführer der BayBG Bayerischen Beteiligungsgesellschaft.
Herr Pauli, welche Branchen sehen Sie aktuell mit besonders hohem Finanzierungsbedarf? Und wo investiert die BayBG derzeit verstärkt?
Die Notwendigkeit von Investitionen und damit potentieller Finanzierungsbedarf besteht aktuell in nahezu allen Branchen – daran hat sich grundsätzlich nichts geändert. Was sich aktuell verändert hat, ist das Verhalten der Unternehmen. Es gab im letzten Jahr eine deutlich spürbare Investitionszurückhaltung. Viele mittelständische Unternehmerinnen und Unternehmer haben sich angesichts der Krisen der letzten Jahre sowie der Rahmenbedingungen in Deutschland für eine abwartende Haltung entschieden. Das betrifft nicht nur einzelne Sektoren, sondern fast alle Branchen.
Die Gründe dafür sind gut nachvollziehbar. Die Unternehmen waren mit einer Krisensituation nach der anderen konfrontiert: erst die Pandemie, dann der Krieg in der Ukraine, in der Folge gestörte Lieferketten, stark steigende Energiepreise, Inflation. Hinzu kamen schwierige wirtschaftspolitische Rahmenbedingungen in Deutschland, nach der Wahl in den USA eine große Unsicherheit durch die erratische Wirtschaftspolitik der Trump-Administration sowie anhaltende geopolitische Spannungen. Vor diesem Hintergrund halten viele Firmen nachvollziehbarer Weise ihr Kapital zusammen.
Investitionen in Digitalisierung und KI, die Transformation hin zur Nachhaltigkeit oder in die Weiterentwicklung von Geschäftsmodellen sind andererseits zum Erhalt der Wettbewerbsfähigkeit notwendig Zukunftsprojekte werden aktuell nur vielfach verschoben. Immerhin: Die Konjunkturindikatoren – etwa der ifo-Geschäftsklimaindex – zeigten im Zuge der schnellen Regierungsbildung in Deutschland eine leichte Stimmungsaufhellung, die allerdings im Zuge der Trumpschen Zollkapriolen schon wieder verfliegt. Die Investitionsdynamik wird zurückkommen, sobald die Unternehmer wieder mehr Vertrauen in die wirtschaftlichen und (geo-)politischen Rahmenbedingungen gewinnen können. Der BayBG investiert entsprechend ihrem Investmentfokus vor allem in mittelständische Unternehmen und Startups aus dem Technologiesektor, der Industrie sowie industrienahen Handel und Dienstleistungen.
Viele Mittelständler haben durch Corona, steigende Kosten und geopolitische Risiken an Eigenkapital eingebüßt. Wie kann die BayBG dabei unterstützen, finanzielle Stabilität wiederherzustellen?
Wir haben in den vergangenen Jahren eine Krisenkette erlebt, die in dieser Intensität zumindest in den Nachkriegsjahren wohl beispiellos ist. Die Auswirkungen auf mittelständische Unternehmen waren erheblich. Viele Betriebe haben die Verschuldung erhöht, Verluste gemacht, und ihre Eigenkapitalbasis geschwächt. Eine solide Eigenkapitalausstattung ist andererseits unverzichtbar – nicht nur zur Bewältigung von Krisen, sondern auch als Grundlage für nachhaltiges Wachstum. Unser Angebot: Eigenkapital und eigenkapitalähnliche Mittel, um Unternehmen zu stabilisieren und ihnen Entwicklungsspielräume zurückzugeben bzw. zu eröffnen.
Viele Unternehmen berichten von zurückhaltender Kreditvergabe seitens der Banken. Welche Rolle spielt Eigenkapital in dieser Gemengelage?
Zunächst ist zu konstatieren, dass die Nachfrage nach Fremdkapital aktuell relativ niedrig ist – auch das ist ein Ausdruck der Investitionszurückhaltung. Gleichzeitig achten Banken zunehmend auf Risiken. Die Kreditvergabe ist vorsichtiger geworden, es allerdings kann man nicht von einer Kreditklemme sprechen. Banken arbeiten stark ratingbasiert. Je schlechter das Rating, desto schwieriger wird es für ein Unternehmen, einen Kredit zu bekommen. In diesem Zusammenhang spielt Eigenkapital eine zentrale Rolle: Wer seine Eigenkapitalquote erhöht, verbessert in der Regel auch sein Rating – und hat damit besseren Zugang zu klassischen Finanzierungsinstrumenten. Unsere Beteiligungen helfen, genau diesen Effekt zu erzielen. Das ist ein wichtiger Hebel, gerade in unsicheren Zeiten.
Welche Voraussetzungen muss ein Unternehmen erfüllen, um von der BayBG eine Beteiligung zu erhalten?
Wichtig ist für uns zunächst ein wettbewerbsfähiges Geschäftsmodell. Unternehmen, die unsere Unterstützung suchen, müssen in der Lage sein, sich nachhaltig im Markt zu entwickeln und ihren Wert zu steigern . Dabei ist uns eine nachvollziehbare Wachstums- oder auch Turnaroundstrategie wichtig. Ein weiteres zentrales Kriterium ist das Management. Wir legen großen Wert darauf, dass das Führungsteam über Kompetenz, Erfahrung und die richtige Haltung verfügt. Kapital allein ist kein Erfolgsfaktor – es kommt darauf an, was man daraus macht. Natürlich ananlysieren auch wir Finanzkennzahlen, wie z.B. Verschuldungsgrad, Cashflow und EBITDA-Marge. Aber das Rating allein ist für uns nicht ausschlaggebend. Unsere Entscheidung basiert auf einer ganzheitlichen Betrachtung des Unternehmens und seiner Potentiale.
Der Mittelstand steht vor großen Herausforderungen – von Digitalisierung über Nachhaltigkeit bis hin zum Fachkräftemangel. Welche Rolle spielt die BayBG, um Unternehmen zukunftsfähig zu machen?
Primär ist die BayBG ein Investor, der den Unternehmen Eigen- bzw. Risikokapital zur Bewältigung der genannten Herausforderung zur Verfügung stellt. Darüber hinaus helfen wir mit unserer Erfahrung und unserem Netzwerk bei der Lösung u.a. der angesprochenen Probleme. Letztlich ist es Aufgabe des Managements z.B. durch Digitalisierung und KI-Einsatz Prozesse zu optimieren, Fachkräfte zu gewinnen oder die Transformation zur Klimaneutralität anzugehen. Eine Herausforderung haben Sie in Ihrer Frage nicht angesprochen, nämlich die Bürokratie. Man kann nur hoffen, dass die neue Bundesregierung beim Bürokratieabbau erfolgreich ist und europäische Bürokratiemonster wie das Lieferkettengesetz oder die Nachhaltigkeitsberichtserstattung vereinfacht bzw. zurückdrängt.
Wie ist das vergangene Geschäftsjahr für die BayBG verlaufen?
In einem schwierigen Umfeld haben wir mit rund 45 Millionen Euro ein solides Volumen bei Neuinvestments erreicht – zwar unter dem Vorjahresrekordwert von 75 Millionen Euro – jedoch war diese Entwicklung antizipiert. Besonders erfreulich war der deutlich gesteigerte Jahresüberschuss: Wir konnten unser Ergebnis auf 9,4 Millionen Euro verbessern – nach 5,1 Millionen Euro im Vorjahr. Das ist in Teilen auf Erträge aus dem Verkauf von Beteiligungen an Unternehmen zurückzuführen, die wir seit längerer Zeit gehalten haben. Im Bereich Mittelstand/Wachstum beliefen sich die Investitionen auf 22 Millionen Euro. Innerhalb der anderen Geschäftsfelder entwickelten sich vor allem die Investments im Zusammenhang mit mit Unternehmensnachfolgen gut, das Volumen lag bei 10,2 Millionen Euro. Insgesamt ist die BayBG derzeit an 457 Unternehmen beteiligt, die über 40.000 Arbeitsplätze sichern. Unser Beteiligungsbestand liegt bei mehr als 382 Millionen Euro, das Eigenkapital bei rund 278,7 Millionen Euro.
Und wie blicken Sie auf das Jahr 2025?
Wir gehen mit einem vorsichtig optimistischen Blick in die Zukunft, wenngleich die Investitionszurückhaltung im Mittelstand auch im aktuellen Geschäftsjahr – zumindest bisher – bestehen bleibt. Bayern ist eine wirtschaftlich starke Region mit hoher unternehmerischer Innovationskraft. Wir sehen mittelfristig gute Möglichkeiten, mit unseren Investments mittelständische Unternehmen und Startups weiterzuentwickeln.
👉 Dieses Interview erscheint auch in unserem Spezial “Investoren im Mittelstand” (Erscheinungstermin ist der 16. Mai 2025)
ZUM INTERVIEWPARTNER
Peter Pauli ist Sprecher der Geschäftsführung der BayBG Bayerischen Beteiligungsgesellschaft. Er ist seit 1998 für die BayBG tätig und war seit 2007 Geschäftsführer. Darüber hinaus ist Pauli Vorstandsmitglied im Branchenverband BVK und dort für Mittelstandsthemen zuständig.
Website: BayBG